Baustelle Berliner S-Bahn: Tunnelsperrung und Berufsverkehr, der erste Tag
Seit Freitag 22 Uhr ist der Nord-Süd-Tunnel der Berliner S-Bahn gesperrt, bis Anfang Mai wird er wegen Bauarbeiten dicht bleiben. Heute rollt zum ersten Mal der Berufsverkehr seit der Sperrung. Der Start klappte recht reibungslos zu klappen, regelmäßig standen Ersatzbusse aber auch im Stau. Unser Liveticker vom Vormittag.
Die Mischung aus Tunnelsperrung, Ausweichrouten und alltäglichem Stau im Berufsverkehr hat am Montag so manchem Pendler den letzten Nerv geraubt. Viele hatten sich aber auch gut auf die Umstellungen vorbereitet. Die S-Bahn half mit zahlreichen Servicekräften bei der Orientierung. Lesen Sie hier unsere Beobachtungen vom Vormittag in der Zusammenfassung.
09:35 Uhr: Die Hilfe trägt Orange
Am Weidendamm stehen zwei Service-Mitarbeiterinnen und beantworten die Fragen der Fahrgäste. Sie waren sonst als Erste-Klasse-Stewardessen im Fernverkehr im Einsatz und wollen vielleicht auch deshalb ihren Namen nicht verraten. Besonders oft kommt die Frage nach dem Nordbahnhof auf. Den bedient der Ersatzverkehr nämlich nicht. "Bis Bernauer und dann in die M10 umsteigen", sagt einer orangefarbenen Engel. "Oder laufen - aber bei der Kälte!"
Eine Frau hadert mit ihrem Schicksal. Sie ist aus Falkensee gekommen, stand im Bahnhof Friedrichstraße plötzlich vor einem Gitterzaun. "Ich dachte schon: Terrordrohung." Zweimal in der Woche muss sie auf dem Weg zur Arbeit Briefe aus einem Postfach am Nordbahnhof abholen. Eine Stunde benötigt sie sonst von der Haustür bis dort hin. Fünf vor acht ist sie aufgebrochen. "Jetzt bin ich schon eine Stunde unterwegs - und kein Ende in Sicht", klagt sie. "Ich werde heute direkt mal beim Team-Meeting dafür sorgen, dass ein Berliner die Post abholt."
Es kommt Bus um Bus. "Ick bin hier vor zehn Minuten abjefahrn", berlinert ein Fahrer mit schütterem grauen Haar. Den beiden Servicekräften ruft er zu: "Mädels, ihr müsst mal in den Bach springen, da ist es wärmer als hier draußen."
09:00 Uhr: Schön voll in der U-Bahn
Montagmorgen, Bahnhof Zoo. Viele Pendler, die in den oft überfüllten der Regionalbahn aus Spandau sitzen, fahren diesmal nicht bis Friedrichstraße - da verkehrt ja keine Nord-Süd-S-Bahn. Viele sind vorbereitet und steigen offenbar früher aus, nutzen den Bus oder auch die Linie U2 ab Bahnhof Zoo. Die ist voller als an anderen Tagen.
08:15 Uhr: Nichts los in Mitte
Eigentlich wie immer. In Mitte ist nichts los. Über Wilhelmstraße und Behrenstraße kommt der Bus dann doch nach 31 Minuten am Tränenpalast an. "Gut gelaufen", meint der Fahrer. Berufsverkehr eben. Wer jetzt noch Richtung Gesundbrunnen und Humboldthain will, muss noch mal 300 Meter zu Fuß gehen und die Friedrichstraße überqueren. Am Weidendamm fährt die Linie Nord ab. Die S-Bahn rät ohnehin, die Innenstadt zu umfahren und die Ringbahn zu nutzen.
07:48 Uhr: Bus braucht 22 Minuten
Nach 22 Minuten ist der Askanische Platz erreicht. Der hilfsbereite Mann muss aussteigen, drückt der jungen Russin noch schnell die Fahrplaninformation in die Hand. "Vielleicht nehmen Sie nächstes Mal eine andere Route. An der Haltestelle steht auf einem Schild "Entwicklungsministerium".
