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Linos Bitterling hat die „Boxgirls“ vor zehn Jahren mitgegründet.
© Kitty Kleist-Heinrich

Aktionstage "Gemeinsame Sache": Thaiboxen für mehr Selbstvertrauen

Die „Boxgirls Berlin“ engagieren sich gegen Gewalt an Frauen - mit Trainerin Jo, die das Thaiboxen nach Kreuzberg brachte.

Nach drei Minuten ertönt die Glocke im Kreuzberger Johann-Trollmann-Boxcamp. Das bedeutet kurze Pause: Arme kreisen lassen und ausschütteln. Dann wieder drei Minuten kicken – mit Fäusten, Beinen, Knien und Ellbogen. Jo leitet das Thaiboxen bei Boxgirls Berlin e. V. für „FLTI“, das meint Frauen, Lesben, trans- und intergeschlechtliche Menschen. Der Zeitmesser klingt wie eine gute alte Boxkampf-Glocke, kommt aber aus dem Smartphone. Wir Trainierenden tragen Beinschoner und Boxhandschuhe, darüber hinaus schützen Schlagpolster, die „Pratzen“, Bauch und Kopf.

Wenn ein Bein auf diese Pratzen einschlägt, dann knallt es ordentlich. Das macht Eindruck auf Boxanfänger wie mich und Turke Chini, mein Gegenüber, bekräftigt meine Kicks: „It's natural: You just defend yourself“ (Ganz normal: Du verteidigst dich nur).

Auch gemischtes Training

Neben Trainingszeiten ausschließlich für Frauen und Mädchen bietet Boxgirls Berlin e. V. auch gemischtgeschlechtliche Trainingszeiten an. Turke Chini kommt seit einem halben Jahr und liebt das Boxen. Am Anfang sei es ihr wichtig gewesen, nur unter Frauen zu trainieren. Dann kam mehr Selbstvertrauen und jetzt geht sie auch zum gemischten Training. Wenn sie die Halle verlässt, fühlt sie sich jedes Mal stärker. So können alle entscheiden, wo sie sich am wohlsten fühlen: unter Mädchen und Frauen, in der Queer- oder FLTI-Gruppe, mit allen? „Pratzenwechsel“, ruft Trainerin Jo und wir wechseln die Partner.

Linos Bitterling (links) und Turke Chini.
Linos Bitterling (links) und Turke Chini.
© Kitty Kleist-Heinrich

Nun stehe ich vor Linos Bitterling und Jo ermutigt mich, ein wenig mehr Kraft einzusetzen: „Linos verträgt viel“. Vor zehn Jahren hat Linos den Verein mitgegründet und kam gerade von der jährlichen Trainingsfahrt zurück – eine von mehreren gemeinsamen Aktionen außerhalb des Trainings. 26 junge Menschen mit und ohne Fluchterfahrung sind im Rahmen des Projektes „No Borders“ (keine Grenzen) zum Schloss Bröllin in Mecklenburg-Vorpommern mitgefahren.

International aktiv

Auch international ist der Verein aktiv: „2008 waren wir das erste Mal in Nairobi und haben dort Trainer*innen ausgebildet“, erzählt Linos. Aber „ein Projekt aus Berlin passt nicht unbedingt nach Nairobi und umgekehrt auch nicht“. Der Selbstverteidigungsaspekt stehe dort mehr im Vordergrund, denn „in den Slums sind Frauen sehr durch Gewalt gefährdet“. Deswegen arbeiten die Boxgirls Berlin für die Projekte in Eastland, dem ärmsten Stadtteil der kenianischen Hauptstadt, mit einem Trainer vor Ort zusammen, „der ganz selbstverständlich auch Frauen und Mädchen trainiert“.

Die Boxgirls trainieren in der Kreuzberger Bergmannstraße.
Die Boxgirls trainieren in der Kreuzberger Bergmannstraße.
© Kitty Kleist-Heinrich

Selbst in Deutschland ist es kein Normalfall, dass im Boxsport Mädchen und Frauen genauso gefördert werden wie Männer. Obwohl Frauen schon lange boxen, wurden sie offiziell erst 2012 für Olympia zugelassen. „Einige Männer haben sich dann beschwert, weil eine ihrer Gewichtsklassen, das Federgewicht, gestrichen wurde.“ Die fehlende Gleichberechtigung kennt Linos auch von den Kampfrichtern: Es gibt sehr wenige Punkt- und Ringrichterinnen.

Warum Thaiboxen?

