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Mit Tram und Kegel. Hoch in dem gelben Wagen einen Ball mit der richtigen Wucht zu treffen, ist eine Kunst für sich.
© dpa

Spiel und Spaß mit der BVG: Tausende Besucher bei der Europameisterschaft der Straßenbahnfahrer

Trotz Bowlen, Bremsen, Bimmeln: Das Team der BVG belegte nur den elften Platz. Allerdings hat noch nie der Gastgeber gewonnen.

Der achtjährige René ist einfach nur glücklich: Stolz ist er auf den Fahrersitz in einer Straßenbahn geklettert und drückt nun an den Knöpfen und Hebeln herzu. Passieren kann nichts, die Straßenbahn auf dem Betriebshof Lichtenberg der BVG ist außer Betrieb. Dass wenige Meter entfernt viel mehr los ist, interessiert den Kleinen nicht. Tausende von meist Erwachsenen schauen sich dort an, was Profis alles mit Straßenbahnen anstellen können – sogar kegeln können sie mit ihren Bahnen. Das Tram-Bowling ist eine von fünf Disziplinen der Europameisterschaft für Straßenbahnfahrer, die am Sonnabend zum ersten Mal in Berlin ausgetragen worden waren.

Es ist gar nicht so einfach, den luftgefüllten Ball mit der Straßenbahn exakt so zu treffen, dass er die Kegel umkippen lässt. Das Team aus Ostrava schießt ihn hoch über die sechs Kegel hinweg mitten in die Zuschauerplätze. Auch hier passiert nichts weiter; der Ball ist leicht. Nur selten fallen aber mehr als ein Kegel.

Macht nichts – wenn die 27 Teams aus 17 Ländern schon vorher genügend Punkte gesammelt haben. Bereits die erste Aufgabe gehöre zu den schwierigsten, sagt Fahrerin Dagmar Scholz von den Dresdner Verkehrsbetrieben.

Die Fahrer müssen ihre Bahn mit Tempo 20 fahren – bei verdecktem Tacho. Also nur nach Gefühl. Die Radarmessung übernimmt die Polizei. Wie im richtigen Leben. Zusätzlich müssen die Fahrer bei dieser Aufgabe die Bremse so einstellen, dass die Bahn exakt vor einem Hindernis stoppt. Dabei darf der Bremshebel aber nicht mehr verändert werden. Scholz ist aber noch ganz entspannt. Ihre Fahrt beginnt erst in einer halben Stunde.

Früher dran war das Berliner Team, vertreten von Franka Sonntag und Torsten Franz. Er musste die Meisterschaft eröffnen. Und mit dem Bremsen hat es nicht ganz so gut geklappt. Die Bahn bleibt doch einige Meter vor dem Absperrgitter stehen. Das ist verbesserungsfähig. Auch Franka Sonntag hat zu Beginn kein ganz glückliches Händchen. Sie muss eine Figur so am Gleis platzieren, dass Franz möglichst dicht an ihr vorbei fahren kann. Doch oh Schreck: Er touchiert den ausgestreckten Arm der Figur. Die Zuschauer stöhnen „Ohhhh.“ Keine Punkte gibt’s hier für die Berliner.

Auch die dritte Aufgabe hat es in sich. Die Fahrer müssen, ohne den Spiegel nutzen zu können, ihre Bahn so stoppen, dass sie mit der zweiten Tür exakt vor einer Rampe steht. Das schaffen nur wenige; auch Franz gelingt es nicht ganz. Weniger Probleme haben die meisten Fahrer dagegen mit der sogenannten Schiebefahrt. Hier wird simuliert, wie eine defekte Bahn von einer anderen weggeschoben wird. Dabei muss ein Teammitglied im vorderen Zug dem Fahrer des hinteren Fahrzeugs zum richtigen Zeitpunkt ein Zeichen geben, damit die Bahn an der vorgegebenen Stelle hält. Sonntag und Franz haben hier im ersten Durchgang noch Luft nach oben. Am Ende werden sie trotzdem Elfte.

Und setzen damit eine Tradition fort. Obwohl die Gastgeber mit ihren Fahrzeugen bestens vertraut sind, hat bei den vier vorangegangenen Europameisterschaften noch nie ein heimisches Team gewonnen. Den Titel hat sich dieses Mal Budapest geholt; vor Leipzig und Lyon. Wenn’s bei der Tradition bleibt, haben die Berliner aber nächstes Jahr wieder gute Chancen. Dann geht’s nach Teneriffa.

Und irgendwann könnte auch René dabei sein. Er kann sich jedenfalls vorstellen, Straßenbahnfahrer zu werden.

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