Keine Vertragsverlängerung für Blaszkiewitz: Umstrittener Berliner Zoochef muss gehen
Schon seit langem ist Bernhard Blaszkiewitz, Direktor von Zoo und Tierpark, heftig umstritten. Jetzt hat der Aufsichtsrat entschieden, seinen Vertrag nicht zu verlängern. Ein Neuanfang für den Zoo?
Berlin bekommt spätestens ab Juni 2014 einen neuen Direktor für Zoo und Tierpark. Der bis dahin auslaufende Vertrag des umstrittenen bisherigen Direktors beider Einrichtungen und Vorstandes der „Zoologischen Garten Berlin AG“ , Bernhard Blaszkiewitz, soll nicht verlängert werden. Das hat der Aufsichtsrat der Zoo AG auf einer Sondersitzung am Mittwochabend beschlossen. Ob Blaszkiewitz noch ein weiteres Jahr bis zum Vertragsende Zoo und Tierpark vorsteht oder bereits vorzeitig geht, ist noch unklar. Man werde demnächst weitere Gespräche und Verhandlungen mit ihm führen, verlautete aus dem Aufsichtsrat. Falls es darauf hinausläuft, dass der Zoo- und Tierparkchef vorzeitig gehen soll, so wird vermutlich die Höhe der ausgehandelten Abfindung eine wichtige Rolle spielen. „Blaszkiewitz sei bislang „nicht freigestellt“, sagte eine Zoo-Sprecherin.
Drei Stunden hatte der Aufsichtsrat bis zum Abend im Zoo-Verwaltungsgebäude am Hardenbergplatz getagt, bevor er sich zu der mit Spannung erwarteten Entscheidung durchrang. Den Vorsitz hatte der Vorstand der Berliner Wasserbetriebe, Frank Bruckmann. Das Gremium stand unter hohem Druck, nachdem bereits vor zwei Wochen die bisherige kaufmännische Geschäftsführerin von Zoo und Tierpark, Gabriele Thöne, ihren Rücktritt zum 30. September erklärt hatte. Diesen Schritt verband sie mit unverhohlener Kritik an Bernhard Blaszkiewitz. Es sei ihr nicht mehr möglich, in der Doppelspitze der Zoo AG „konstruktiv“ mitzuarbeiten, teilte sie in einem Schreiben an alle Mitarbeiter mit. Bei der Weiterentwicklung von Zoo und vor allem Tierpark sei es zu einem „Stillstand gekommen, der zu Recht auch öffentliche Kritik nach sich gezogen hat“, sagte sie im Tagesspiegel. Politiker appellierten danach an den Aufsichtsrat, den Weg für einen „Neuanfang“ zu ebnen.
Keine Vertragsverlängerung für Blaszkiewitz - ein Neuanfang im Zoo?
Mit dem Beschluss, den Vertrag des bisherigen Direktors nicht zu verlängern, habe man nun ein „eindeutiges Signal für einen Neuanfang in Zoo und Tierpark“ gesetzt – „mit neuen Idee und einer neuen Spitze“, verlautete aus dem Aufsichtsrat. Namen möglicher Nachfolger fielen bei der Sitzung am Mittwoch noch nicht. Aufsichtsratschef Bruckmann dankte Blaszkiewitz in einer Erklärung „für die jahrzehntelang geleistete, engagierte Arbeit.“ Der 59-jährige Biologe leitet seit 1991 den Tierpark Berlin und ist seit 2007 in Personalunion zusätzlich Direktor des Zoologischen Gartens.
Bernhard Blaszkiewitz steht seit vielen Jahren in der Kritik. Der Berliner Zoo ist der artenreichste der Welt, und der Tierpark ist der größte Europas. Dennoch ist er der erste Zoodirektor von Berlin, dem es nicht gelingt, Sympathien für sich zu wecken. Seine Kritiker werfen ihm vor ein Zoochef „der alten Schule“ zu sein, es gehe ihm zwar um die wissenschaftlich korrekte und artgerechte Präsentation und Betreuung von Tieren, nicht aber um die heutzutage notwendige Einbindung der Tierparks in ein ökologisch orientiertes pädagogisches Gesamtkonzept. Und auch die Freizeitqualitäten, die von Zoos heute erwartet werden, lehne er ab. Berlins Tiergärten bräuchten deshalb zur „Modernisierung“ dringend einen neuen Direktor mit Manager- und Werbetalenten. Blaszkiewitz wiederum konterte vielfach, er wolle kein Disneyland im Zoo.
