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Update

Walpurgisnacht in Berlin: Tanz in den Mai verläuft friedlich

Gegen steigende Mieten in Wedding - gegen Neonazis in Schöneweide: In Berlin gingen am Vorabend des 1. Mai tausende Menschen auf die Straßen. Zwischenzeitlich kam es zu kleinen Auseinandersetzungen mit der Polizei - insgesamt blieb es aber ruhig.

Am frühen Mittwochmorgen zeigt sich die Polizei zufrieden mit dem Verlauf der Walpurgisnacht in Berlin. Es sei eine "sehr ruhige Nacht" gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Am Legiendamm in Kreuzberg hätten zwei Personen einen Baukran erklommen und dort ein Transparent enthüllt. Die beiden hielten sich dem Polizeisprecher zufolge am frühen Morgen immer noch oben auf dem Kran auf, es gebe aber keine Gefahr.

Noch kurz vor Beginn der Walpurgisnacht hatte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit deutliche Worte an alle Berlinerinnen und Berliner gerichtet: "Ich appelliere an alle Demonstrierenden, den Tag der Arbeit zu einem friedlichen Fest zu machen und Gewalttätern keine Chance zu geben". Ein Aufruf mit Erfolg, bisher: Alle Veranstaltungen und Demonstrationen liefen weitgehend friedlich ab. Stadtweit waren in der Walpurgisnacht rund 3000 Polizisten im Einsatz, am 1. Mai sollen es dann mehr als 7000 sein. Ein Blick auf die Walpurgisnacht in Berlin:

Antikapitalistische Walpurgisnacht in Wedding

Die Demonstration unter dem Motto "Take Back The City – Nimm was dir zusteht!" im Wedding hat sich nach einer kurz ausfallenden Abschlusskundgebung mit den Worten "Auf Wiedersehen, wir sehen uns morgen in Schöneweide" friedlich aufgelöst. Insgesamt waren, laut Aussage der Polizei, gut 2500 Menschen gekommen, um gegen steigende Mieten zu demonstrieren. Bis auf ein brennendes Auto in der Pankstraße und einige Steinwürfe gegen eine Sparkassen-Filiale in der Nazarethstraße verlief die Demonstration überwiegend ruhig - es gab keine Festnahmen.

Die Stimmung und die Parolen waren durchweg politisch, aber nicht auf Krawall ausgelegt. Immer wieder hieß es von den Demonstranten: "Holt euch die Stadt zurück!" Einzelne Anwohner sympathisierten mit den Demonstranten und zündeten von ihren Balkonen bengalisches Feuer. Auch die Polizeivizepräsidentin Margarete Koppers war während der gesamten Demonstration anwesend. Die Polizei war mit mehreren Mannschaftswagen im Einsatz. Während der Auftaktkundgebung wurden Parolen wie "Ganz Berlin hasst Sarrazin" und "Organisiert den Kaufhausklau" gerufen. Auf Wunsch der Veranstalter wurde die Streckenlänge auf 4,5 Kilometer gekürzt. Ziel des Zuges war somit die Kreuzung Seestraße Ecke Müllerstraße.

Der Demonstrationszug hatte sich bereits am Nachmittag am Bahnhof Gesundbrunnen versammelt, wo verschiedene Bands auftraten. Bei der "Antikapitalistischen Walpurgisnacht" führte die Polizei aus Vorsicht strenge Kontrollen durch: Taschen wurden nach Flaschen durchsucht. Es herrschte ein absolutes Glasverbot auf dem Gelände.

Müllberge im Mauerpark

Die Stimmung im Mauerpark blieb ebenfalls weitgehend ruhig. Am späten Dienstagabend hatten sich etwa 2000 bis 3000 Menschen versammelt und feierten friedlich die Walpurgisnacht. Neben Feuer-Künstlern gab es Lagerfeuer und drei Musikbühnen. Das Gelände um den Mauerpark wurde weiträumig durch Absperrgitter eingezäunt. Die Polizei kontrollierte auch hier die Besucher am Eingang nach Glasflaschen. Ein besonderer Service im Prenzlauer Berg: Eine Reinigungsfirma füllte den Besuchern mitgebrachtes Bier und andere Getränke in Plastikbecher um - kostenlos. Dadurch türmen sich Müllsäcke voller Pfandflaschen - nur die angereisten Pfandsammler gingen dabei leer aus.

