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Bürger von Lichtenrade demonstrieren für einen Tunnel für die Dresdner Bahn.
© Theo Heimann

Demo in Berlin-Lichtenrade: Tunnel statt Mauer

Seit 15 Jahren wird in Lichtenrade gestritten: Oberirdisch würde die Dresdner Bahn eine Schallschutzmauer brauchen, Anwohner wollen lieber einen Tunnel. Am Donnerstag gingen rund 1000 Menschen auf die Straße, damit es endlich eine Lösung gibt.

„Fehler darf man zwar planen, aber nicht bauen“ steht auf den gelben Plakaten der Demonstranten. Und „Fluglärm plus Bahnlärm gleich Herzinfarkt.“ 140 Schilder haben die Mitglieder der Bürgerinitiative „Lichtenrade Dresdner Bahn e.V.“ vor der Demonstration angefertigt. Und tagelang Zettel verteilt, 10 000 Stück. „Allein die Tonanlage für den Rednerwagen kostet uns 800 Euro“, sagt Manfred Beck, Vorsitzender der Initiative „und das alles für eine Stunde. Aber wir müssen zeigen, dass Lichtenrade zusammenhält.“

1000 Menschen demonstrierten in Lichtenrade

2000 Demonstranten wurden am Donnerstagabend erwartet; nach Polizeischätzungen waren es am Ende aber nur ungefähr 1000 Menschen, die von der Goltzstraße bis zum S-Bahnhof zogen. Die Bürgerinitiative setzt sich seit vielen Jahren für den Bau eines Tunnels ein, im Berliner Süden. Die Bahn möchte die sogenannte Dresdner Bahn – auf der frühestens 2020 ICE-Züge und der Flughafenexpress zum BER rollen – ebenerdig neben den S-Bahngleisen anlegen; die Anwohner sollen durch eine bis zu sechs Meter hohe Wand vor Lärm geschützt werden. Viele Lichtenrader fürchten dann aber eine Teilung des Ortsteils.

Mauer würde Lichtenrade teilen

Sechs Meter? „Das wäre ja noch höher als die Berliner Mauer“, schimpft Manfred Beck. Seine Initiative fordert einen Tunnel vom S-Bahnhof Buckower Chaussee bis zur Stadtgrenze. Das ist aber der Bahn zu teuer; schon jetzt ist die Rede von 560 Millionen Euro Baukosten.

Seit 15 Jahren wird nun schon gestritten. Auf der letzten Demonstration – im September 2006 – hatten die Initiatoren 500 Demonstranten erwartet. Damals kamen aber 2000 Menschen. Und dann sind ja vielen noch die Proteste wegen der Flugrouten in Erinnerung. Auch da kamen schon mal 2000 Anwohner. Aber „es ist schwer so etwas am Kochen zu halten, die Leute resignieren irgendwann,“ sagt Beck. Trotz der Kompromissvorschläge, einem kürzeren Tunnel etwa.

Wahlkampf ist guter Zeitpunkt für Diskussion um Tunnel in Lichtenrade

Dafür hat sich jüngst auch Renate Künast (Grüne) eingesetzt. Sie selbst konnte nicht zu der Demonstration kommen, auf der Rednerbühne war der Wahlkampf zwischen den Vertretern der Parteien jedoch unübersehbar. „Es ist ein perfekter Zeitpunkt für uns, um die Diskussion um den Tunnel wieder richtig anzuschieben und Aufmerksamkeit zu bekommen“, sagt Georg Wagener-Lohse vom Bürgerforum Zukunft Lichtenrade. Diese Initiative schlägt einen Tunnel vor, der 1200 Meter kürzer ist und erst am S-Bahnhof Schichauweg beginnt und dessen Röhren auch nicht so tief im Boden liegen – das spart Kosten, soll attraktiv sein für die Bahn. „In der Sache wollen eigentlich alle den Tunnel. Es geht um die Finanzierung.“

Und die vielen Akteure. Die Bahn, die Behörden, das Bezirksamt, der Senat, der Bund, die Anwohner. „Da geht grade nichts mehr weiter. Wir wollen, dass man sich wieder an einen Tisch setzt und eine politische Lösung findet“, fordern Beck und Wagener-Lohse unisono. Till (7) und seine Schwester Katharina (5) senken den Altersdurchschnitt der Demonstranten und sind optimistisch. „Ohne den Tunnel hätte ich einen viel längeren Schulweg,“ sagt Till. Heidi Hess (62) ist skeptischer: „Die schieben sich alle den schwarzen Peter zu. Das geht noch 15 Jahre so weiter.“

Franziska Klauke

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