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Auf der Teststrecke des Urban Mobility Days
© Jörn Hasselmann

Elektro-Tretroller in Berlin: Verleiher stellen bald tausende E-Scooter auf

Ab sofort dürfen E-Scooter auf die Straßen. Verleiher wollen sie abends zum Wiederaufladen einsammeln. So fühlt sich die Mobilität von morgen an.

In sechs bis acht Wochen werden sie da sein, die E-Scooter. Zunächst müssen in China, wo sie preisgünstig produziert werden, die jüngsten Änderungen des deutschen Gesetzgebers nachgerüstet werden, sagte ein Insider. Wie viele der neuen Gefährte nach Berlin kommen, das scheint eines der Geheimnisse der Branche zu sein. Niemand will sich in die Karten schauen lassen. Das ist in Kürze die Bilanz, die interessierte Laien am Sonnabend auf dem „Urban Mobility Day“ ziehen konnten.

Auf Einladung der BVG stellten etwa 40 Anbieter auf dem Euref-Campus in Schöneberg Scooter, Boards, Mopeds, E-Roller und Fahrzeuge aus, von den die meisten Menschen erst noch den Namen lernen müssen. Was sie eint, ist der Akkuantrieb. Jeder könne ausprobieren, „wie sich die Mobilität von morgen anfühlt“, sagte BVG-Chefin Sigrid Nikutta.

Der Zufall wollte es, dass am Sonnabend nicht nur die BVG die moderne Mobilität feierte, sondern auch die „Verordnung mit der generellen Zulassung von Elektro-Tretrollern“ in Deutschland in Kraft trat. Wer will, kann sich also demnächst einen E-Scooter ausleihen oder ab Montag in einem Fahrradladen einen kaufen. Billig ist Letzteres nicht.

Fahrer müssen mindestens 14 Jahre alt sein

1998 Euro kostet zum Beispiel der „Metz Moover“, berichtet Stefan Neubert von Metz. Früher baute Metz Fotoblitze und Fernseher, nun eben Elektrokleinstfahrzeuge. Der „Moover“ darf sich einer Sondergenehmigung des Kraftfahrt-Bundesamtes rühmen. Zu erkennen ist diese Zulassung an einem kleinen Klebe-Nummernschild auf dem Schutzblech. So wie die Versicherungskennzeichen für Mofas seit Jahrzehnten aussehen, bloß aus Plastik und noch kleiner.

Der Metz-Roller wiegt 16 Kilo, fährt etwa 25 Kilometer weit und maximal mit Tempo 20. Das ist die Höchstgeschwindigkeit, auf die sich nach längeren Diskussionen nun der Gesetzgeber geeinigt hat, das Mindestalter ist 14 Jahre, eine Helmpflicht gibt es nicht. Zusammengefaltet passt er in die U-Bahn oder einen Kofferraum. Die Versicherung kostet etwa 30 Euro pro Jahr.

Ganz ohne Tücken ist das neue Gefährt nicht: Schon in der ersten Stunde stürzte eine Frau auf dem Rundkurs mit einem E-Roller. Wie berichtet, hatten sich Fußgängerverbände gegen die Freigabe von Gehwegen ausgesprochen. Die E-Scooter müssen nun auf der Fahrbahn oder dem Radweg gefahren werden.

BVG-Chefin Sigrid Nikutta testete am Sonnabend E-Roller.
BVG-Chefin Sigrid Nikutta testete am Sonnabend E-Roller.
© Jörn Hasselmann

In den vergangenen Jahren ist Berlin mit Tausenden Leih-Fahrrädern überschwemmt worden, in wenigen Wochen werden parallel tausende E-Scooter dazukommen. Die großen Verleiher verzichten auf Stationen, das bedeutet, die Fahrzeuge werden überall herumstehen. Mehrere Anbieter wollen, wie berichtet, in Deutschland Marktführer werden. Dazu gehört das schwedische Unternehmen "Voi". Wie viele Roller Voi nach Berlin bringt, mag Manager Markus Bimüller nicht verraten, nur soviel: „Genug, um die Städte vollständig abzudecken.“ Das Schweigen begründet Bimüller damit, dass „die anderen überrascht werden sollen.“ Die Senatsverkehrsverwaltung erwartet acht Anbieter.

Der Akku soll bis zu 40 Kilometer weit halten

Da Akkus bekanntlich geladen werden müssen, werden alle Scooter abends eingesammelt, über Nacht geladen und gewartet, berichtet Bimüller. Am nächsten Morgen werden sie wieder verteilt. Das habe den Vorteil, dass man flexibel auf Veranstaltungen reagieren könne, sagt der Manager, sprich: Es werden dort mehr Roller verteilt als sonst.

Auch das will gelernt sein. E-Scooter fahren erfordert Balancegefühl.
Auch das will gelernt sein. E-Scooter fahren erfordert Balancegefühl.
© dpa, Christoph Soeder

Der Akku soll etwa 30 bis 40 Kilometer bei den gut 20 Kilo schweren Leih-Scootern halten. Natürlich hat dieses „Free Floating“-Prinzip einen gravierenden Nachteil: Jeden Tag werden viele zusätzliche Lieferwagen durch Berlin fahren und in zweiter Reihe oder auf dem Gehweg parken, um die Roller einzusammeln.

Ein Leih-E-Scooter wird pro Stunde etwa zehn Euro kosten

Voi und der Berliner Konkurrent Tier verlangen eine Grundgebühr von einem Euro pro Ausleihe, dazu kommt ein Minutenpreis. Tier hat den auf 15 Cent festgelegt, Voi-Manager Bimüller mag noch keine Zahl nennen. Die Firmen hoffen bislang nur, dass sich das Geschäft rechnet. Bimüller sagt ausweichend: „Wir haben Märkte, die sind profitabel.“

Und was hat die BVG mit Rollern zu tun? Am Dienstag hatte das Verkehrsunternehmen seine neue App „Jelbi“ gestartet, mit der sich BVG-Tickets ebenso bezahlen lassen wie Tier-Scooter. „Mobilität aus einer Hand“, sagte BVG-Chefin Nikutta – und schwang sich danach auf einen E-Tretroller.

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