Berlin: Stichflamme ging bis unters Dach
Stadtweit wurden 26 Fahrzeuge angesteckt. In Lichtenrade wäre fast ein Familienhaus mit abgebrannt
Ein Knall. Das Ehepaar, das bereits schlief, wird kurz nach Mitternacht aufgeschreckt. Das Geräusch konnten die Eheleute zunächst nicht zuordnen – bis Sekunden später bereits dichter Qualm in ihr Haus in der Mellener Straße in Lichtenrade drang. Ein Brandstifter hatte den Mercedes des Paares im Carport, der direkt an das Wohnhaus grenzt, angezündet. Eine Stichflamme reichte bis unters Dach. Weitere Flammen bahnten sich den Weg entlang an der Hauswand nach oben. „Das hätte auch ganz anders ausgehen können“, berichtet die Frau, die lieber ungenannt bleiben möchte, am Donnerstagmorgen. Doch ihr Mann und sie hatten Glück. Die Feuerwehr konnte die Flammen rechtzeitig bekämpfen. Den Eheleuten blieb nichts anderes übrig, außer draußen zu warten und zuzuschauen. Allein das Badezimmer sei wegen des Löschwassers jetzt völlig überschwemmt; die Hauswand ist verrußt. Immerhin, sie blieben unverletzt.
Das Auto war nicht das einzige, das in dieser Nacht brannte. Nur zehn Minuten, nachdem der Carport der Familie in Flammen aufgegangen war und dadurch fast das ganze Haus abgefackelt worden wäre, brannte auf einem Grundstück in der nahe gelegenen Bahnhofstraße ein BMW. Ein Ford, der daneben stand, ist ebenfalls beschädigt worden. Auch in Schöneberg, in der Rubensstraße, wurde gegen 1.50 Uhr ein Mercedes angezündet. Der Staatsschutz prüft nun, ob bei den Taten ein politisches Motiv zu erkennen ist.
„Das kann ich mir nicht vorstellen“, sagt die Frau aus dem Brandhaus in der Mellener Straße. Sie jedenfalls habe keine Ahnung, warum sie ins Visier des oder der Täter geraten sind. „Wahrscheinlich hat einfach jemand die Gelegenheit genutzt“, vermutet sie. Denn ihr Mercedes sei im Carport mit einer Plastikplane abgedeckt gewesen. „Das brennt wie Zunder“, sagt sie. Wer einfach heiß auf Feuer war, hatte hier also leichtes Spiel. Für den Schaden käme die Hausrat- und Feuerversicherung auf. „Aber solche Täter denken offenbar gar nicht daran, was noch alles hätte passieren können“, sagt sie.
Fast jede Nacht brennen irgendwo in der Stadt Autos. Nicht alle Taten werden aus einer politischen Motivation heraus begangen. Von den bisher 240 angezündeten Fahrzeugen in diesem Jahr sei das bei 104 aus einer politischen Motivation geschehen, glauben die Staatsschutz-Ermittler. Bei 132 Fahrzeugen haben sie herausbekommen, dass etwa Versicherungsbetrug oder Vandalismus dahintersteckt. Bei den restlichen Fällen muss noch ermittelt werden, was das Motiv war. Von Ermittlern des Staatsschutzes ist immer wieder zu hören, dass trotz der Vielzahl der Fälle in diesem Jahr nicht von einer größer organisierten Gruppe in der linken Szene ausgegangen wird. Vielmehr seien es einzelne Täter, die aus angeblich politischen Motiven auf Tour gehen, um Autos anzuzünden. Auf der anderen Seite gebe es dann die Nachahmungstäter, die aus persönlichen Gründen handeln.
Was den oder die Brandstifter bewogen hat, am Mittwochabend gleich 19 Autos und zwei Wohnwagen auf einem Autohandelsplatz in Niederschöneweide anzuzünden, ist noch völlig unklar. Passanten entdeckten das Feuer auf dem Platz an der Köpenicker Landstraße gegen 20.30 Uhr. Die Wagen, die dort verkauft wurden, seien „eher alte Kisten und nichts Besonderes gewesen“, sagt ein Ermittler.
Auch der Opel, der am Donnerstag früh auf dem Hof einer Autowerkstatt in Mitte in Brand gesetzt worden war, sei „schrottreif“ gewesen. Ein Passant sah das Feuer auf dem Gelände in der Köpenicker Straße, auf dem Gebrauchtwagen zum Verkauf abgestellt sind. Auch ein danebenstehender Reifenstapel ging in Flammen auf. Nun ermitteln Beamte eines Brandkommissariats die Hintergründe zu den Taten.
Die Frau, deren Mercedes im Carport brannte, hat sich noch keine Gedanken darüber gemacht, ob sie in den kommenden Nächten einfach ruhig schlafen wird können. Sie müsse erst noch begreifen, wie glimpflich das alles ausgegangen ist.
Tanja Buntrock
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