Berlin berät über Pandemie-Plan: Teilöffnung der Gastronomie Ende Mai möglich, Impfungen in Brennpunkten
Der Senat prüft Lockerungen für Bars und Restaurants zu Pfingsten. Außerdem sollen 10.000 Impfdosen an „schwierige Wohnquartiere“ gehen.
Der späte Frühling kommt, das Impfen geht immer schneller voran und wegen der gleichzeitig sinkenden Infektionszahlen sind wohl schon für das Pfingstwochenende erste Lockerungen möglich.
Das stellte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Dienstag in Aussicht. „Wir werden uns in der nächsten Woche konkret damit auseinandersetzen, was man anbieten kann, natürlich hauptsächlich unter freiem Himmel“, sagte Müller.
Dabei gehe es um Angebote in der Kultur, im Sport und in der Außengastronomie. Voraussetzung seien aber weiterhin sinkende Infektionszahlen und eine Inzidenz stabil unter 100. Berlin werde sich dabei mit Brandenburg abstimmen, das eine Öffnung der Außengastronomie zu Pfingsten in Aussicht gestellt hatte. Pfingstsonntag ist am 23. Mai.
Gleichzeitig warnte der Regierende Bürgermeister vor zu großen Erwartungen. „Wenn Dinge ermöglicht werden, werden sie weiterhin einhergehen mit Regeln“, betonte er. „Eine Kulturveranstaltung unter freiem Himmel wird auch nur in begrenztem Umfang möglich sein, mit wenigen Menschen, mit Abstand und Hygieneregeln.“
Nach seiner Überzeugung werde sich das nicht schnell ändern. „Wir brauchen diese Regeln noch für längere Zeit, auch bei niedrigeren Infektionszahlen“, sagte Müller.
Voraussetzung ist eine Inzidenz unter 100
Voraussetzung für eine Öffnung ist, dass die Inzidenz mindestens fünf Werktage in Folge unter 100 liegt, wobei das zum Beispiel auch von Donnerstag bis Mittwoch sein kann, denn das Wochenende wird bei der Zählung ausgeblendet. Die Inzidenz lag in Berlin am Dienstag bei 111,2. Die Zahl für Mittwoch, die der Senat Dienstagabend veröffentlichte, liegt bei 104,8
In Sachen Urlaub und Tourismus warnte Müller allerdings vor Alleingängen. „Wir werden mit Sicherheit wieder zu einer MPK zusammenkommen, denn wir müssen so etwas bundesweit abstimmen“, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK). „Das geht auch nur in einer Verständigung zwischen den Bundesländern, wie wir mit dem ganzen Thema Reiseverkehr, Inland, Ausland, Städtetourismus, umgehen.“
Müller erklärte, dass die sinkenden Infektionszahlen bislang vor allem mit der Vorsicht der Menschen zu tun hätten und noch wenig mit dem Impffortschritt.
Gesundheitsstaatssekretär Martin Matz (SPD) versprach am Dienstag nach der Sitzung des Senats, dass „mehr als 50 Prozent“ der Berliner im Juni erstgeimpft sein werden. 1,3 Millionen Impfungen in Berlin seien mittlerweile schon durchgeführt.
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Zwar sind das gute Nachrichten, im Bundesschnitt liegt Berlin mit 26,3 Prozent der Menschen, die eine Erstimpfung erhalten haben, aber trotzdem nur an drittletzter Stelle. Im Saarland, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein- Westfalen sind schon über 30 Prozent der Menschen geimpft. Für die nächsten zweieinhalb Monate wurden in den sechs Impfzentren des Landes mehr als eine Million weiterer Impftermine gebucht, sagte Matz. Zwei Drittel der Impfungen werden dort mit dem Impfstoff des Herstellers Biontech durchgeführt, etwa ein Drittel mit Moderna.
Matz erwartet, dass schon in den kommenden Wochen mehr Impfungen bei Hausärzten als in Impfzentren durchgeführt werden. Ab dem 7. Juni sollen Betriebsärzte aus dem Pharmagroßhandel mit Impfstoff beliefert werden. Spätestens dann wird noch mal eine enorme Steigerung des Impftempos erwartet.
