Hamburger Gesetz als Vorbild: Transparency: Berlin soll alle Akten offenlegen
Wie weit geht Berlin in Punkto Daten-Transparenz? Transparency International lobt das Hamburger Gesetz als Vorbild und empfiehlt es auch für Berlin. Doch der Wowereit-Senat will die Daten nur teilweise freigeben.
Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat den Senat und die rot-schwarze Koalition aufgefordert, den Bürgern mehr Zugang zu amtlichen Informationen, öffentlich relevanten Verträgen und Verwaltungsunterlagen zu gewähren und diese systematisch im Internet offenzulegen. „Es sollte bundesweit Pflicht zu werden, alles ins Netz zu stellen“, sagte der Geschäftsführer von Transparency International Deutschland, Christian Humborg, dem Tagesspiegel.
Vor dem Hintergrund des am Mittwochabend in Hamburg beschlossenen Transparenzgesetzes, das bundesweit am weitreichendsten gilt, sagte Humborg, nun sollten auch andere Bundesländer wie Berlin ihre Regelungen „auf den Kopf stellen“. Zwar sei Berlin mit der Veröffentlichung von Amtsdaten unter dem Stichwort Open Data und mit dem Informationsfreiheitsgesetz, das Bürgern auf Antrag den Zugang zu Akten gewährt, schon weiter als manch anderes Bundesland. Jetzt gehe es darum, die „Holschuld“ des Bürgers generell durch die „Bringschuld“ des Staates zu ersetzen, sprich: Politik und Verwaltung müssten von sich aus alle Unterlagen im Internet einstellen. Dazu zählten Informationen über die Daseinsvorsorge, also Themen wie Gas, Wasser oder Strom betreffend, von der Verwaltung in Auftrag gegebene Studien, Subventions- und Zuwendungsvergaben sowie die Vergütungen und Nebenleistungen der Manager städtischer Beteiligungsgesellschaften, wie es jetzt alle Fraktionen der Hamburger Bürgerschaft beschlossen haben. In der Hansestadt soll in den kommenden Monaten ein Online-Informationsregister eingeführt werden, in dem 15 Dokumentenarten systematisch eingestellt werden. „Das Amtsgeheimnis hat im Wesentlichen ausgedient“, ist das gemeinsame Fazit der Bürgerschaftsfraktionen. Private Personendaten sind von der Transparenzoffensive nicht betroffen, sie bleiben geschützt.
Aus Sicht von Transparency-Chef Humborg hätte eine derartige Regelung in Berlin Konflikte wie den um die Wasserverträge vermeiden können. Im Juni 2007 hatte eine Bürgerinitiative eine Kampagne zur Offenlegung der Geheimverträge gestartet. Nachdem eine Zeitung die Verträge veröffentlicht hatte, zog der rot-rote Senat nach und stellte die Vereinbarungen, mit denen Berlin seine Wasserbetriebe zur Hälfte verkauft und den Investoren Gewinne zugesichert hatte, offiziell ins Internet. Um bei Verträgen mit Unternehmen deren Geschäftsgeheimnisse zu respektieren, befürwortet der Transparency-Chef eine Veröffentlichungspflicht, die zwingend geheime Passagen ausschließt – verbunden mit der von den Unternehmen zu liefernden Begründung, wieso man Teile nicht transparent mache.
Der Berliner Senat sieht das Hamburger Modell skeptisch. „Wir planen derzeit nicht, Daten im gleichen Umfang wie Hamburg ohne Systematisierung zu veröffentlichen“, sagte Nicolas Zimmer, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, am Donnerstag. „Nicht erschlossene Informationen können auch wieder intransparent sein.“ Es gehe nicht nur darum, „wie viele Daten veröffentlicht werden, sondern auch um die Frage, wie zugänglich sie sind“. Generell sei der Senat „auf einem guten Weg, den Bürgern mehr Informationen zur Verfügung zu stellen“, sagte Zimmer. Als Beispiel nannte er die von der Wirtschaftsverwaltung betreute Open-Data-Initiative, auf der nicht personenbezogenen Daten auf einer Datenbank frei zugänglich gemacht werden sollen.
Künftig würden jährlich 120 000 Euro bereitgestellt, um die Test-Website daten.berlin.de in den Regelbetrieb zu überführen. „Hier speisen wir systematisch Daten aus der Verwaltung ein, von Erhebungen zu den Wartezeiten in Bürgerämtern über die Daten der Verkehrsbetriebe bis hin zu soziodemografischen Informationen.“ Das ist für den Staatssekretär „ein Teil der zunehmenden Transparenz“.