Umgang mit Populisten: Stadtmission nimmt jeden auf - auch die AfD
Mit einer ungewöhnlichen Erklärung heißt die Stadtmission die AfD in ihrem Hotel Albrechtshof willkommen - so lange die Populisten sich benehmen.
Für ihre Arbeit wird die Stadtmission weithin geschätzt, sie kümmert sich um Obdachlose und Flüchtlinge, stemmt im Winter die Kältehilfe und betreibt mit der Bahnhofsmission am Zoo einen bekannten Anlaufpunkt für Menschen in Not. Auch das Hotel Albrechtshof in der Albrechtstraße in Mitte wird von ihr betrieben.
Jetzt hat sich die Stadtmission hinsichtlich des Umgangs mit der AfD positioniert, und das mit ungewöhnlichem Ergebnis: Sie heißt sie willkommen. Anlass war offenbar eine Veranstaltung der rechtspopulistischen Partei im Restaurant des Albrechtshofs, die zunächst ohne Nennung des Parteinamens stattgefunden hatte. Als dann klar wurde, um wen es sich handelt, verließen einige der anwesenden Gäste das Lokal; das Personal und die Mitarbeiter überlegten gemeinsam mit dem mittlerweile im Ruhestand befindlichen Pfarrer Hans-Georg Filker, welche Art des Umgangs sie mit den Populisten pflegen wollen.
Das Ergebnis: "Wir möchten allen Gästen, unabhängig von Herkunft, Glauben, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Überzeugung, mit der gleichen Freundlichkeit und Wertschätzung begegnen. Dies gilt auch gegenüber Menschen, die diese Werte nicht teilen", so schreibt es die Stadtmission in einer am Donnerstag herausgegebenen Erklärung.
"Unsere Werte gelten für jeden Menschen"
Die Diskussion muss lebhaft gewesen sein. Einerseits empfand die Belegschaft ein "Unwohlsein im Umgang mit politischen Ansichten und Parteien, die Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Glaubens pauschal ausgrenzen". Andererseits wolle man sich nicht auf das gleiche Niveau wie die Populisten begeben und ihnen auch nicht die Chance geben, sich als Opfer zu inszenieren. Die Mitarbeiter kamen zu dem simplen Ergebnis, die Werte, nach denen bei der Stadtmission gelebt und gearbeitet wird, auch auf die AfD anzuwenden.
„Unser Wertemaßstab gilt für alle Menschen“, sagte Geschäftsleiter Reinhard Behrens dem Tagesspiegel; er rief aus Dortmund vom Evangelischen Kirchentag zurück. „Was wir nicht wollen ist aber, dass das Haus zu Propagandazwecken missbraucht wird. Wenn wir das feststellen, ist eine Grenze überschritten.“ Ansonsten alles gut – zumal die AfD, indem sie dort Essen und Veranstaltungen ausrichtet, die Arbeit der Stadtmission unterstützt. Die Einnahmen kommen unter anderem der Kältehilfe für Obdachlose, der Resozialisierung von Straffälligen oder der Flüchtlingshilfe zugute. Flüchtlinge werden auch im Albrechtshof beschäftigt, etwa als Auszubildende. Sie sind sichtbar und „geben unseren Häusern ein Gesicht“, sagt Behrens. Und wer weiß, vielleicht hilft das auch.
Auch andere Hotels und Restaurants haben schon vor der Frage gestanden, ob sie der AfD Räume überlassen. Viele haben öffentlichkeitswirksam verkündet, es nicht zu tun, oft unter Verweis auf die Internationalität der eigenen Gäste, vielfach um nicht angreifbar zu sein. Wer es doch tut, braucht eine Begründung. Die Stadtmission hat sie geliefert.
Auch ihre Toleranz hat natürlich Grenzen. Wer sich rassistisch oder diskriminierend verhält oder äußert, der kann des Hauses verwiesen oder dem kann der Zugang verwehrt werden.