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In Berlin sind die Lebensbedingungen für Familien schlechter als in den meisten anderen Gegenden Deutschlands.
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Exklusiv

Deutschlandweiter Vergleich: Studie: Schlechte Lebensqualität für Familien in Berlin

Die Lebensqualität für Familien ist laut dem "Familienatlas 2012" fast überall besser als in der Hauptstadt – selbst in Brandenburg. Und beim Angebot an Familienwohnungen trägt Berlin sogar bundesweit unter 402 Städten und Kreisen die rote Laterne.

Es ist kein gutes Zeugnis für Berlin: Nach dem jetzt vom Prognos-Institut veröffentlichten „Familienatlas 2012“ sind die Lebensbedingungen für Familien in weiten Teilen der Bundesrepublik und selbst Brandenburgs deutlich besser als in der Hauptstadt. Im Vergleich der 402 Kreise und Städte schafft es Berlin lediglich in die Gruppe der „Schwellenregionen“ (Plätze 231 bis 268). Das sind Regionen, die für Familien „durchschnittliche Angebote“ bereithalten und „bei wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im unteren Drittel der Regionen in Deutschland“ liegen. Beim Angebot an großen, für Familien geeigneten  Wohnungen ist Berlin sogar bundesweit Schlusslicht.

Nach 2005 und 2007 liegt der Familien-Atlas, der im Auftrag des Bundesfamilienministeriums erstellt wird, zum dritten Mal vor. Die Wissenschaftler haben erneut „harte“ Indikatoren zur Kinderbetreuung, Wohnsituation, Bildung und wirtschaftlichen Lage verglichen – und die Kreise daraufhin neun Ligen zugeordnet. Erst die sechste Liga bilden „Schwellenregionen“ wie Berlin, zu denen strukturschwache Regionen in Ostdeutschland, Nordrhein-Westfalens, Niedersachsens, Hessens, aber auch Städte wie Bremen, Essen oder Köln gehören. Bis auf den armen Nordosten schneiden alle Kreise Brandenburgs besser ab. Das aufstrebende Potsdam läuft außer Konkurrenz, gehört als einzige Stadt im Osten sogar zu den 25 Top-Regionen Deutschlands mit der höchsten Lebensqualität für Familien. Bei der „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ ist Potsdam deutscher Spitzenreiter. Allerdings ist das auch das einzige Feld, in dem Berlin passabel abschneidet, nachdem unter dem SPD-Regierenden Klaus Wowereit die Kitas ausgebaut wurden, hier beitragsfrei sind – anders als in Brandenburg und dem Rest der Republik. Bei den Bedingungen für arbeitende Mütter belegt Berlin im Ranking Platz 38 von 402, Hamburg etwa Platz 76.

Nach der Studie hat das schlechte Abschneiden Berlins vor allem mit Rahmenbedingungen wie Arbeitsmarkt (Platz 281) oder Demografie (337), typischen Großstadt- und Migrationsproblemen, aber auch speziellen Rückständen zu tun. In der Bildung landet die Hauptstadt auf Rang 380, was auch Detailwerte wie die Klassengröße (Grundschulen: Platz 358, Sekundarstufe I: Platz 338) belegen. Im Feld „Wohnsituation und Wohnumfeld“ liegt die Hauptstadt auf Platz 395, beim Anteil an Familienwohnungen hat Berlin die rote Laterne. Bei der „Erschwinglichkeit von Wohneigentum“, Kaufkraft und Baulandpreise wurden ins Verhältnis gesetzt, ist Berlin auf Platz 362. Nur wenige Berliner Kinder und Jugendliche sind in Sportvereinen (Platz 369), die Kriminalitätsbelastung bei Körperverletzungen und Einbrüchen (Platz 394) ist dagegen hoch.

Merkwürdigerweise wurde der „Familienatlas 2012“ jetzt in aller Stille vom Bundesfamilienministerium und Prognos veröffentlicht, nur im Internet, ohne Pressekonferenz, ohne jeden Hinweis an Medien. Ulla Schmidt und Ursula von der Leyen, die Vorgängerinnen von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, (CDU) hatten die Studie noch offensiv propagiert. Dass die Zurückhaltung am schwarz-gelben Krach zum Betreuungsgeld und Kita-Ausbau in Deutschland liegt, bestätigte das Ministerium nicht.

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