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Die Florastraße und der Garbatyplatz am Bahnhof Pankow.
© Mike Wolff

Düsterer Neubau: Streit um schwarzes Gebäude am Bahnhof Pankow

Es ist nicht der erste Streit dieser Art: Ein Neubau sieht in Wirklichkeit düsterer aus als vorher auf dem Papier. Der Pankower Baustadtrat fordert "dringendst" Änderungen. Der Bauherr versteht die Aufregung nicht.

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Am Blumenladen im S-Bahnhof Pankow ist die Welt noch bunt. Aber wer die Halle verlässt, läuft auf eine schwarz- graue Wand zu – und das ausgerechnet in der Florastraße. Wieder einmal gibt es in Berlin Streit um einen düsteren Neubau.

Seit April baut die Firma Merz Objektbau am Garbátyplatz das Gebäude, das auf rund 5700 Quadratmetern Büros, Arztpraxen und Geschäfte beherbergen soll. Schon vor der Fertigstellung gibt es Aufregung um die schwarze Fassade. „Das Gebäude ist nicht so gebaut worden, wie es ursprünglich genehmigt worden war“, sagt der Pankower Baustadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). Für die Brücke, die sich zwischen den beiden Gebäudeteilen erstreckt, sei laut Baugenehmigung die Farbe Weiß vorgesehen gewesen. Grundsätzlich entscheide zwar der Bauherr über die Fassadenfarbe. Da der Bereich zwischen Flora- und Grunowstraße aber denkmalgeschützt sei, habe in diesem Fall auch der Bezirk ein Mitspracherecht. Bei einem Treffen zwischen Bauherr und Bezirksamt in der vergangenen Woche sei entschieden worden, dass der Bauherr seinen Entwurf „dringendst“ überarbeiten und nächste Woche erneut vorlegen müsse.

Hell und freundlich war gestern: Die neue Bibliothek der Universität Potsdam erregt ebenso Unmut.
Hell und freundlich war gestern: Die neue Bibliothek der Universität Potsdam erregt ebenso Unmut.
© Andreas Klaer

Projektleiter Christian Trautmann versteht die Aufregung nicht. „Es wurde verdunkeltes Glas verwendet. Von der Farbe Weiß war weder im Bauantrag noch in der Baugenehmigung die Rede, sondern von einer verglasten Fassade“, sagt er.

In jedem Fall ist der Neubau ein weiteres Beispiel für die Vorliebe von Architekten für dunkle Fassadentöne. Heftige Diskussionen erregte schon das Spreedreieck: Im Modell wirkte es hell und transparent, doch als es fertig war, kritisierte es die damalige Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) als „sehr dunkel“. Damals hatte der Projektleiter den Unterschied zwischen Simulation und Realität mit der Darstellung in

Das Spreedreieck: Im Modell wirkte es noch hell und transparent, doch als es fertig war, kritisierte Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer es als zu dunkel.
Das Spreedreieck: Im Modell wirkte es noch hell und transparent, doch als es fertig war, kritisierte Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer es als zu dunkel.
© Doris Spiekermann-Klaas

Computerzeichnungen erklärt. Ähnliche Debatten gab es um den neuen Firmensitz der Werbeagentur Scholz & Friends am Hackeschen Markt, ums Bundespräsidialamt im Tiergarten und um die Bibliothek der Uni Potsdam in Golm.

In Pankow rät Projektentwickler Trautmann zu Geduld: „Das Gebäude ist noch nicht fertig.“ Die Hauptteile sollen noch rötlich und golden eingefärbt werden. Die umstrittene Brücke werde aber wohl so dunkel bleiben. Das sei so geplant gewesen und von der Bezirksverordnetenversammlung Pankow – bis auf eine Gegenstimme – abgesegnet worden.

Die Anwohner sehen den Bau mit gemischten Gefühlen. Manche hoffen, dass die Sonne im Sommer einiges beschönigen wird. „Es ist nun mal ein Klotz. Eine hellere Farbe wäre noch schlimmer, das Dunkle ist zeitlos“, meint Passantin Corinna Ziegler. Andere empfinden das Gebäude in seiner Schwärze als erdrückend.

Auch für die Umgebung sind dunkle Gebäude in Zeiten des Klimawandels keine netten Nachbarn: Je nach Material können sie in der Sommersonne bis zu 80 Grad heiß werden – und strahlen die Wärme dann in die Straße ab.

Gedeckte Töne. Die Fassade der Scholz-&-Friends-Zentrale am Hackeschen Markt.
Gedeckte Töne. Die Fassade der Scholz-&-Friends-Zentrale am Hackeschen Markt.
© dpa

Helle Fassaden bleiben rund 30 Grad kühler. Für die künftigen Nutzer macht die Fassadenfarbe allerdings weniger Unterschied, weil für Neubauten gute Dämmungen vorgeschrieben sind. Sie schwitzen eher hinter großen Fenstern. So verschlingt beispielsweise der verglaste Bahn-Tower am Potsdamer Platz übers Jahr mehr Energie zum Kühlen als zum Heizen.

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