Besuch im Trinkteufel: Wo Pete Doherty abstürzte
Pete Doherty hat sich mal wieder danebenbenommen. Ein Besuch im Kreuzberger Trinkteufel, wo seit dem spektakulären Besuch des britischen Popstars jetzt dauernd das Telefon klingelt.
Kurze soll er gesoffen haben und nach Koks gefragt. Und das Samstagfrüh in der legendären Kreuzberger Absturzkneipe Trinkteufel in der Adalbert/Ecke Naunynstraße. So stand’s gestern groß über Peter Doherty, den britischen Absturzrocker vom Dienst, in der Boulevardpresse. Da ist er seit einer Woche auf Deutschlandtour nach dem Absingen der ersten Strophe des Deutschlandliedes im bayerischen Fernsehen und einem tragisch vergeigten Konzert im Berliner Kesselhaus eh mal wieder gut vertreten.
Banane, 42, und seit zwei Jahren einmal in der Woche Barkeeper im Trinkteufel, kann Kurze und Koks so allerdings nicht bestätigen. Zwar bediente er den schon gut vollgetankten Pete, „noch so ’nen Typen“ und „zwei deutsche Mädels“, als sie früh morgens in die Kneipe trudelten, aber – „Kurze? Nä! Die tranken Bier“. Und nach Koks habe er auch nicht gefragt, der schlimme Peter, sondern ganz allgemein nach Drogen. „So wie der aussah“ tippt Banane da eher auf Marihuana, aber das gibt’s im Trinkteufel genauso wenig wie Koks. Dass der daraufhin mit seinen Freunden hinaus komplimentierte Rockmusiker, 30, draußen im Suff mit einer Flasche eine Autoscheibe zerdepperte, verhaftet wurde und ein paar Stunden auf der Polizeiwache am Checkpoint Charlie festsaß, hat Banane überhaupt nicht mehr mitbekommen.
Ist auch einfach zu viel los wochenends im Trinkteufel, wenn von Freitag bis Sonntag durchgehend geöffnet ist, und Nachbarn, Künstlervolk und Touristen, die auf Heavy Metal, Hardrock und Punk stehen, hier heftig an der Leberzirrhose arbeiten. Auch am hellichten Montagnachmittag ist das „Tor zur Hölle“, wie der Trinkteufel im Untertitel heißt, leicht zu finden. Als Markierung dient ein Typ mit Sonnenbrille, der mit Schulli-Pulle in der Hand in die Wintersonne blinzelt.
Im Rinnstein glänzen noch ein paar Flaschenscherben als Überbleibsel langer Kreuzberger Nächte, aber die große Fensterscheibe links vom Eingang ist wieder ganz und wie immer mit zwei E-Gitarren dekoriert. Da war am ersten Adventswochenende nämlich erst eine Bierpulle durchgerauscht, als sich Fußballfans aus Berlin und Frankfurt hier in die Haare kriegten. Erst durch’s zerscherbte Fenster und dann weiter per Keilerei auf der Adalbertstraße. Als die Polente kam, war von den über 20 Zechern nur noch ein verletzter übrig. Die Scheibe zahlen die Berliner, sagt Wirt Bubi.
Drinnen springt einen erstmal ein junger Hund an, ein zweiter schnuppert am Hosenbein und eine gepiercte Tattoo-Lady ist genervt, weil dauernd das Telefon klingelt und Presseleute nach Peter Doherty fragen. Den Trinkteufel gibt’s seit zwölf Jahren und Ina ist fast von Anfang an als Barkeeperin dabei. Zwölf Jahre leben mit schwarzen Kneipenmöbeln und zapfen unter Plastikfledermäusen und Piratenskeletten – wie geht das denn? Ina, 40, lacht. Der Laden sei neben dem Franken und dem SO36 eine der letzten echten Kreuzberger Spelunken, links, rau, durchgeknallt. „Genau die Kneipe, wo ich auch privat hingehen würde.“ Hier liefe Gott sei Dank keine Technomusik, kein Jazz, kein Hip Hop, kein Pop und kein Peter Doherty, sagt sie mit Abscheu in der Stimme. Und das meist verkaufte Getränk in der Raucherkneipe ist ein gezapftes Potsdamer Rex Pils für zwei Euro.
Mit den Schlägereien ist es im Trinkteufel auch schon viel besser geworden, findet auch Bubi, 47. „Früher war’s richtig wild.“ Was das bedeutet, mag man sich angesichts des Glasbruchs der letzten beiden Wochenenden im und um den Trinkteufel gar nicht vorstellen. Dass die Zecher, die hier zwischen Tau und Tag landen, sich oft daneben benehmen, gibt Barkeeperin Ina zu. So wie letzten Samstagabend der Trupp Touristen aus Schwaben, der sich Spitzentangas auf die Köpfe zog und gröhlte. „Wenn die Leute so gegen acht oder neun Uhr morgens so richtig scheiße drauf sind, werfen wir sie raus“, sagt Ina. Dann müssten sie ein paar Häuser weiterziehen in die 24-Stunden-Kneipe Rote Rose.
Unnötig zu sagen, dass sich die beiden maulfaulen Nachmittagsgäste im Trinkteufel kein bisschen für Peter Doherty interessieren. Presse, Prominente – igitt. Geht doch keinen was an, welche Musiker, Theaterleute oder Filmschauspieler regelmäßig hier kickern oder am Tresen sitzen. Und dann noch die ganzen Anrufe wegen des Fatzken Doherty. Klapp, da kommt ein neuer Gast durch die Tür. „Na, Gypsy“ begrüßt er Inas Hund. „Und, Achim? Teechen?“, fragt sie und setzt Wasser auf.