Kartoffel: Tolle Knolle
Die Kartoffel hat eine steile Karriere hinter sich: Lange führte sie ein Schattendasein, dann wandelte sie sich vom Armeleuteessen zum preußischen Grundnahrungsmittel. Auch heute würde den meisten ohne Kartoffel etwas fehlen Eine neue Ausstellung zeigt, warum das so ist.
Die einen lieben sie mit Pelle und Butter, andere stampfen sie zu Brei oder braten sie zerschnippelt in der Pfanne. Es gibt unzählige Varianten, wie man die Kartoffel genießen kann, der die Vereinten Nationen sogar das Jahr 2008 gewidmet haben. Wer alles über die segensreiche Knolle wissen möchte, die mit Kohlenhydraten, Vitaminen, hochwertigem Eiweiß und Mineral- und Ballaststoffen ein wahres Energiebündel und eine Vitaminbombe ist, dem sei ein Besuch des Botanischen Museums empfohlen.
„Kartoffelwelt. Karriere einer Knolle“ heißt dort die höchst informative Ausstellung zum Internationalen Jahr der Kartoffel. Die knubbelige, runde oder ovale Knolle ist weltweit das einzige Grundnahrungsmittel, dessen Anbaufläche in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Alle Kartoffeläcker der Welt – so erfährt der Besucher in der Ausstellung – ergeben eine Fläche halb so groß wie Deutschland. Knapp hinter Europa belegt Asien inzwischen den zweiten Platz im Kartoffelanbau – die Chinesen ernten ein Viertel der Weltproduktion.
Die Kirche verurteilte die Kartoffel als Teufelsfrucht
Das Nachtschattengewächs, dessen unterirdische Vorratsspeicher wir als Kartoffel essen, wurde in den Anden schon vor 8000 Jahren angebaut. Nach einer peruanischen Legende war sie ein Geschenk Gottes, bewahrte sie die Menschen doch vor dem Hungertod. Über die Kanaren nach Europa gekommen, führte die Papa, so ihr Name in den Anden, hier zunächst ein Schattendasein. Kirchenvertreter nannten sie eine Teufelsfrucht, und Fürsten schätzten sie wegen ihrer Blüten. Die steckte sich die französische Königin Marie Antoinette noch ins Haar, als die Knollen in Preußen längst täglich auf den Tischen dampften.
In die preußische Erde kamen sie ab 1756 und das auch nur auf höchstem Kartoffelbefehl von Friedrich II. selbst. Anders als seine Untertanen, denen das neue Gewächs nicht geheuer war, hatte der Alte Fritz schnell die Qualitäten der fremdländischen Frucht schätzen und lieben gelernt und als wirksames Mittel gegen auftretende Hungersnöte begriffen. Im nachfolgenden Siebenjährigen Krieg begriffen das alle – die Knolle wurde zum preußischen Grundnahrungsmittel.
Im Europa des 19. Jahrhunderts stieg die Kartoffel zur lebensrettenden Volksnahrung auf. Ohne das Armeleuteessen wäre historisch einiges anders verlaufen – keine industrielle Revolution und keine Bevölkerungsexplosion. Aber auch keine durch Hungersnot ausgelöste irische Auswanderungswelle in die USA: Zwischen 1845 und 1848 fielen in Irland drei Kartoffelernten der Kraut- und Knollenfäule zum Opfer – eine Million Tote waren die Folge.
Das viertwichtigste Grundnahrungsmittel der Welt
Auf eine andere Gefahr der Kartoffel machte während des Kalten Krieges die DDR mit Plakaten aufmerksam: „Arbeiter und Bauern, seid wachsam!“ wurde darauf vor Saboteuren gewarnt, die in amerikanischen Diensten am Werk sind – sechsbeinig, einen Zentimeter groß, gelb und mit zehn schwarzen Streifen. Wer im hungrigen Arbeiter- und Bauernparadies dem in den 80er Jahren des 19. Jahrhundert aus Mexiko eingeschleppten Kartoffelkäfer zu Leibe rückte, wurde mit ein paar Knollen belohnt.
Im Verzehr des weltweit nach Reis, Weizen und Mais viertwichtigsten Grundnahrungsmittels haben die Deutschen inzwischen ihren Ruf als Nation der Kartoffel(fr)esser verloren. Mit etwa 60 Kilo pro Nase und Jahr liegen sie sogar unter dem EU-Durchschnitt – an der Spitze führen mit der gut doppelten Menge die Maltesen, Polen, Iren und Letten. Absolute Kartoffelspitze sind die Russen – mit 250 Kilo verbrauchen sie pro Kopf und Jahr das Fünffache des Weltdurchschnitts. Wobei hier offen bleiben muss, wieviel davon sie zu hochprozentigen Wässerchen verarbeiten. Über andere nützliche Seiten der Solanum tuberosum kann man sich in der ausgestellten „Kartoffelwelt“ informieren. Landet doch längst nicht jede Kartoffel, von deren 4000 Sorten in Deutschland 200 zugelassen sind, auf unseren Tellern, sondern viele im sogenannten Non-Food-Bereich. In welcher Form man der Knolle dort wieder begegnet, erfährt man ebenfalls in der Königin-Luise-Straße 49 – bis 4. Mai täglich von 10 bis 18 Uhr. hema
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