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Feste feiern – und das bis zum frühen Morgen. Das soll zur Fußball-Weltmeisterschaft im Juni neben der Fanmeile auch in Biergärten und vor Kneipen möglich sein.
© AFP/Johannes Eisele

Fußball-WM 2014: Torjubel ohne Sperrstunde

Viele Spiele der Fußball-WM in Brasilien beginnen wegen der Zeitverschiebung erst am späten Abend oder gar in der Nacht. Berlin will der Fanmeile alle Freiheiten geben, bei Kneipen und Biergärten setzt man auf individuelle Lösungen.

Bei Fußballfans und Wirten löste die Nachricht Begeisterung aus, die am Sonntag die Runde machte. „Das wäre klasse“, sagt Helmut Kurschat, Inhaber des „Brauhauses Südstern“. Sein Lokal ist eines von etlichen, die bei der bevorstehenden Fußball-Weltmeisterschaft im Juni in Brasilien auf Public Viewing setzen, auf die Direktübertragung unter freiem Himmel. So ganz kann er noch nicht glauben, was die Bundesregierung am Sonntag bestätigt: Für die Weltmeisterschaft werden die sonst üblichen Lärmschutzregeln des Bundes per Verordnung ausgesetzt. Stattdessen sollen der Schutz der Menschen gegen nächtlichen Lärm und das Interesse an den Fußballspielen in Brasilien gegeneinander abgewogen werden.

Für „öffentliche Fernsehdarbietungen im Freien“ – also jedes frei zugängliche Public Viewing – soll es Ausnahmen von den sonst üblichen Beschränkungen geben. Normalerweise dürfen öffentliche Veranstaltungen in Wohngebieten nach 22 Uhr nur noch wenig Lärm verursachen. Das wäre dann für ein paar Wochen nicht mehr vorgeschrieben. Die Details sollen die Länder und Kommunen direkt regeln.

„Alle haben mitgefiebert, mitgefeiert, und alles war gut.“

Nun ist es also am Senat und an den Bezirken, wie die Spielregeln für das Public Viewing aussehen – und wie man damit umgeht, dass manche Spiele in Brasilien erst um 22 Uhr, um Mitternacht oder gar um drei Uhr morgens deutscher Zeit angepfiffen werden.

Die politisch Verantwortlichen kündigten am Sonntag an, das Thema unbürokratisch und flexibel zu handhaben. „Wir begrüßen es, dass der Bund das Fenster aufgemacht hat, und werden für große Veranstaltungen wie die Fanmeile am Brandenburger Tor einen Weg finden, Public Viewing zu ermöglichen“, sagte die Sprecherin des Senators für Stadtentwicklung und Umwelt, Michael Müller (SPD), Daniela Augenstein.

Auch die Bezirke stellen sich auf ein pragmatisches Vorgehen ein. „Die Fußball-WM ist wie Karneval im Rheinland – da gelten andere Gesetze“, sagt Jens-Holger Kirchner (Bündnis 90/Grüne), Stadtrat für Stadtentwicklung in Pankow. Man werde die Regelung „großzügig auslegen“. Er erwarte aber allemal keine Probleme zwischen Fußballfans und ruhebedürftigen Anwohnern. Bei den vergangenen Weltmeisterschaften hatte in seinem Bezirk fast jede Kneipe einen Großbildschirm vor der Tür aufgestellt, sagt er: „Alle haben mitgefiebert, mitgefeiert, und alles war gut.“

Und was ist mit den Spielen, die weit nach Mitternacht stattfinden? „Das muss man bei aller Fußballbegeisterung das Leben entscheiden lassen“, findet Kirchner. Da es um drei Uhr morgens draußen weniger gemütlich sei als am frühen Abend und auch weil viele Fußballfreunde auch während der Weltmeisterschaft am nächsten Tag arbeiten müssten, erwartet der Pankower Stadtrat, dass sich die Zahl der Spiele in Grenzen hält, die spätnachts von vielen Fans unter freiem Himmel verfolgt werden.

„Auch mal Fünfe gerade sein lassen“

Für pragmatische Lösungen je nach Spielplan und Lage der jeweiligen Public-Viewing-Orte werben die Umweltpolitiker der Regierungsparteien SPD und CDU, Daniel Buchholz und Danny Freymark. „Es muss in einer Metropole wie Berlin auf jeden Fall möglich sein, die Spiele trotz Nachtruhe auf zentralen Plätzen zu sehen“, sagt Buchholz. Zwar sollte man „nicht gleich die ganze Stadt freigeben“, da sind sich die beiden einig. Aber bei Biergärten und Kneipen sollten das Land und die Bezirke angesichts eines so besonderen Ereignisses wie der WM „auch mal Fünfe gerade sein lassen“.

Freymark plädiert ebenfalls dafür, dass die Bezirke die Vergabe von Ausnahmegenehmigungen „locker handhaben“. Dort wisse man am besten, welche Orte geeignet seien, weil sich Nachbarn weniger gestört fühlen, und welche nicht. „Ein bisschen Fußballkultur schadet uns nicht, die hat uns als Land bereichert“, sagt Freymark. Daher sollte das späte Feiern auch in manchen Biergärten möglich sein: „Es wäre fatal, wenn man da um 22 Uhr die Stühle hochstellen muss.“

Veranstaltungsmanager Willy Kausch, der neben den Silvesterfeiern am Brandenburger Tor auch die Fußball-Fanmeilen auf der Straße des 17. Juni im Tiergarten organisiert, begrüßt es, dass die Lärmvorschriften zur Weltmeisterschaft gelockert werden. Die aus deutscher Sicht wichtigsten Spiele der ersten 13 Spieltage endeten aber eh alle vor 23 Uhr deutscher Zeit. „Ich bin da ganz entspannt“, sagt er.

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