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Auf der Durchfahrt: Die aktuelle Verlegung von Material und Fahrzeugen der US-Armee durch Deutschland Richtung Osten hat konträre Reaktionen ausgelöst.
© Enrico Bellin

Truppenbewegung in Brandenburg: Verlegung von US-Truppen provoziert politische Debatte

Derzeit verlegen die US-Armee über Brandenburg Truppen, Last- und Geländewagen nach Polen. In der Landespolitik sorgt die US-operation für heftige Debatten. Litauens Botschafter reagiert irritiert.

Freundlich winken die Fahrer der sandfarbenen Hummer-Geländewagen und Lastwagen. Der Beifahrer eines der 40 Fahrzeuge macht das Peace-Zeichen: Bei den US-Soldaten, die auf dem Weg von Bremerhaven nach Polen in der Nacht zum Mittwoch auf dem Truppenübungsplatz Lehnin-Brück Rast gemacht haben, scheint die Stimmung am Mittwochmorgen trotz Temperaturen von knapp zehn Grad unter Null gelöst.

Vor Wochen sind sie im US-Bundesstaat Colorado gestartet. Seit 5. Januar sind die 80 Soldaten, die Teil einer 4000 Mann starken Truppe sind, in Deutschland. „Tagelang haben sie in Bremerhaven die Schiffe entladen, seit gestern Nachmittag konnten sich die Jungs hier etwas entspannen“, sagt Montigo White am Mittwoch bei der Abfahrt des Konvois. Er ist Sergeant Major der US Army und betreut seine Kameraden, die im Rahmen der US-Operation „Atlantic Resolve“ zur Stärkung der Nato-Ostflanke nach Mittel- und Osteuropa anreisen. Bis Ende des Monats werde die gesamte Truppe an den Einsatzorten angekommen sein. Die meisten davon liegen in Polen.

In der Landespolitik sorgt die US-Operation für heftige Debatten

Die Operation, angeregt auf Bitten der polnischen Regierung und der Balten, ist eine Reaktion auf die Annexion der Krim durch Russland, Moskaus Aufrüsten an der Westgrenze und den Interventionen im Osten der Ukraine.

Die US Army verlegt nur Last- und Geländewagen über die Straßen, schweres Gerät, darunter 87 Panzer, werden in langen Zügen per Bahn gen Osten transportiert. „Mit den Fahrzeugen, die Räder haben, wollten wir aber den Transport auf der Straße üben“, sagt Montigo White. Am Mittwochabend sollte der Konvoi in der Oberlausitz im sächsischen Weißkeißel ankommen.

In der Landespolitik sorgt die US-Operation für heftige Debatten – losgetreten von Ministerpräsident Dietmar Woidke, der auch Polen-Beauftragter der Bundesregierung ist. Zunächst hatte Woidke vor einem Aufrüsten auf beiden Seiten gewarnt und einen stärkeren Dialog mit Russland angemahnt. Dann versuchte er, die Aufregung wieder einzufangen, sprach davon, dass er „Befindlichkeiten in Polen“ kenne. Warnte aber vor einer Eskalation. Zustimmung bekam Woidke von ganz rechts: „Es ist keine Friedenspolitik, es ist Kriegsdrohungspolitik“, sagte AfD-Landeschef und Bundesparteivize Alexander Gauland. „Wir brauchen kein Säbelrasseln in Osteuropa und wir brauchen keine zusätzlichen amerikanischen Truppen an der russischen Grenze.“ Und die Linke, in Brandenburg Regierungspartei in einer rot-roten Koalition mit Woidkes SPD, protestierte am Montagabend am Übungsplatz Lehnin gegen die US-Truppenverlegung. „Kriegstreiber“ und „Ami go home“stand auf den Plakaten. Für Samstag hat die Linke in Cottbus zu weiteren Protesten aufgerufen.

In Polen und den baltischen Staaten löste die Debatte Irritationen aus

Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sieht nun in Brandenburg eine neue „Querfront zwischen Links und Rechts“ in der Ablehnung der Nato und einer „Blauäugigkeit in Bezug auf Putins Russland“. Er meinte damit Linke und AfD. Die US-Operation sei eine Reaktion auf Russland, das seine Truppen an der Westgrenze aufmarschieren ließe.

CDU-Fraktions- und Landeschef Ingo Senftleben fügte der von Vogel ausgemachten Querfront noch „Teile der SPD“ hinzu, die mit der Linken und der AfD Stimmung gegen die USA mache. Der Regierungschef habe den Boden bereitet, sein Vize Christian Görke treibe mit der Linken die Stimmungsmache aktiv voran. der Bundesregierung solle sensibler umgehenWoidke blieb am Mittwoch bei seiner Haltung, hatte für den Koalitionspartner aber einen Seitenhieb übrig. Er wollte die Proteste von „Rechts- und Linkspopulisten“ nicht kommentieren.

In Polen und den baltischen Staaten löste die Debatte Irritationen aus. Litauens Botschafter in Berlin, Deividas Matulionis, sagte auf Nachfrage, er könne die Kritik nicht verstehen. Dialog mit Russland sei wichtig, funktioniere aber nur zusammen mit Abschreckung. Die US-Truppen seien „sehr wichtig“ für die osteuropäischen Nato-Mitglieder angesichts ihrer Ängste wegen der Äußerungen aus Russland über Einflusssphären. Nach der Besetzung der Krim und den Auseinandersetzungen in der Ost-Ukraine mache die Unberechenbarkeit der russischen Regierung seinen Landsleuten große Sorgen.

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