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Roter Teppich. Die Ehrung für Klaus Kinski auf dem Mittelstreifen der Potsdamer Straße in Tiergarten stößt nach den Vorwürfen, die seine Tochter gegen ihn erhebt, einigen übel auf.
© Kai-Uwe Heinrich

Missbrauchsvorwurf gegen Klaus Kinski: Stern des Anstoßes

Seit knapp zwei Jahren erinnert der Boulevard der Stars auch an Klaus Kinski. Doch nach den Missbrauchsvorwürfen könnte die goldene Platte wieder entfernt werden.

Sein Stern ist gesunken – auch wenn da noch „Klaus Kinski. Schauspieler. 1926- 1991“ auf der bronzenen Zacken-Tafel auf dem „Boulevard der Stars“ steht. Seit dem April 2011 hat der zu Lebzeiten wegen seiner unkontrollierten Wutausbrüche berüchtigte Exzentriker seinen Stern auf dem Mittelstreifen der Potsdamer Straße. Doch nachdem Kinskis Tochter Pola ihren Vater jüngst des jahrelangen Missbrauchs beschuldigt hat, gibt es die Diskussion, ob dem Schauspieler die Ehrung wieder aberkannt werden sollte. Alfred Holighaus, Geschäftsführer der Deutschen Filmakademie, bestätigte dem Tagesspiegel auf Nachfrage seine Aussagen, dass er sich „am liebsten auf Kinskis Stern übergeben“ wolle, wenn sich die Vorwürfe bewahrheiteten.

Auf dem „Boulevard der Stars“ sind seit der Enthüllung der ersten Sterne im September 2010 81 deutsche Schauspieler, Regisseure, Produzenten und andere Filmschaffende mit einem Stern verewigt worden, darunter Bernd Eichinger, Fatih Akin, Katharina Thalbach und Anke Engelke. Noch keinem ist die Ehrung wieder aberkannt worden, auch Diskussionen darüber hat es bisher nicht gegeben.

Ob Kinskis Stern entfernt wird, muss nun die fünfköpfige Jury der 2008 gegründeten „Boulevard der Stars Gemeinnützigen GmbH“ prüfen. „Wann darüber entschieden wird, steht noch nicht fest“, sagte Geschäftsführerin Georgia Tornow dem Tagesspiegel. Die reguläre Jury-Sitzung finde erst wieder im April statt, sie habe den Mitgliedern angeboten, vorher eine Telefonkonferenz einzuberufen, dazu aber noch nicht von allen eine Rückmeldung erhalten.

Jury-Mitglied Uwe Kammann, Geschäftsführer des Grimme-Instituts, möchte zu diesem Zeitpunkt keine Stellungnahme abgeben, erst wolle er sich mit den anderen Jury-Mitgliedern beraten, zu denen außerdem Filmwissenschaftler Gero Gandert, Initiator des „Boulevard der Stars“, Berlinale-Chef Dieter Kosslick, der Filmwissenschaftler Hans Helmut Prinzler und Alfred Holighaus gehören. „In diesem Fall geht Sorgfalt vor Schnelligkeit“, sagt Kammann. Auch Georgia Tornow warnt vor einer voreiligen Verurteilung. „Das sind schwerwiegende Vorwürfe, die erst einmal gründlich geprüft werden müssen“, sagt Tornow. „Noch sind die Vorwürfe nicht bewiesen.“ Am heutigen Sonnabend erscheint im Suhrkamp-Verlag Pola Kinskis Autobiografie „Kindermund“, in der sie von ihrer Kindheit mit dem jähzornigen Schauspieler als Vater erzählt, der sie ihrer Aussage zufolge jahrelang sexuell missbraucht hat.

Das Objekt der Kontroverse indes liegt unbehelligt unter einer dünnen Schicht Schneematsch, mit den Sternen von Produzentin Regina Ziegler, Filmkritiker Siegfried Kracauer und dem Autor Karl Valentin in prominenter Gesellschaft. Die Autos brausen vorbei am Sterne-Boulevard, kein Tourist weit und breit auf dem Mittelstreifen der Potsdamer Straße zwischen dem Sitz der Berlinale und dem Museum für Film und Fernsehen, eine einzelne Frau macht Fotos aus dem Sightseeing-Bus. „Weg mit dem Ding“, sagt Petra Slotosch, selbst Mutter und Großmutter, die am Potsdamer Platz auf ihren Bus wartet. Kian Steiner sieht das eher gelassen: „Bevor man vorschnell Konsequenzen zieht, sollten die Vorwürfe erst einmal geprüft werden.“ Der Enddreißiger zieht seine dunkelblaue Mütze tiefer ins Gesicht, um sich vor dem kalten Wind zu schützen, der an diesem Vormittag über die Potsdamer Straße hinwegfegt. „Aber eigentlich ist es mir egal, was mit dem Stern passiert.“

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