Findlinge gegen Falschparker: Steinzeit in der Bergmannstraße
Kreuzbergs Labor für experimentelle Verkehrspolitik hat eine neue Attraktion: Findlinge begrenzen in der Bergmannstraße jetzt die Begegnungszone.
Auf Berlins berühmten Experimentierfeld für Verkehrspolitik tut sich mal wieder etwas: Seit Mittwoch liegen große Findlinge auf der Fahrbahn der Bergmannstraße vor der Marheineke-Markthalle. Sie sollen Autofahrer zwischen der Zossener Straße und der Friesenstraße vom Falschparken abhalten.
"Bis jetzt wurde das absolute Halteverbot durch viele Autofahrer missachtet", schreibt das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg in einer Mitteilung. Das betroffene Teilstück der Bergmannstraße ist schon länger wegen Bauarbeiten gesperrt. Aus EU-Fördermitteln legen Bauarbeiter entlang angrenzenden Friesenstraße ein leiseres Straßenpflaster.
Offenbar parkten Autofahrer in der Vergangenheit häufig im gesperrten Bereich. Das behindere die Baumaßnahme und gefährde die termingerechte Fertigstellung, heißt es vom Bezirk. Er legt Falschparkern nun im wahrsten Sinne des Wortes Steine in den Weg. Darüber hinaus sollen die Findlinge den neuen Begegnungsplatz vor der Markthalle umranden und sichern.
Ob auch Stonehenge deswegen entstanden ist, weil zu viele Ochsenkarren herumstanden?
schreibt NutzerIn yarramalong
Auf Twitter kommentieren Menschen die Maßnahme mit Hohn. "Was kommt als nächstes? Panzersperren? Stacheldraht? Panzerfaustabschussanlagen gegen Autos? Die spinnen in Kreuzberg. Kann die Verantwortlichen bitte mal jemand aufhalten?", schreibt Nutzer Luisenstadt-Fotograf.
Andere loben die Riesenblöcke als "die einzige Sprache, die Autofahrer verstehen". Etwa der Volksentscheid Fahrrad schreibt: "Modalfilter in der Bergmannstraße. Das rockt!" Die Steine sollen bis zur Beendigung der Bauarbeiten in der Friesenstraße auf der Fahrbahn der Bergmannstraße liegenbleiben. Laut Bauplan sollen die Arbeiten am 31. Juli abgeschlossen sein.
Parklets, Punkte - und viel Ärger
Mit zahlreichen Experimenten zur Verkehrsberuhigung hatte das Bezirksamt die Bergmannstraße in den vergangenen Monaten immer wieder in die Schlagzeilen gebracht. Streit, Ärger und sogar eine handfeste Vertrauenskrise in der Bezirksverordnetenversammlung hatten vor allem die 17 orangefarbenen Parklets verursacht. Anwohner klagen, die wenig dekorativen Sitzinseln am Straßenrand würden bei Nacht von Trinktouristen bevölkert, die lärmten und Müll hinterließen.
Das traditionell gut besuchte Bergmannstraßenfest, das am kommenden Wochenende stattfindet, musste seinen Standort wechseln, weil Straßenmöbel und Fahrradvorrichtungen zu viel Platz belegen. Die Stände und Buden werden nun am Freitag in der Kreuzbergstraße aufgebaut.
Nachdem die Bezirksverordneten Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt eine Missbilligung ausgesprochen hatten, kündigte der Grünen-Politiker an, die Evaluation des Parklet-Tests schon im August zu beginnen anstatt erst nach dem Sommer. Damit könnten die Möbel auch verfrüht wieder aus dem Straßenbild verschwinden. Zuvor hatte Schmidt sich geweigert, das Pilotprojekt frühzeitig zu beenden.
Auch die Ostern auf die Straße gemalten grünen Punkte, die laut Schmidt der Verkehrsberuhigung dienen sollen, kamen im Kiez und in der Öffentlichkeit nicht besonders gut an. Viele Anwohner fragten sich, welchen Zweck sie eigentlich erfüllen, außerdem wurden die hohen Kosten kritisiert.