Insgesamt waren, zusätzlich zur Polizei, 20 Mitarbeiter eines Anti-Konflikt-Teams unterwegs. Einer von ihnen äußerte sich am frühen Abend zuversichtlich: "Das hat hier alles einen Happening-Charakter und die Leute sind alle sehr einsichtig."

Etwa 200 bis 300 Menschen feiern am Nachmittag friedlich im Mauerpark. Laut Einsatzleiter erwartet die Polizei, dass in den nächsten ein bis zwei Jahren solche großen Vorkehrungen nicht mehr nötig sein werden. Bereits gestern stellte die Polizei am Wegesrand drei Einkaufswagen mit Pflastersteinen sicher - aktuell sind an umliegenden Glascontainer Einsatzwagen postiert, um die Container zu sichern.

"In Friedrichshain ist immer erster Mai."

In Friedrichshain um die Warschauer Straße wurde sich im Vorfelde vorsichtshalber auf einen stürmischen Start in den Mai vorbereitet: Die Sparkasse ist, als Vorsichtsmaßnahme, bis einschließlich 2. Mai komplett geschlossen; die Eingangstüren und Scheiben der Filiale sind mit Plexiglas gesichert. Auch der Supermarkt an der Ecke zur Revaler Straße hat vorgesorgt und die Schaufensterscheiben vorsorglich mit Holzplatten gesichert - lediglich der Eingangsbereich blieb für die Kunden geöffnet. Zwei Photoautomatenbesitzer zeigten sich dagegen zuversichtlicher und stellten noch in der Walpurgisnacht einen neuen Sofortbildautomaten auf. Angst vor Zerstörung hätten sie nicht: "In Friedrichshain ist immer erster Mai."

Am U-Bahnhof Warschauer Straße nahmen sich zwei Straßenmusiker die Ereignisse des Abends als Inspiration und änderten kurzerhand den Refrain eines bekannten Liedes der Band "Kings of Leon" in "The Streets are on fire". Auch wenn die Realität anders aussah: Um den Boxhagener Platz herrschte gegen 20 Uhr alltägliches Treiben: Viele Fußballfans waren noch auf der Suche nach einem Platz in einer Kneipe, um das Champions-League-Spiel von Borussia Dortmund gegen Real Madrid zu sehen. Auch der Kioskbesitzer an der Krossenerstraße sah der Walpurgisnachtnacht gelassen entgegen: Er erwartet einen normalen Abend und auch einen ganz normalen Feiertag.

Präsenz gegen Neonazis in Schöneweide

Innensenator Frank Henkel verschaffte sich im Mauerpark bereits früh einen Überblick über die Lage. Er äußerte sich vor der versammelten Presse zuversichtlich und meinte, mit Blick auf die friedliche Feier im Mauerpark: "Wenn es so bleibt, ist dies ein guter Vorbote für den 1. Mai". Außerdem hoffe er auf zivilgesellschaftliches Engagement in Schöneweide, um Präsenz gegen die Neonazis zu zeigen. Dort startete die Walpurgisnacht mit einer Demonstration und einem Konzert gegen Rechts. Das Bündnis "Gemeinsam gegen Nazis!" hatte zu den Protesten gegen den geplanten Naziaufmarsch am 1. Mai aufgerufen. Am späten Nachmittag waren laut Polizei vor Ort an die 3000 Menschen nach Schöneweide gekommen. Der Demonstrationszug bewegte sich auf derselben Strecke, auf der am 1. Mai die Neonazis demonstrieren wollen. Die Laufroute führte auch an der bekannten rechten Kneipe "Zum Henker" vorbei, in deren Nähe sich auch ein Dutzend Rechtsextreme in ihren Wohnungen versammelten. Vom Balkon aus filmte beispielsweise der Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke die linken Demonstranten. Ein Block von ungefähr 200 Autonomen wurde kurzzeitig von der Polizei eng begleitet - insgesamt blieb die Lage aber unproblematisch. Nur am Rande kam es in Schöneweide zu kleineren Zwischenfällen. Insgesamt gab es laut Polizei 25 Festnahmen. Bei leichten Randalen wurden vier Polizisten verletzt - eine Polizistin musste ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Im Kreuzberger Viktoriapark grillen friedlich mehrere kleine Gruppen. Die Polizei war vorsorglich mit einem Mannschafts- und einem Streifenwagen vor Ort angereist. Die gut zehn Beamten waren bereits seit circa 18 Uhr im Einsatz und suchten das Gespräch.

Sie möchtenam 1. Mai feiern - wissen aber noch nicht, wo? Hier geht es zu unseren Veranstaltungstipps.

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