Anarchie im Berliner Preußenpark: Thaiwiese soll legalisiert werden – oder verschwinden
Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf will dem wilden Thaifood-Markt im Berliner Preußenpark ein Ende setzen. Was danach kommt, ist noch offen.
Der Street-Food-Markt auf der sogenannten Thaiwiese im Wilmersdorfer Preußenpark ist überregional bekannt und steht sogar in Reiseführern. Speziell an Wochenenden locken die mobilen Stände mit thailändischem Essen und Cocktails viele Touristen und Berliner an. Doch es hat nie eine Genehmigung für den Markt gegeben, der gegen viele Vorschriften verstößt – von der Park- über die Gewerbeordnung bis hin zu Hygienestandards. Anwohner protestieren seit Jahren gegen die Zerstörung des Parks, Müllberge, zugeparkte Straßen und Lärm. Nun will das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf die Zustände nicht mehr hinnehmen.
„Dass es nicht so bleiben kann, ist völlig klar“, sagte Ordnungsstadtrat Arne Herz am Dienstagabend bei einer Diskussion im „Café Wahlkreis“ des Bundestagsabgeordneten Klaus-Dieter Gröhler (beide CDU) vor mehr als 40 Anwohnern. Herz sieht zwei Möglichkeiten: die „Legalisierung“ eines deutlich verkleinerten Marktes mit festen Buden oder die Durchsetzung des Marktverbots mit ständigen Kontrollen.
Im Oktober bis November will Herz der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ein Konzept vorstellen. Für Anfang 2018 plant er eine oder mehrere Bürgerversammlungen. Im kommenden Jahr müsse beschlossen werden, „in welche Richtung wir gehen wollen“. Die Umsetzung werde dann wohl bis 2019 dauern.
Der Bezirk will die Grünanlage auch sanieren
Der Park ist stark verkommen, wie ein Rundgang mit Gröhler zeigte. Große Teile der zentralen Wiese sind zur Sandwüste geworden und Wege teilweise kaputt getrampelt. In Gebüschen liegt viel Müll, obwohl die Händler ihre Reste in der Regel in Abfallsäcke packen. Jenseits der Thaiwiese ist der Park außerdem ein Brennpunkt des Drogenhandels und -konsums. Insbesondere auf einem kleinen Hügel nahe der Württembergischen Straße waren am Dienstag zahlreiche Hinterlassenschaften von Heroinsüchtigen zu sehen, darunter benutzte Spritzen und blutige Tücher. „So sieht das hier immer aus“, beklagte eine Anwohnerin.
Es ist dumm, eine solche im Stillen gewachsene Erfolgsgeschichte nun plötzlich dumpfbürokratisch abzutöten. Die Thailänder haben bewiesen, dass auf unprätentiöse Weise eine unauffällige und verwahrloste Parkwiese zu einem lebendigen Hotspot umgewandelt werden kann.
schreibt NutzerIn Meinungsaustauscher
Laut Karsten Sell, Vizechef der CDU-Fraktion im Bezirk, wird die BVV in den Haushaltsberatungen am Donnerstag voraussichtlich beschließen, 2019 eine halbe Million Euro in die Sanierung des Preußenparks zu investieren. Ändere man nichts am illegalen Markttreiben, „können wir das Geld aber gleich in den Gully schmeißen“, findet Sell.
Alle Redner der anwesenden Anwohner zeigten sich verständnislos darüber, dass „Recht nicht durchgesetzt wird“. Die geschützte Grünanlage sei „kein Park mehr, sondern ein Markt“, der professionell geführt werde, ohne dass die Anbieter Steuern zahlen oder für die Müllbeseitigung aufkommen.
Einsätze des Ordnungsamts änderten wenig
Kontrollen durch das Ordnungsamt gab es nur selten – und wenn, waren sie wenig erfolgreich. Ordnungsamtskräfte sind nach einem Berliner Gesetz verpflichtet, Uniform zu tragen, was überraschende Einsätze unmöglich macht. Noch dazu wurden Anzeigen oft von Gerichten fallengelassen, weil die Justiz eindeutige Beweise für gewerblichen Handel vermisste.
Es lag wohl auch am Wahlkampf, dass die CDU-Politiker der rot-grünen Zählgemeinschaft im Bezirk eine Schuld zuwiesen. „Zehn Jahre lang ist nichts passiert“, sagte Herz. SPD und Grüne hätten das Ordnungsamt zudem personell „ausbluten lassen“. Er habe die Mitarbeiterzahl seit seinem Amtsantritt im vorigen Herbst erhöht. Den Markt stillzulegen, wäre trotzdem ein „Kraftakt“, der das Amt von vielen anderen Aufgaben abhalte, sagte Herz. Aber auch eine Legalisierung wäre kompliziert. Feste Stände müssten ausgeschrieben und die Einhaltung aller Vorschriften überwacht werden.
Für den Park ist eigentlich hauptsächlich Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) zuständig, dem das Grünflächenamt untersteht. Ordnungsstadtrat Herz sagt, er habe seinen Vorstoß mit Schruoffeneger abgestimmt. Fortschritte seien aber nur möglich, wenn mehrere BVV-Fraktionen mitziehen: „Ich brauche eine politische Mehrheit.“