Tagesspiegel-Debatte zum Volksentscheid: Tegel bewegt und entzweit Berlin
Soll Tegel offen bleiben? Am Dienstagabend liefern sich Befürworter und Gegner des Flughafens in einer emotionalen Diskussion einen harten Schlagabtausch in der Urania.
Soll der Flughafen Tegel auch nach einer BER-Eröffnung offen bleiben? Und wie geht man mit dem Lärmschutz, den Kapazitäten und offenen juristischen Fragen um? Fünf Tage vor dem Volksentscheid am Sonntag hörten rund 1000 Zuschauer am Dienstagabend auf der gemeinsamen Veranstaltung „Eine Zukunft für TXL?“ von Tagesspiegel und RBB Argumente für und gegen die Schließung.
Die Debatte wurde sehr emotional geführt und vom Publikum lautstark begleitet. Den meisten Applaus erhielt der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) für seine Bemerkung, man müsse größere Flächen für neue Wohnungen bebauen. Bei Tegel habe man „die Chance, das in der Stadt zu machen. Warum sollen wir das aufgeben, nur damit Ryanair von Tegel fliegen kann?“ Vor der Debatte in der Urania hatten etwa 300 Menschen für die Schließung Tegels demonstriert.
„Zwei Flughäfen sind für Berlin angemessen“
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) warb ebenfalls für das Ende des City-Airports. Man habe dort die Chance, ein neues Gewerbe- und Wohnquartier zu errichten. „Wir wollen bezahlbare Wohnungen in Tegel bauen“, sagte Pop. 9000 Wohnungen sollen dort entstehen. FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja wies auf das Kapazitätsproblem beim BER hin.
Ihm fehle der Glaube daran, dass die im Masterplan 2040 festgeschriebenen Erweiterungen so umgesetzt werden. Bisher seien dafür auch keine Gelder im Haushalt eingestellt worden. „Zwei Flughäfen sind für Berlin angemessen“, sagte Czaja und hob Tegels Wichtigkeit für Wirtschaftskraft, Tourismus und Arbeitsplätze hervor. Rot-Rot-Grün wolle in Schönefeld am BER ohnehin kein Drehkreuz mehr.
Sodan hält Offenhaltung von Tegel „prinzipiell für möglich“
Still wurde es im Publikum, als Verwaltungsrechtler Helge Sodan seine juristische Einschätzung abgab, ob Tegel geöffnet bleiben könne. Sodan hält eine Änderung des Landesentwicklungsplans von 2003 „prinzipiell für möglich“. Unter Umständen gebe es in Brandenburg ja auch entsprechende Überlegungen, Tegel offenzuhalten, um Anwohner in Schönefeld zu entlasten.
Auch der Landesentwicklungsplan von Berlin und Brandenburg könnte von Berlin zum Jahresende mit einer Frist von drei Jahren gekündigt werden, um perspektivisch eine eigene Raumordnung auf den Weg zu bringen. Sodan fragte Müller und Pop, warum der Senat denn kein Rechtsgutachten von einem Sachverständigen, der nicht aus Berlin kommt, in Auftrag gegeben habe?
Maroldt hält Brauner Schlingerkurs der CDU in der Flughafenpolitik vor
Der CDU-Politiker Matthias Brauner plädierte für die Schließung von Tegel. Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt, der mit Anna Kyrieleis vom RBB moderierte, hielt Brauner den Schlingerkurs der Partei in ihrer Flughafenpolitik vor. Die CDU-Basis hatte sich in einer Mitgliederbefragung mehrheitlich für die Offenhaltung von Tegel ausgesprochen. „Manchmal will die Partei anderes als die Führungskräfte. Ich bleibe meiner Meinung treu“, sagte Brauner.