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Neubau Zentral- und Landesbibliothek Berlin: Studenten legen Bibliotheksentwürfe vor

Architekturstudenten der Technischen Universität Berlin haben eigene Entwürfe für die geplante Zentral- und Landesbibliothek auf dem Tempelhofer Feld vorgelegt. Sie geben einen Eindruck, was das 270 Millionen-Projekt bieten muss.

Die Tempelhofer Freiheit verleiht der Fantasie Flügel: Studenten der Architektur an der Technischen Universität haben Entwürfe für die geplante Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) auf dem verlassenen Airport-Areal vorgelegt. Es sind bemerkenswerte Ideen für das 270 Millionen Euro teure Neubauprojekt, das der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) mit aller Macht vorantreibt.

An diesem Donnerstag wurden vier Entwürfe im Rahmen einer Veranstaltung der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaft vorgestellt – und sie liefern einen guten Eindruck davon, welche unterschiedlichen Bedürfnisse das Millionenprojekt befriedigen muss. Dass der Lesesaal selbst im Zentrum des Gebäudes liegt, wird hier nicht vorausgesetzt: Nur einer der vier vorgestellten Entwürfe schlägt diese eher traditionelle Lösung vor, die viele von der Mutter aller Berliner Büchersammlungen kennen: der „Staatsbibliothek“.

Der neudeutsch „nachhaltigste“ Plan schlägt den Umbau des Flughafengebäudes in eine Bibliothek vor. Dazu öffnen die Studenten die zum Feld gerichtete Fassade, um Licht ins Innere zu bekommen – und einen großartigen Blick ins Freie. Dass dieses Konzept am Denkmalschutz scheitern könnte, wird im Sommersemester überprüft – da werden die Entwürfe weiterentwickelt. Reizvoll ist die Idee aber, denn Geld für die Sanierung des Altbaus ist eh nicht genug da. Und die Manager der Liegenschaft haben wiederholt die Widrigkeiten betont, die ein Umbau des 1,3 Kilometer langen Gebäudetrakts mit sich bringt: Moderne Technik und Lüftung sind dort nur unter Mühen unterzubringen. Der Sprecher der Tempelhofer Projekt GmbH Martin Plagen sagt: „Wirtschaftlich wäre es aber nicht, die ZLB im Flughafengebäude unterzubringen.“ Das sei schon untersucht worden.

Ein anderer Entwurf schlägt vor, den Bibliotheksraum nicht in die Höhe zu stapeln, sondern in der Fläche zu entfalten. Das Gebäude spiegelt damit die Tempelhofer Freiheit, die ja selbst auch durch ihre unbebaute Weite und Offenheit die Herzen der Berliner erobert hat. Der Vorschlag ist deshalb reizvoll, weil die oben liegenden Fenster viel natürliches Licht in die Räume fallen lassen. Das spart eine Menge Strom, weil „das beste Leselicht“ ins Gebäude fällt, sagt TU-Professor Rainer Hascher, der die Studenten begleitet.

Ein Flachbau wird es wohl eher nicht werden

Sonnenlicht ziehen die meisten Menschen ohnehin künstlichen Leuchten vor, weil diese Farben nicht naturgetreu wiedergeben. Ebenfalls nur zwei Geschosse sieht eine weiterer Entwurf vor, der auch weite offene, mit Holz beplankte Flächen vorschlägt. Die Bibliothek wird hier als Ort der Begegnung und Kommunikation inszeniert. Der Austausch steht allerdings so stark im Vordergrund, dass nicht einmal mehr Platz für Leseecken und andere Rückzugsorte blieb.

Dass die ZLB auf dem Tempelhofer Feld gebaut wird und dort wichtigster Baustein eines Bildungsquartiers wird, war lange umstritten. Auch Rainer Hascher nennt das Tempelhofer Feld eine „Notlösung“, die wohl mit politischen Entscheidungen zusammenhänge, – die er jedenfalls nicht nachvollziehen könne. „Die ZLB gehört ins Humboldtforum“, sagt er, mitten ins Zentrum der Stadt. Dann wäre die Bibliothek ein ganz selbstverständliches, auch mal zufällig angesteuertes Ziel von Bürgern und Besuchern Berlins. Dagegen werde man den geplanten Neubau auf dem Tempelhofer Feld „ganz gezielt aufsuchen“ müssen.

Dass die ZLB trotzdem ihr Publikum haben wird, davon ist Hascher überzeugt. Weil sie gut zu erreichen sein werde am S- und U-Bahnhof Tempelhof. Und weil sich große Bibliotheken zu Treffpunkten entwickelt haben, für Akademiker allemal. Wer hätte das vor wenigen Jahren gedacht: Da galten Bibliotheken als Auslaufmodell, weil der Siegeszug von Internet, Laptop und Smartphone die Bücher ins heimische Arbeitszimmer versetzten. Doch ähnlich wie die digitalen sozialen Netzwerke das Bedürfnis nach realen Begegnungen im Freien eher noch beförderten, so hat der direkte Zugang von Informationen übers Internet auch das Bedürfnis nach dem menschlichen Austausch gesteigert.

Der ganz genaue Standort der ZLB auf dem Tempelhofer Feld steht bisher noch nicht fest, sagt Projekt-Sprecher Pallgen. Dies sei Teil des zurzeit laufenden Planungsverfahrens. Auch der Bedarf an Flächen sowie deren Aufteilung werde zurzeit ermittelt. Sicher sei aber, dass ein Flachbau so gut wie ausgeschlossen ist: Dann wären die Transportwege der Bücher von den Magazinen zur Ausleihe zu lang – und der Betrieb unwirtschaftlich.

Ralf Schönball

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