Der Zoochef soll sich gegen zeitgemäße Neuerungen gestellt haben
Am heftigsten prallten diese Ansichten beim Umgang mit dem Eisbären Knut aufeinander. Er lehnte den Rummel um das Tier vehement ab, obwohl Knut dem Zoo Millioneneinnahmen bescherte.
Blaszkiewitz wird vorgehalten, er lehne viele zeitgemäße Neuerungen ab. Der Tierpark in Friedrichsfelde ist mit 160 Hektar Europas größter Landschaftstierpark. Ihm fehlen moderne Fortbewegungsmittel auf dem Gelände. „Statt mit alten Bollerwagen könnte man mit elektrobetriebenen kleinen Wagen durch den Tierpark fahren“, sagte vor kurzem ein Mitglied der Zoo-Stiftung. Fütterungen würden zu wenig kommentiert, ein modernes, individuelles Ticket-System fehle ebenfalls. Die Beschilderungen an den Gehegen im 1955 eröffneten Tierpark stammen zum Großteil noch aus DDR-Zeiten.
Im Zoo fehlen bis auf mehrsprachige Erklärungen im Aquarium ebenfalls englischsprachige Beschilderungen. Das macht sich auch bei den Besucherzahlen bemerkbar: Nur eine Million Besucher zählte im Vorjahr der Tierpark, eine 100-prozentige Tochter der privaten Zoo AG. Immerhin drei Millionen Gäste besuchten den Zoo. Er erwirtschaftet im Gegensatz zu seinem Pendant einen Überschuss von 4,3 Millionen Euro, während das Land den Tierpark im laufenden Jahr mit 6,2 Millionen Euro bezuschusst.
Auch der Führungsstil des Chefs von Zoo und Tierpark steht in der Kritik
Doch vom 80 Millionen Euro umfassenden „Masterplan Tierpark 2020“ ist außer einem Projekt namens „Servicezentrum Bärenschaufenster“ im Eingangsbereich nichts mehr übrig. Politiker aus Koalition und Opposition fordern eine Kosten-Nutzen-Analyse des Zoovorstands, bevor sie in den Haushaltsberatungen nach der Sommerpause Betriebskostenzuschüssen von je 6,2 Millionen Euro in 2014 und 2015 zustimmen, die der Senat bereits beschlossen hat.
Aber auch der Führungsstil von Blaszkiewitz wird seit Jahren kritisiert. Kritiker sprechen davon, er werde cholerisch. Erst Anfang dieses Jahres war bekannt geworden, dass Blaszkiewitz Namen von Mitarbeiterinnen in internen Papieren mit dem Kürzel „0,1“ versehen hatte, was in der Tierzucht für „Weibchen“ steht. Außerdem soll der streng gläubige Katholik gesagt haben, dass „unchristlichen“ Mitarbeitern kein Weihnachtsgeld zustehe. Blaszkiewitz hatte sich kurz darauf bei seinen Mitarbeitern entschuldigt und versprochen, nie wieder eine „tiergärtnerische Bezeichnung“ für Menschen zu verwenden.
Danny Freymark von der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus begrüßte Mittwochabend den Beschluss des Aufsichtsrates. „Blaszkiewitz ist nicht der richtige Mann, um Zoo und Tierpark zeitgemäß zu zu führen und zu vermarkten“, sagte er. Die Grünen forderten, der Direktor müsse sofort seinen Stuhl räumen. „Wenn er noch ein Jahr weitermacht, bedeutet das einen weiteren langen Stillstand.“
Sabine Beikler, Christoph Stollowsky