Warum eigentlich Thaiboxen? Trainerin Jo war schon in Thailand und weiß um die Rituale der alten traditionellen Kampfsportart. „Muay Thai wird auch als Kampfsport der acht Waffen bezeichnet, weil man einerseits Hände und Beine, zusätzlich aber auch Knie und Ellbogen benutzt.“ Das gibt es bei den anderen Kampfsportarten nicht. Doch ihr Trainingsziel sei es nicht, die dortigen Traditionen „aus dem Kontext zu reißen“ und nach Kreuzberg zu werfen. Beeindruckt ist sie aber vom dortigen Respekt beim Kämpfen: „Häufig entschuldigen sich die Kämpfer nach einem Knock-out bei demjenigen, der am Boden liegt.“

Der respektvolle Umgang miteinander ist auch in der Kreuzberger Halle präsent. „The group feeling is very warm“, weiß Turke Chini. Warm ist beim Thaiboxen nicht nur das Gruppengefühl, sondern auch der Körper. „Das macht dich fit für den Alltag“, ruft mir Linos zu. Die Glocke aus dem Smartphone ertönt ein letztes Mal und wir bedanken uns bei allen Anwesenden.

Mit den Boxgirls Demo-Plakate gestalten. Dazu sind alle Nachbarn und Interessierte am Aktionstag Gemeinsame Sache am Sonnabend, dem 8. 9., von 16 bis 18 Uhr herzlich eingeladen. Gerne alte Laken, Farben und Vierkanthölzer mitbringen. Ort: Hof vor dem Johann-Trollmann-Boxcamp, Bergmannstraße 29.

Zu Demos wie „What the fuck?! – My Body! My Choice!“ (21. 9.) oder „One Billion Rising“ (14. 2.), die für mehr körperliche Selbstbestimmung und ein Ende der Gewalt gegen Frauen und Mädchen protestieren, können Sie die Boxgirls dann begleiten. E-Mail: info@boxgirls.de. https://boxgirls.wordpress.com

Machen Sie mit. Wollen Sie – allein, mit Nachbarn, Freunden oder Ihrer Initiative – mitmachen beim Aktionstag von Tagesspiegel und Paritätischem Wohlfahrtsverband? Alle Aktionen finden Sie hier: www.gemeinsamesache.berlin Dort können Sie auch Ihre eigene Aktion anmelden. Bei Fragen: gemeinsamesache@tagesspiegel.de

Sie alle machen mit:

Jeden Tag stellen wir Ihnen hier Projekte vor, die sich noch Helfer wünschen.

Aufruf zur blühenden Nachbarschaft

Der Kiezclub Stahnsdorf plant Freitag, 7. 9., von 16 bis 18 Uhr eine Pflanzaktion zur Verschönerung des Gartens. Mitzubringen sind gute Laune und bequeme Kleidung; über Pflanzenspenden freut man sich. Danach gibt es im barrierefreien Kiezklub ein Abendessen.

Ort: Fürstenwalder Allee 362, 12589 Köpenick. Kontakt: Gabriela Arzt, 648 60 90. gabriela.arzt@ ba- tk.berlin.de. www.kiezklub-rahnsdorf-ev.de

Mit Nadel und Faden

Im gemütlichen Nähcafé des Invia Mädchen- und Frauentreffs können alle Helferinnen am 7. 9. von 14 bis 17 Uhr das bunte Angebot vom Kinderkleiderladen über das Willkommenscafé bis zu Tandempatenschaften kennenlernen.

Ort: Gundelfinger Straße 11, 10318 Lichtenberg. Kontakt: 50 10 26 10. E-Mail: maedchentreff@invia-berlin.de. www.invia-berlin.de

Spätsommerputz auf dem ’Arnsi’

Die GärtnerInitiative Arnswalder Platz pflegt seit September 2012 rund um das Jahr den Arnswalder Platz. Am Sonnabend, dem 8. September, wird wieder von 13 - 17 Uhr gegärtnert. Um 15 Uhr gibt es selbst gebackenen Kuchen, einige MitgärtnerInnen bringen Kaffee mit. Gartenwerkzeug und Gartenhandschuhe sind vorhanden; weitere Engagierte zum Gärtnern und Reinigen des Platzes sind herzlich willkommen!

Ort: Arnswalder Platz, 10407 Prenzlauer Berg. Kontakt 400 439 19. E-Mail: arnswalderplatz@hotmail.de. www.arnswalderplatz.de

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