Schon ab kommenden Montag wird deshalb ein Pilotprojekt für das Impfen in Großbetrieben gestartet, wie der Tagesspiegel exklusiv erfuhr. Dafür werden bei den Pharmaunternehmen Bayer und Berlin Chemie Impfstraßen gebildet, die Unternehmen stellen das Personal zur Verfügung.
Betriebsärzte sollen bald impfen
Der Senat gibt dafür 10.000 Impfdosen aus seinen Beständen. Dort soll Personal der „kritischen Infrastruktur“ geimpft werden. Konkret betrifft das die mehr als 20.000 Mitarbeiter von BVG, Wasserbetrieben und Vattenfall in Berlin.
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) erklärte dazu auf Tagesspiegel-Anfrage: „Betriebsärzte können uns helfen, die Corona-Impfungen zu beschleunigen. Nun gilt es, diese Power zügig zu nutzen.“ Das Pilotprojekt sei wichtig, um die Mitarbeiter der kritischen Infrastruktur schnell zu schützen.
[Mehr zum Thema: Der Weg zum Impftermin in Berlin: Ich möchte mich impfen lassen – was kann ich tun? (T+)]
Auch für bestimmte Mitarbeiter der Verwaltung, das beschloss der Senat in seiner Sitzung am Dienstag, sollen rasch 5000 Impfdosen zur Verfügung gestellt werden. Sie sollen ebenfalls von den Betriebsärzten verimpft werden.
Zuvor hatte es im Senat und im Gesamtpersonalrat großen Ärger über die „Ankündigungspolitik“ von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) gegeben. Sie hatte am Freitag Impftermine für „besonders relevante“ Verwaltungsmitarbeiter in Aussicht gestellt.
Bislang war aber völlig unklar, wer das sein würde. Am Dienstag wurde nun klargestellt: Jede Dienststelle entscheidet darüber eigenständig, dazu soll auf eine Liste des „besonders relevanten Schlüsselpersonals“ von Beginn der Pandemie zurückgegriffen werden.
Zuletzt hatte es auch Diskussionen gegeben, dass besonders arme Menschen und Migranten stärker vom Coronavirus betroffen sind und sich weniger impfen lassen – wegen medizinischer Vorbehalte, Informationsmängeln oder fehlender Kapazitäten, sich selbst zu kümmern.
Impftermine sind knapp in Berlin
Darauf reagiert der Senat nun mit einem Pilotprojekt: 10.000 Impfdosen sollen in Stadtteilzentren in sozialen Brennpunkten ab kommender Woche niedrigschwellig und ohne Priorisierung verteilt werden. Es handelt sich dabei um den Impfstoff von Johnson & Johnson. Das hatten zuvor etwa Martin Hikel (SPD), Bezirksbürgermeister von Neukölln, und Wirtschaftssenatorin Pop gefordert.
Michael Müller sagte am Dienstag aber auch: „Wir haben immer noch zu wenig Impfstoff, verwalten noch immer einen Mangel. Man kann zurzeit noch nicht jeden Impfwunsch erfüllen.“ Er mahnte deshalb zu weiterer Vorsicht vor Infektionen.
Bei der Suche nach einem Termin in einem der Berliner Impfzentren ist weiterhin Geduld gefragt: „Im Moment ist der Ansturm wirklich groß“, sagte Gesundheitsstaatssekretär Martin Matz nach der Senatssitzung am Dienstag. Bis Juli sei man "ziemlich voll".
Angesichts der Lage warb er allerdings dafür, sich auch um Impftermine in Arztpraxen zu bemühen. „Wir wissen, dass hier die Impfstofflieferungen in den nächsten Wochen so zunehmen werden, dass tatsächlich mehr Termine bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten verfügbar sein werden als in den Impfzentren des Landes“, erklärte Matz. Deswegen lohne es sich, bei der Suche nach einem Impftermin dort dran zu bleiben. (mit dpa)
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