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Die neue S-Bahngeneration für Berlin und Brandenburg.
© dpa

Berliner S-Bahn: "Unangenehmes Rumgepiepse"

Auf Facebook kann man sich jetzt anhören, wie die neuen S-Bahnen beim Türe schließen klingen: ungemütlich. Unser Autor fürchtet um den Frieden im Nahverkehr.

Das Zweiweckersysten hat sich bei uns zu Hause bewährt. Der erste Wecker lockt mit schwebenden Harfenklängen aus den Träumen, der zweite erledigt dann fünf Minuten später mit klassischem Brachial-Läuten den Rest. Die S-Bahn hat sich für ihre neuen Züge ebenfalls für eine Doppellösung entschieden, allerdings fällt der sanfte Teil weg. Die Tonfolge ist nicht mehr das behäbig-leiernde Lalüla (moderato non troppo), sondern eine Folge aus durchdringenden Alarmtönen (presto molto) beim Öffnen der Tür, gepaart mit einem schnellen gehetzten Dauerpiepen beim Schließen (prestissimo). Der Fahrgastverband Igeb hat die neuen Töne zum Testhören auf Facebook gestellt (www.facebook.com/fahrgastverband.igeb). Die Kommentare sind einhellig: „Unangenehmes Rumgepiepse“, „grauenhaft“, „autsch“, „geht gaaar nicht“.

In Frankfurt sind schon Fahrgäste wegen des Tons ausgerastet

Geht doch, sagt die S-Bahn. Muss gehen, wegen einer EU-Richtlinie. Redaktionskollege Stefan Jacobs fühlt sich an einen Müllwagen beim Rückwärtsfahren erinnert. Wenn er künftig S-Bahn fährt, wird er alle paar Minuten akustisch überrollt. Auch nicht schön. Die Bahn kann sich schon mal überlegen, wie sie auf die Protestwelle gegen das Dauerpiepen reagieren will. Alles auf die EU schieben? Dann verschenken wir die S-Bahn an die Br(ex)iten.

In Frankfurt am Main müssen sie das Gepiepe schon seit ein paar Jahren ertragen. Der Verband Pro Bahn befürchtete 2013 Hörschäden bei Kleinkindern. Von einem „markerschütternden Kreischton“ berichtete ein Leser der „Frankfurter Neuen Presse“. Es stauten sich unterwegs Aggressionen an, eine neue Form von Türschlusspanik: „Während ich noch versucht habe, ruhig zu bleiben, sind neben mir zwei andere Fahrgäste tatsächlich ausgerastet und haben wütend einen der Sicherheitsleute beschimpft wegen dieses Tons. Dieser konnte den Angriff nur dadurch abwehren, dass er erzählte, dass er bereits seit fünf Stunden in diesem S-Bahn-Wagen Schicht hatte und durch den Türton mit den Nerven völlig am Ende war.“

Schön. Noch mehr Krach. Und die Super-Totschlag-Ausrede gibt es auch schon: EU-Vorschrift. Blödsinn. Warngeräusche einer Müllpresse gehören nicht in den ÖPNV, und das schreibt die EU auch ganz sicher nicht so vor.

schreibt NutzerIn prokrastes

Mit MP3-Playern gegen den Piepston

Vielleicht habe ich doch was übersehen. Verschwörungstheoretisch könnte es sich um eine perfide Psycho-Attacke aus der russischen Geheimdienstzentrale handeln. Ein weiterer Versuch, das friedliche Zusammenleben in Berlin zu untergraben. Oder die Gehörschutzlobby hat sich in die Beamtenburgen der EU gehackt. um neue Kunden zu gewinnen. Die Bahn könnte der Gefahr durch die Ausgabe von MP3-Playern begegnen oder eine Mitnahmepflicht für Smartphones samt Ohrstecker aussprechen. Bis 2021 ist ja noch etwas Zeit. Dann sollen die neuen Züge in den Betrieb gehen.

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