Reform der Lehrerbildung: Super-Lehrer sucht Super-Lehrer für Berlin
Robert Rauh ist Berlins Pädagoge des Jahres. Jetzt hat er wieder neue Ideen: Er fordert höhere Hürden für Berufsanfänger und positioniert sich zur Frage des "Einheitslehrers".
Berlins Lehrer des Jahres Robert Rauh lässt nicht locker. Nach seinem viel beachteten Aufruf für eine Verbesserung des deutschen Schulwesens hat er am Mittwoch „Thesen zur Reform der Lehrerbildung“ nachgeschoben. Zentrale Punkte sind eine strenge Eignungsprüfung für Lehrer, mehr Praxisbezug im Studium sowie eine Absage an den „Einheitslehrer“, über den aktuell SPD und CDU streiten.
„Unterschiedliche Schulformen verlangen spezifisch ausgebildete Lehrer“, findet der Gymnasiallehrer. Deshalb solle die Politik die bisherige Trennung der Studiengänge für Gymnasial- und Sekundarschullehrer beibehalten oder zumindest dafür sorgen, dass Lehrer, die in der Oberstufe unterrichten und das Abitur abnehmen, eine Zusatzqualifikation erwerben.
Rauh will zudem verhindern, dass ungeeignete Bewerber das Lehramtsstudium beginnen. Deshalb fordert er, dass angehende Pädagogen zunächst ein „Eingangspraktikum“ an einer Schule absolvieren. Dabei sollen sie von fachlich versierten Lehrern betreut werden. Das allein reicht Rauh aber nicht, der neben seiner Unterrichtstätigkeit am Hohenschönhausener Barnim-Gymnasium auch Referendare ausbildet: Er will zusätzlich einen Eignungstest, bei dem die „kommunikative und soziale Kompetenz“ der Bewerber festgestellt wird.
Rauh fordert mehr Praktika während des Studiums
Damit dabei nichts schiefläuft, soll der Test von einer externen Kommission begleitet werden, die aus Universitätsdozenten, Lehrern und Schulleitern besteht. Bestandteil dieses Tests könne sein, dass dem Anwärter auf Video eine Unterrichtsstörung gezeigt wird, für die er eine Einschätzung abgeben soll. Wenn ein Bewerber auf diesem Weg die Möglichkeit erhält, ein Lehramtsstudium aufzunehmen, ist für Rauh aber immer noch nicht geklärt, ob er tatsächlich für den Beruf geeignet ist. Deshalb soll er „so früh wie möglich unterrichten“. Dazu empfiehlt Rauh, dass es „mindestens zwei mehrwöchige oder semesterbegleitende Praktika mit unterschiedlichen Schwerpunkten gibt und zwar sowohl im Bachelor- als auch im Masterstudium.
Referendare sollten nur in Ausnahmefällen für Vertretungsstunden herangezogen werden
Rauhs Thesen gehen aber noch weiter: Er möchte die gesamte Struktur des Referendariats ändern und empfiehlt, dass die fachdidaktische Ausbildung der Lehrer nicht mehr in den Fachseminaren stattfindet, sondern direkt in den Ausbildungsschulen, denen die Referendare zugeordnet sind. In diesen Ausbildungsschulen sollen erfahrene Lehrer teilweise vom Unterricht freigestellt werden, um mehr Zeit für die Betreuung der angehenden Pädagogen zu haben. Dieser Punkt ist auch deshalb interessant, weil Rauh damit seine eigene Tätigkeit infrage stellt, da er selbst Fachseminarleiter für Geschichte und Sozialkunde ist. Und schließlich fordert der Lehrer des Jahres, dass die Referendare nur in Ausnahmefällen für Vertretungsstunden herangezogen werden und dass die Bewertung der berüchtigten Lehrproben nach „verbindlichen und transparenten Kriterien“ zu erfolgen hätte. Die vollständigen Thesen werden ab sofort über die Homepage von Rauhs Initiative vollständig veröffentlicht. Dort kann man sich auch seinem Aufruf zur Verbesserung des Schulwesens anschließen. Bisher gibt es knapp 4600 Unterschriften, die im Frühjahr an die Bundesbildungsministerin übergeben werden sollen. Am Mittwoch traf Rauh mit einigen Erstunterzeichnern Bildungs-Staatssekretär Mark Rackles (SPD). Über den Inhalt der Unterredung wurde allerdings Stillschweigen vereinbart. Rackles hatte ihn eingeladen, nachdem Rauh seinen Bildungsaufruf veröffentlicht hatte.
Unterdessen ringt die Koalition weiter um einen Kompromiss zum lang geplanten Gesetz zur Reform der Lehrerbildung. Am Mittwoch verschob der Wissenschaftsausschuss das Gesetz erneut. Wie berichtet, gibt es einen Streit zwischen SPD und CDU über die Ausgestaltung des Masters. Die CDU will mehr pädagogische und psychologische Studienanteile für angehende Lehrer der Sekundarschule durchsetzen, um einen „Einheitslehrer“ zu verhindern.
Susanne Vieth-Entus, Anja Kühne
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