Berliner Verwaltung: Streit um Enquete-Kommission
SPD und FDP wollen mit einer Enquete-Kommission die Probleme der Verwaltungen untersuchen. Grünen und Linken dauert das zu lange. Sie setzen auf die Arbeit der Steuerungsgruppe.
Lange Wartezeiten bei den Bürgerämtern, unterschiedliche Bearbeitungszeiten von Bauanträgen von Bezirk zu Bezirk: Fast überall fehlt in Berlin Personal in den Verwaltungen. Anfang September will der Senat eine „Steuerungsgruppe zur Verbesserung der gesamtstädtischen Verwaltungssteuerung“ einsetzen. Deren Ziel: schnelle, konkrete Lösungsvorschläge präsentieren. Eine parteiübergreifende Enquete-Kommission zur Verwaltungsmodernisierung, wie sie SPD und FDP vorgeschlagen haben, wird es in Berlin aber nicht geben. Die Linken waren von Anfang an skeptisch, nun schwenken auch die Grünen von Zustimmung auf Ablehnung um.
Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek hatte noch Anfang Juli gegenüber dem Tagesspiegel eine Enquete-Kommission befürwortet. Es sei „sinnvoll, mit Experten über Parteigrenzen hinaus“ in einer Kommission zu sprechen. Jetzt macht Kapek einen Rückzieher mit dem Argument, die Arbeit einer Enquete-Kommission dauere viel zu lange. In der Tat sind Enquete-Kommissionen nicht auf schnelle Ergebnisse ausgelegt: Die letzte parteiübergreifende Kommission „Neue Energie für Berlin“ arbeitete eineinhalb Jahre, die Enquetekommission „Eine Zukunft für Berlin“ war von 2003 bis 2005 tätig.
Entscheidung der Grünen schafft Unverständnis
Enquete-Kommissionen werden nicht häufig eingesetzt. Wenn dann aber in der Regel parteiübergreifend. FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja bedauert die Entscheidung der Grünen. „Wer von heute auf morgen seine Meinung ändert, ist kein verlässlicher Gesprächspartner“, sagt Czaja. Er halte weiter am Ziel fest, einen gemeinsamen Untersuchungsgegenstand wie zum Beispiel das politische Bezirksamt zu erarbeiten.
Auch in der SPD–Fraktion schüttelt man den Kopf über den Meinungsumschwung bei den Grünen. Man hätte einer Kommission auch deshalb zugestimmt, da in diesem Falle auch die Oppositionsparteien CDU, FDP und AfD in Entscheidungsprozesse eingebunden gewesen wäre. Jetzt hafte allein die Koalition, wenn die Verwaltungsmodernisierung nicht schnell umgesetzt werde, befürchten führende Sozialdemokraten.
Steuerungsgruppe des Senats
SPD–Fraktionschef Raed Saleh ist zwar weiter ein Befürworter einer Enquete- Kommission, aber bei Beschlüssen über die Teilnahme daran gilt in der Koalition Einstimmigkeit. Die gibt es weder mit den Grünen noch mit den Linken. Carola Bluhm, Fraktionschefin der Linken, setzt wie Kapek auf die Arbeit der Steuerungsgruppe. „Es geht um die konkrete Umsetzung.“ Die Koalition wird nicht an einer Enquete-Kommission teilnehmen.
Theoretisch könnte sie die Opposition auf Antrag eines Viertels der 160 Parlamentarier einsetzen. Dazu wären 40 Abgeordnete nötig. CDU, FDP und AfD hätten 66 Stimmen, neben zwei Fraktionslosen. Die CDU ist weiter offen für Gespräche. CDU-Fraktionschef Florian Graf ärgert sich über das Gebaren der Koalition, das „unausgegoren und uneins“ sei. Es gehöre sich parteiübergreifend nach besten Lösungen für die Stadt zu suchen. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Georg Pazderski kritisierte rot-rot-grüne „Klientelpolitik für linke Randgruppen“ statt konstruktiver Zukunftspolitik für die Stadt.
Die Steuerungsgruppe des Senats soll aus Experten aus Politik, Wissenschaft, verwaltungserfahrenen Mitarbeitern aus allen Ebenen der Verwaltung gebildet werden. Ein Endbericht soll spätestens zur Jahresklausur des Senats Anfang Januar 2018 vorliegen.
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