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Dietmar Woidke (links) und Michael Müller, Regierungschefs von Brandenburg und Berlin.
© Thilo Rückeis

Müller und Woidke: "Tegel wird erst zugemacht, wenn Schönefeld läuft"

Die Regierungschefs von Berlin und Brandenburg, Michael Müller und Dietmar Woidke, im Doppelinterview über einen möglichen BER-Start 2019, das Tegel-Volksbegehren und eine Fusion ihrer Länder.

Berlin und Brandenburg sind sich politisch näher als gedacht – aber am unfertigen Hauptstadtflughafen BER offenbar machtlos. Das wird im ersten gemeinsamen Doppelinterview des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller und des Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (beide SPD) deutlich. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel nennt Müller, der lange Aufsichtsratschef am BER war, erstmals öffentlich das Jahr 2019 als möglichen Eröffnungstermin.

"Wenn mir jetzt von den Verantwortlichen gesagt wird, es kann Ende 2018 oder Anfang 2019 sein, muss ich das akzeptieren und sehen, wo Dinge noch beschleunigt und optimiert werden können", sagte Müller. "Glauben Sie mir: Lustig finde ich das nicht." Er habe in dieser Frage mit keiner Information hinterm Berg gehalten, verteidigte sich Müller, der zuletzt "Ende 2017, Anfang 2018" als Termin genannt hatte. "Ich laufe ja nicht selbst mit dem Schraubenzieher über die Baustelle." Beide Länderchefs wollen trotz der anhaltenden Probleme insbesondere beim Brandschutz und der explodierenden Kosten das Projekt in Schönefeld nicht aufgeben. "Nein, der BER muss endlich fertig werden", sagte Woidke. "Wir reden schließlich nicht über eine Mondlandung, sondern über die Eröffnung eines Flughafens." Und Müller ergänzte: "Hamburg hat den Bau der Elbphilharmonie mit einer Verzehnfachung der Bausumme abgeschlossen. Davon sind wir weit entfernt."

Tegel könne ein halbes Jahr nach der BER-Eröffnung schließen

Mit Blick auf das Volksbegehren zur Offenhaltung des Flughafens Tegel gab sich Müller kompromissbereiter als bisher. "Tegel wird erst zugemacht, wenn Schönefeld läuft, nämlich ein halbes Jahr nach dem Eröffnungstermin." Bisher war die Argumentation des rot-rot-grünen Senats, dass Tegel spätestens ein halbes Jahr nach der BER-Eröffnung geschlossen werden soll. Müller gab zu, dass der alte Airport in der Stadt viele Emotionen wecke: "Die Leute hängen an diesem Flughafen und sind verärgert über den BER. Ich weiß doch, wie diskutiert wird, selbst in meiner Familie." Aber Politik sei dafür da, eine Perspektive für die nächsten 30 oder 40 Jahre zu formulieren, und da sei "kein Platz für einen innerstädtischen Flughafen". Woidke argumentierte vor allem mit Vertrauensschutz: "Die Politik hat den Menschen von Falkensee bis Pankow versprochen, dass der Flughafen schließt – darauf müssen sie sich verlassen können."

In dem gemeinsamen Interview kündigten beide Regierungschefs eine bessere Zusammenarbeit im boomenden Umland der Hauptstadt an. "Ich gebe zu: Die Verkehrsverbindungen zwischen Berlin und Brandenburg sind ein Thema, an dem wir hart arbeiten müssen", sagte Woidke. Wegen der vollen Pendlerzüge erarbeite Brandenburg nun einen neuen Nahverkehrsplan, der eng mit Berlin abgestimmt werde. Müller kündigte für die nächsten Jahre mehr Wagen für die S-Bahn an – und eine Verbesserung der Regionalbahn zum Hauptbahnhof. Allerdings dauere ein normaler Bestellvorgang bei der Bahn von der Anmeldung bis zur Lieferung 15 Jahre.

Eine Fusion ihrer Länder sehen beide nicht

Brandenburgs Ministerpräsident sieht Wachstumsschmerzen insbesondere im Speckgürtel der Hauptstadt, nicht nur bei der Versorgung mit ausreichenden Kita- und Schulplätzen in den Umlandkommunen. Eine gemeinsame Wirtschaftsförderung von Berlin und Brandenburg müsse sich aber bis in die ländlichen Regionen erstrecken, forderte Woidke. Das lehnt Berlin bisher ab, wie Müller auch in dem Doppelinterview bekräftigte.

Auf anderen Feldern bleibt es ebenfalls bei gravierenden Unterschieden. Brandenburg will weiterhin Lehrer verbeamten, Berlin nicht. Die Hauptstadt bietet dagegen nahezu kostenfreie Kitaplätze, was im Nachbarland nicht angestrebt wird. "Wir haben uns entschieden, zuerst die Betreuungsquoten zu verbessern, also die Kitagruppen zu verkleinern", sagte Woidke.

Einer Fusion beider Länder stehen beide Regierungschefs skeptisch gegenüber. Insbesondere die Stimmung in Brandenburg sei dagegen. "Man sollte sich da nicht verkämpfen", meinte Müller. Und Woidke sagte zu der Möglichkeit schlicht: "Wozu? Ich wüsste nicht, was dann besser laufen sollte."

Lesen Sie das Interview mit Michael Müller und Dietmar Woidke im Wortlaut in der Printausgabe "Tagesspiegel am Sonntag" oder im Tagesspiegel-E-Paper.

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