Landowsky über geheime Pläne für Sperenberg: „Uns war das zu weit weg“
Der frühere Berliner CDU-Fraktionschef Landowsky über geheime Pläne für einen Flughafen Sperenberg, Politiker in Aufsichtsräten von Bauprojekten – und das Leben in der Einflugschneise.
Herr Landowsky, wir wollen mit Ihnen über den Flughafen sprechen.
Warten Sie mal, ich bin gerade mit dem Auto unterwegs, ich fahr erst mal rechts ran. So, Sie rufen sicher wegen Sperenberg an.
Ja. Wussten Sie, dass sich die Länderchefs Eberhard Diepgen und Manfred Stolpe 1995 intern schon auf Sperenberg als Standort für den Großflughafen geeinigt hatten?
Nö. Das habe ich aber mit Interesse gelesen. Wissen Sie, mir waren die Regierungsgespräche zum Flughafen damals relativ egal, über diese interne Absprache war ich auch nicht informiert. Wichtig war mir, was am Ende rauskommt – und der Standort des neuen Berliner Flughafens hätte nicht ohne die Berliner CDU beschlossen werden können. In unserer Fraktion gab es stets eine Präferenz für Schönefeld.
In Sperenberg hätte es aber weniger Lärmgeschädigte gegeben als im stadtnahen Schönefeld.
Uns war das einfach zu weit weg von Berlin. Dann hätte man ja gleich überlegen können, den Flughafen in Leipzig auszubauen. Hinzu kommt, dass ein Flughafen Sperenberg nicht gerade zur Identifikation mit der Hauptstadt Berlin beigetragen hätte. Mit der gescheiterten Länderfusion war das Thema sowieso vom Tisch: Da haben wir dann klar auf Berliner Interessen gesetzt.
Sie waren ja nicht gerade das Zugpferd für eine Fusion.
Ich habe zuletzt für die Fusion plädiert. Ich war aber eher skeptisch, das stimmt. Eberhard Diepgen hat immer nach gemeinsamen Lösungen mit Brandenburg gesucht, offenbar auch im Fall Sperenberg. In Sachen Fusion habe ich immer andere Prioritäten gesetzt. Meine Devise war: Es kann doch nicht sein, dass der Schwanz mit dem Hund wackelt. Deshalb habe ich mir auch beim Flughafen immer die Frage gestellt: Welcher Standort nützt der Hauptstadt Berlin und seiner Umlandregion?
Das heißt, Sie hätten Schönefeld im Zweifel gegen Diepgens Willen durchgesetzt?
Das heißt es nicht. Ich hätte mir schon vorstellen können, dass wir ein Agreement zwischen Stolpe und Diepgen durchsetzen. Aber dafür hätte es auch eine gemeinsame Berliner und Brandenburger Identität geben müssen. Und mit der gescheiterten Länderfusion hatte sich das von selbst erledigt.
War die Entscheidung für Schönefeld nicht trotzdem ein Fehler?
Das sehe ich nicht so. Wenn wir einen Fehler gemacht haben, dann war es der Beschluss, Tegel und Tempelhof zu schließen. Jede Weltstadt hat mindestens zwei Flughäfen. Ich kann mir noch immer vorstellen, dass von Tegel unter anderem die Flugbereitschaft, ein paar kleinere Linien und Privatflieger abheben.
Politische Fehler sehen Sie nicht?
Natürlich war es falsch, dass die Politik in den BER-Aufsichtsrat gedrängt ist. Das Bauen sollte man lieber Bauunternehmen und Fachleuten überlassen. Man hätte einem Konsortium den Auftrag erteilen und eine Frist für die Fertigstellung sowie einen verbindlichen Kostenrahmen setzen sollen. Stattdessen wollten die Politiker alles selber regeln und sich später dafür feiern lassen. Das ist, mit Verlaub, kleinkariertes Denken. Dass Matthias Platzeck jetzt Aufsichtsratschef ist, finde ich jedenfalls daneben.
Finden Sie die Amtszeit von Klaus Wowereit auch daneben?
Ich finde manche Kritik an Wowereit überzogen; in der Stadt ist sowieso eine nölende Grundstimmung vorhanden. Aber etwas mehr Selbstkritik von ihm fände ich angebracht. Ich denke, er hätte mindestens ein Jahr früher als Aufsichtsratschef zurücktreten und nicht das Amt an Platzeck übergeben sollen. Ich hoffe nur, dass die Politik jetzt Hartmut Mehdorn wenigstens freie Hand lässt. Ob der Flughafen 2014 oder 2015 eröffnet wird, ist mir egal. Hauptsache, es passiert mal.
Die Anwohner scheinen nicht darauf zu warten und protestieren weiter.
Hören Sie mal, ich bin in Neukölln aufgewachsen. Da landeten die Flugzeuge fast auf dem Balkon, so nah flogen sie über die Häuser. Ich habe deshalb keine Entwicklungsstörungen. Ich habe das Gefühl, gerade die alte West-Berliner Bevölkerung hat ein stärkeres Gespür für Notwendigkeiten einer Großstadt. Im früheren Ostteil entwickeln sich heute immer mehr Bürgerproteste. Viele Zuzügler sind daran beteiligt und demonstrieren gegen Bauprojekte. Aber wir sind doch hier nicht in Schwenningen. Wer in einer Großstadt lebt, muss auch Einschränkungen in Kauf nehmen. Er genießt ja auch die vielen Vorteile.
Sie leben also noch gerne in Berlin?
Mir geht’s passabel, auch wenn ich nicht mehr in der Politik aktiv bin. Ich habe meine Anwaltskanzlei und immer noch gute Kontakte – unter anderem zu wichtigen Freunden in der CDU. Das reicht mir. Und in einer Einflugschneise wohne ich heute nicht mehr. Dafür unmittelbar an der Avus.
Das Gespräch führte Robert Ide.
Klaus-Rüdiger Landowsky, 70, war ab 1991 einflussreicher Chef der Berliner CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Im Zuge des Bankenskandals musste er 2001 zurücktreten.
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