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Die Bushaltestelle direkt vor der Paris Bar ist regelmäßig zugeparkt.
© Tsp

Dauerärger in Berlin: Überall Falschparker - und keiner reagiert

Mal wieder im Berufsverkehr geärgert? Kein Wunder, überall in Berlin wird in zweiter Reihe, auf Radwegen und an Haltestellen geparkt. Strafen gibt es kaum - wir haben es getestet.

Die Suche nach einem Parkplatz kann nervtötend sein. Manch einer hat seine ganz eigene Lösung dafür gefunden. Rolf Eden zum Beispiel, der seinen Rolls Royce regelmäßig im absoluten Halteverbot an der Bushaltestelle Uhlandstraße/Kantstraße abstellt. Und dort, direkt vor der Paris Bar, für Stunden unbehelligt stehen bleibt. Promibonus könnte man glauben, aber weit gefehlt. In ganz Berlin wird munter in zweiter, manchmal auch dritter Reihe, auf Fahrradwegen und Busspuren geparkt.

Eine Tagesspiegel-Kollegin hat den Selbsttest gemacht und sich einfach mal einen Abend mit ihrem Auto hinter Edens Limousine gestellt. Davor ging es nicht, denn da standen schon andere Autos im Halteverbot. Bei einer Parkzeit von mehr als zwei Stunden ist nichts passiert. Etwa 16 Busse mussten in dieser Zeit in der zweiten Reihe oder vor der Haltestelle halten. Einer der Busfahrer hat die Kollegin böse angeschaut. Das war es aber auch dann mit den Konsequenzen. Kein Abschleppdienst, keine Polizei, kein Ordnungsamt.

Mehr als 8500 Behinderungen

Fragt man bei der BVG nach, wie so etwas sein kann, sagt eine Sprecherin: „Haltestellen sind noch das, was am ehesten respektiert wird. Busspuren sind das eigentliche Problem.“ Mehr als 8500 Behinderungen des Busverkehrs durch Falschparker hat die BVG im Jahr 2014 registriert.

Davon waren 7474 auf Busspuren und 1053 an Haltestellen. 5000 Mal wurden deshalb Fahrzeuge auch „umgesetzt“, also abgeschleppt. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es wehtun muss, bevor die Leute lernen“, so die Sprecherin. Haltestellen zu blockieren sei besonders unfair, denn es schränke Rollstuhlfahrer und Menschen mit Kinderwagen beim Aussteigen ein. Wenn der Bus nicht an den Gehsteig heranfahren und eine Rampe herunterlassen kann, seien die Rollstuhlfahrer im Bus gefangen, so die Sprecherin.

"Es ist ein großes Verkehrssicherheitsproblem"

Besonders betroffen von einer regelmäßigen Blockade der Busspur seien die Potsdamer Straße und die Hauptstraße. Die Polizei sehe zwar das Problem, wie eine Sprecherin sagt, doch für den ruhenden Verkehr seien die Ordnungsämter zuständig. Die Polizei wird nur aktiv, wenn sie von der BVG unmittelbar angefordert wird. Und da die Ordnungsämter dem Bezirksamt unterstehen, wird hier in jedem Bezirk unterschiedlich stark geahndet. Überraschenderweise gehört die besagte Haltestelle in Charlottenburg-Wilmersdorf zu einem Bezirk in dem besonders viel abgeschleppt wird. „Viele Autofahrer halten das noch immer für ein Kavaliersdelikt“, sagt der zuständige Bezirksstadtrat Marc Schulte (SPD).

Doch das Dämmerlicht des langsam beginnenden Herbstes verschärfe das Problem vor allem für Fahrradfahrer, die Schlangenlinien in der zweiten Reihe fahren müssten. „Es ist ein großes Verkehrssicherheitsproblem“, sagt Schulte. Man gehe daher rigoros gegen Falschparker vor. Alleine im August wurden 228 Fahrzeuge umgesetzt, damit liegt Charlottenburg-Wilmersdorf im Abschleppen berlinweit vorne. Doch die Falschparkerei ist nicht nur ein Sicherheitsrisiko.

BVG hat "Busspurbetreuer" im Einsatz

Einem Busfahrer, der auf seiner Route im Durchschnitt 200 bis 250 Mal in Haltestellen ein- und ausscheren muss, raubt das Ausweichen vor Falschparken nicht nur Nerven, sondern auch Zeit. Die BVG hat daher Kontrolleure im Einsatz, sogenannte „Busspurbetreuer“.

Diese etwa zwanzig Angestellten laufen wochentags von 5.30 Uhr bis 20.30 Uhr die 100 km lange Busspur der Stadt zu Fuß ab. Und sind auf der Jagd nach Falschparkern. Doch selbst wenn ein solcher ertappt wird, darf er nicht von jedem gleich abgeschleppt werden. Ordnungsamtsmitarbeiter dürfen erst nach missglücktem Versuch den Halter ausfindig zu machen den Abschleppdienst rufen.

Während des Abschleppens müssen sie an Ort und Stelle bleiben. Das kostet Zeit und führt im Umkehrschluss dazu, dass andere Falschparker entwischen. Hier liegt vielleicht auch der Grund, warum zu Rolf Eden mit seinem Rolls Royce noch kein Ordnungsamtsmitarbeiter vorgedrungen ist. Die kämpfen woanders mit der zweiten Reihe.

Pascale Müller

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