07:40 Uhr: Autoverkehr schleppt sich stadteinwärts
Im Bus der Linie Süd studiert eine junge Frau ihr Smartphone. Sie spricht auf Englisch einen Mitfahrer an, ob es hiermit zum Brandenburger Tor geht. "You're in the right bus", gibt der ihr zu verstehen. Die Frau stammt aus Russland, arbeitet hier, hat die S-Bahn in Schöneberg genommen. Als sie erfährt, dass sie bis Mai jeden Morgen so unterwegs sein wird, rollt sie mit den Augen.
Rote Ampeln, die Blechkarawane schleppt sich stadteinwärts, ein Laster lädt Dämmstoff ab. Stau in der Möckernstraße. Es soll 22 Minuten bis zur Friedrichstraße dauern. Nach 17 Minuten hat der Bus nicht mal den Anhalter Bahnhof erreicht.
07:00 Uhr: "Ist ja nicht das erste Mal Schienenersatzverkehr"
"Das geht flott, flott vom Hocker hier", sagt Carla Senske. Kurz vor sieben. Die S-Bahn-Mitarbeiterin hilft Pendlern, den Weg zur Arbeit zu finden. Ausstieg ist an der Yorckstraße direkt an den Bahnhofseingängen. Der zentrale Einstieg Richtung Potsdamer Platz und Friedrichstraße befindet sich gegenüber dem Baumarkt. Große Tafeln weisen den Weg, teils dicht beschrieben zum Selbststudium, teils nur mit Pfeilen und knappen Instruktionen in Deutsch und Englisch versehen. Und dann gibt es ja auch noch die vier S-Bahn-Mitarbeiter in ihren orangefarbenen Westen.
Eine junge Frau will zum Südkreuz. "Da fährt die S-Bahn", erklärt ihr Bernd Timm. Sie läuft los. "S-Bahn ist da!" ruft Timm ihr hinterher und zeigt in die andere Richtung. "Ich weiß, aber ich will noch zum Bäcker", sagt die Frau. Soviel Zeit muss sein.
Alle drei Minuten kommt ein neuer Bus, manchmal treffen die Wagen gar direkt hintereinander ein. Schnellen Schrittes eilen die Pendler herbei, aber auch nicht hastiger als im Bahnbetrieb. Ein Mann aus Lichterfelde muss zum Tiergarten, die Aktentasche in der Hand. Früher aufgebrochen ist er nicht. "Ist ja nicht das erste Mal Schienenersatzverkehr." Es kommen immer mehr Pendler. "Einfach einsteigen!", ruft Helferin Senske. Im S-Bahn-Jargon heißen sie und ihre Kollegen "KIN-S": "Kundenbetreuer im Nahverkehr - S-Bahn". Das ist das Komplizierteste am frühen Morgen.
06:45 Uhr: Langsame Fahrt auf der Yorkstraße
Auf der Yorckstraße geht es nur schleichend voran. Das liegt allerdings nicht an den Tunnel-Bauarbeiten, sondern am maroden Asphalt. Mit 10 km/h ist der Verkehr hier unterwegs - wenn sich alle daran halten.
06:30 Uhr: Berufsverkehr rollt allmählich an
Berlin kommt langsam in Bewegung. Bahnen und Ersatzbusse füllen sich mehr. Alles läuft recht reibungslos.
04:30 Uhr: Fahrgäste scheinen gut informiert
Die wenigen frühen Fahrgäste der S-Bahn vom Südkreuz bis Yorckstraße haben offenbar ihre Hausaufgaben gemacht: Nach dem Aussteigen sind sie bestens orientiert und finden schnell die Haltestelle mit den Ersatzbussen Richtung Friedrichstraße. Zwei Busse stehen parat. Die Fahrt zum Anhalter Bahnhof zieht sich etwas hin, viele Ampeln halten den Bus auf.