Auma Obama über afrikanische Mode: "Vergesst die Klischees"
Auma Obama, Halbschwester des US-Präsidenten, will den Blick auf afrikanische Mode verändern. Auf der Fashion Week trat sie als Schirmherrin des „African Fashion Day“ auf - und kritisiert, wenn europäische Designer in der afrikanischen Kultur räubern.
Frau Obama, Sie haben 16 Jahre lang in Deutschland gelebt. Welchen Blick haben wir Deutschen auf Afrika?
Als ich 1980 aus Kenia zum Studieren herkam, war er ziemlich eingeschränkt. Die Leute sagten zu mir: Du hast eine andere Hautfarbe und sprichst eine andere Sprache – warum trägst du dann nicht auch andere Kleidung? Etwas Buntes, Gemustertes? Ich dachte wirklich, es sei meine Aufgabe, den Deutschen afrikanische Kleidung zu präsentieren.
Wie ist es heute?
Heute bin ich klüger und trage, was ich möchte. Ich glaube, dass das Bewusstsein für andere Kulturen in Deutschland gestiegen ist, Berlin ist das beste Beispiel dafür. Aber ich stelle eben oft noch fest, dass man von Afrika spricht, als sei es ein Land. Man denkt an Armut und Korruption, Sonne und wilde Tiere. Dabei ist Afrika ein riesiger Kontinent mit vielen verschiedenen Ländern, Kulturen, Sprachen. Ich möchte dieses Bild korrigieren und zeigen, dass es Leute wie unsere Designer gibt, Arrey Kono aus Kamerun, Nadir Tati aus Angola und Romero Bryan aus Jamaika, gebildete Leute. Denn auch das ist Afrika.
Was erhoffen Sie sich für die drei vom „African Fashion Day“?
Dass man viel und differenzierter von afrikanischer Mode spricht. Es muss nicht immer bunt sein, Arrey Kono zum Beispiel entwirft fast nur schwarze Kollektionen. Und dass man die Designer ernst nimmt. Das wünsche ich mir. Es sind Kreative, die auf dem gleichen Level arbeiten wie europäische oder amerikanische Designer.
Wieso hat man bisher so wenig von afrikanischen Designern gehört?
Um die Wahrheit zu sagen – vieles, was in der Mode als europäisch wahrgenommen wird, hat eigentlich einen afrikanischen Ursprung. Vivienne Westwood zum Beispiel reist regelmäßig nach Kenia, um neue Ideen zu sammeln. Das zeigt, dass es bei uns einen kreativen Reichtum gibt. Aber dann sollte man auch sagen, woher diese Ideen kommen.
Auf der Pressekonferenz sprachen Sie in diesem Zusammenhang von einer Diskussion, die afrikanische Designer unter sich führen müssen. Wie meinten Sie das?
Wir müssen auch uns selbst beweisen, dass wir gut sind. Europa und Amerika haben ihre Identität gefunden. Afrika arbeitet noch daran, denn wir wurden kolonialisiert und unsere Länder von Europa beeinflusst. Wir müssen lernen, unseren kreativen Reichtum zu nutzen und zu schätzen, mutig aufzutreten und zu sagen: Hier sind wir!
Welchen Stellenwert hat Mode in Afrika?
Gerade Frauen legen sehr viel Wert auf ihr Aussehen und tragen zu besonderen Anlässen auch besondere Kleider. Gern von afrikanischen Designern, weil die sich mit den Körperformen einer afrikanischen Frau auskennen. Glauben Sie mir, ich habe in England noch nie eine Jeans gefunden, die mir passt. In Afrika gehe ich zu meinem Schneider und er weiß sofort, was zu tun ist. Überhaupt: Die vielen Schneider, die ein Kleid anhand eines Bildes nähen können – das ist ein großes Geschäft in Afrika.
Aber?
Potenzial und Nachfrage sind da, nur eine Infrastruktur gibt es noch nicht. Wenn wir die hätten, wäre das eine Riesenindustrie, durch die man viel Geld verdienen könnte. Deswegen müssen wir jetzt die Augen öffnen und den eigenen Markt unterstützen.