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Flughafen Tempelhof
© dpa

Denkmalgeschütztes Flughafengelände: Tempelhof: Instandsetzen oder stilllegen?

Tempelhof verfällt, doch eine Stilllegung käme teuer. Jetzt wird darüber diskutiert, wie sich die Instandsetzung des Flughafengebäudes finanzieren lässt. Auch der Neubau der Landesbibliothek ist wieder im Gespräch. Doch lässt sich Tempelhof wirtschaftlich betreiben?

Schwere Schäden und Mängel gefährden das stillgelegte Flughafengebäude am Tempelhofer Feld. Betonbrocken und Mörtel waren während der Modemesse Bread&Butter von den Decken herabgefallen. Und der Regen unter dem löchrigen Dach wurde in Planen aufgefangen, die Bergsteiger regelmäßig entleerten. Aufs Improvisieren versteht sich der Verwalter, auch wenn er die Risse in den Wänden und den blätternden Putz nicht verbergen kann. Seit Jahrzehnten wird das Baudenkmal auf Verschleiß betrieben und sogar an den allernötigsten Instandhaltungsarbeiten gespart. Ein Gutachten, das bisher unter Verschluss gehalten wurde, beziffert nun den Schaden: Eine halbe Milliarde Euro würde die Sanierung des Airportgebäudes kosten.

Grundinstandsetzung zwingend notwendig

Und die Verfasser des Gutachtens, das dem Tagesspiegel vorliegt, drängen zur Eile: Wenigstens ein Teil der Investition für die „erstmalige Grundinstandsetzung“ der tragenden Gebäudeteile, sei „zwingend notwendig“, wenn die Sanierungskosten nicht weiter steigen sollen. „Unabwendbare Kosten“ seien es, die „in jedem Fall auch bei Stilllegung des Gebäudekomplexes“ anfallen. Kurzum, auch wenn der Airport dichtgemacht würde, 144 Millionen Euro müsste das Land aufbringen.

Investiert wird aber nur ein Bruchteil davon: Dacharbeiten an den Hangars 5 bis 7 für vier Millionen Euro waren Ende 2012 wegen des herabfallenden Betons beauftragt worden. Damit wird wenigstens eine wichtige Einnahmequelle des Event-Tempels gesichert: Die Bread&Butter nutzt diese Hangars.

Doch das reicht bei weitem nicht. Und im Landeshaushalt ist keine dreistellige Millionensumme für die Instandhaltung des gewaltigen 300 000 Quadratmeter großen Komplexes eingestellt. Dabei warnte sogar der Betreiber, die landeseigene Tempelhof Projekt, in einer „Bestandsanalyse“ vor drei Jahren: „Mit den derzeitigen Instandhaltungsinvestitionen von nur 2,5 Millionen Euro jährlich wird der Instandhaltungsstau exponentiell zunehmen.“ Wegen der leeren Landeskassen schlug die Firma dennoch eine riskante Gratwanderung vor: „eine zeitliche Streckung“ einiger Maßnahmen. In diesem und im vergangenen Jahr gab die Tempelhof Projekt nach eigenen Angaben rund 17 Millionen Euro für Modernisierung und Instandhaltung aus.

Tempelhof ist wirtschaftlich nicht zu betreiben

Laut Bestandsanalyse ist das Gebäude allein schon wegen der horrenden Nebenkosten nicht wirtschaftlich zu betreiben. Die Tempelhof Projekt bestätigte, dass das Gebäude im vergangenen Jahr einen Verlust von 600 000 Euro verursacht hat. Laut Bestandsanalyse sind die Büroflächen überwiegend an öffentliche Einrichtungen vermietet. Private machen einen Bogen um den Airport.

Dafür lieben Modemacher, Sport- und Event-Veranstalter den morbiden Charme der Bauruine. Da aber deren Technik völlig veraltet ist, muss vor deren Shows aberwitziger Aufwand betrieben werden. Weil Feuer im schlimmsten Fall von einem Gebäudetrakt auf den nächsten übergreift, muss jedes Event separat vom Brandschutz genehmigt werden. Und weil die Stromversorgung im Areal sogar mit einer anderen Spannung als das Berliner Netz arbeitet, rollen bei Großveranstaltungen schon mal Sattelschlepper mit Notstromaggregaten und gewaltige Tanklaster auf das Flugfeld. Ob und wie viel tausend Liter Diesel und giftiger Feinstaub dabei in die Luft über das Erholungsgebiet geschleudert werden, bleibt das Geheimnis der Betreiber.

Die Vize-Präsidentin der Architektenkammer Berlin, Theresa Keilhacker, fordert deshalb, „die in den Haushalt eingestellten 270 Millionen Euro für den Neubau der Zentralbibliothek in die Instandsetzung des Flughafengebäudes zu investieren“. Stefan Evers, Vize-Fraktionschef der CDU, sieht es ähnlich: „Bevor wir Neubauten auf dem Feld in Angriff nehmen, hat die Sanierung des Flughafengebäudes für uns oberste Priorität.“ Zudem seien zehn Millionen Euro in der Sanierung des Airportgebäudes besser angelegt „als in dem Bau eines Designerbeckens“, wie der Politiker das auf dem Tempelhofer Feld geplante Regenauffangbecken nennt.

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