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Die Sommerbäder könnten in diesem Jahr früher schließen als üblich.
© Kitty Kleist-Heinrich

Berliner Bäder: Stammgäste protestieren gegen Preiserhöhung

Das Baden in Berlin ist teurer geworden. An den ersten Schwimmbädern sammeln Stammgäste Unterschriften dagegen. Wird Schwimmen jetzt zum Luxus?

„Das ist unverschämt“, sagt Hans-Jürgen Oestreich. Der 68-jährige Rentner gehört zur verschworenen Gemeinschaft der Frühschwimmer, die in den Berliner Hallenbädern ab 6 Uhr ihre Bahnen ziehen. Bis Mai 2013 kostete der Eintritt 2,30 Euro, dann wurde der Preis auf 2,80 erhöht. Das wurde von denen, die kein Spaßbad brauchen, sondern fast täglich für die eigene Fitness und Gesundheit schwimmen, noch hingenommen. Aber seit 1. Januar 2014 ist die Empörung groß. Das Ticket kostet nun 3,50 Euro.

Unterschriften gegen die Preiserhöhung

„Da ist es auf Dauer günstiger, ins Sportstudio zu gehen“, beschwert sich Oestreich. Einer von denen, die er frühmorgens in der Schwimmhalle am Schöneberger Sachsendamm trifft, ein 75-jähriger Diabetiker, käme jetzt nur noch jeden zweiten Tag. „Er kann sich’s nicht mehr leisten.“ In Schöneberg wurden bereits Unterschriften gesammelt, weil alle Frühschwimmer sauer sind. Bisher haben die Berliner Bäder-Betriebe darauf nicht reagiert. Auch im Stadtbad Lankwitz regt sich Widerstand bei den gesundheitsbewussten Senioren, für die das Schwimmbad auch eine vertraute Begegnungsstätte ist. Dort hat die 70-jährige Heidi Stock ebenfalls eine Protestaktion gestartet. Innerhalb von drei Tagen kamen 90 Unterschriften zusammen.

Ansonsten hält sich der Unmut gegen die neuen Bäderpreise, die seit Jahresbeginn gelten, offenbar in Grenzen. Von kritischen Reaktionen der Bürger berichtet bisher nur die sportpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Gabriele Hiller. Der Bäder-Experte der Grünen im Abgeordnetenhaus, Martin Beck, hat noch keine bösen Mails bekommen. Er hält flexible Tarife, die sich an den Schwimmzeiten und am Status der Besucher (als Vielschwimmer, als Spaßbader oder mit Familien) orientieren, auch für sinnvoll. Aber: „Das darf nicht zu Lasten der sozial schwachen Bevölkerungskreise gehen.“

Höhere Eintrittspreise für den Erhalt der Bäder

Am 17. Januar wird sich der Sportausschuss des Landesparlaments vier Stunden Zeit nehmen, um über die aktuelle Lage und die Zukunft der 63 Berliner Bäder zu beraten, die jährlich mit 50 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt bezuschusst werden – und trotzdem chronisch unterfinanziert und baulich sowie technisch marode sind. Dann erwartet nicht nur die Opposition vom Bäder-Vorstand Zahlen und Fakten, auch über die Auswirkungen der neuen Preiserhöhungen von durchschnittlich 20 Prozent.

Die Regierungsparteien SPD und CDU, aber auch der Landessportbund, haben im Aufsichtsrat der Bäder-Betriebe der neuen Tarifstruktur im November 2013 zugestimmt. Sie argumentieren unter anderem damit, dass die Eintrittspreise zwischen 2003 und 2013 stabil geblieben seien. Jetzt aber werden zusätzliche Einnahmen gebraucht, um Bäderschließungen zu vermeiden. Außerdem sollen die Schwimmbäder über den ganzen Tag gleichmäßiger genutzt werden.

Inzwischen mischt sich auch die Gewerkschaft Verdi in die Debatte um die Berliner Bäder ein. „Schwimmen wird, so scheint es, zum Luxus“, hieß es in einem Beitrag der Verdi-Zeitung „Publik“. Die Gewerkschaft kritisiert auch, dass immer mehr erfahrene Fachkräfte aus Altersgründen oder wegen Stellenstreichungen ausscheiden und fordert einen einheitlichen Tarifvertrag und eine Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit.

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