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Lars Eidinger, Schauspieler: "Wenn das Hotel Bogota schließt, stirbt wieder ein Teil Berlin, den man nicht wieder reanimieren kann. Man kann ihn nur ersetzen durch einen Schildbürgerstreich wie beispielsweise den Potsdamer Platz, der nicht für Menschen gemacht ist, sondern für den Profit. Das Hotel Bogota hat Persönlichkeit und einen sehr eigenen Charakter durch seine lange Geschichte und durch die Familie, die es betreibt. Aber die Menschen wollen es anonym und austauschbar. Die Schließung des Hotels Bogota wäre eine Tragödie für Berlin."
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Bedrohtes Hotel: "Wie man sich hier kümmert"

Fotografen, Schauspieler und Schriftsteller haben an das Bogota ihr Herz verloren. Hier dokumentieren wir die Stimmen der Empörung.

Lars Eidinger, Schauspieler: In einer Welt, die nur aus Starbucks, H&M, McDonalds, Hyatt und Motel One besteht, will ich nicht leben. Irgendwann wird es egal sein, ob man sich in New York, Hong Kong, Paris oder London befindet. Die Städte werden alle gleich sein, wie eine riesige Kette. Berlin wird man nur noch am schlechten Wetter erkennen. Wenn das Hotel Bogota schließt, stirbt wieder ein Teil Berlin, den man nicht wieder reanimieren kann. Man kann ihn nur ersetzen durch einen Schildbürgerstreich wie beispielsweise den Potsdamer Platz, der nicht für Menschen gemacht ist, sondern für den Profit. Das Hotel Bogota hat Persönlichkeit und einen sehr eigenen Charakter durch seine lange Geschichte und durch die Familie, die es betreibt. Aber die Menschen wollen es anonym und austauschbar. Die Schließung des Hotels Bogota wäre eine Tragödie für Berlin.

Martin Parr, Fotograf (Magnum): I very much like Hotel Bogata. It has a wonderful feel of the past, but with all the modern amenities you would wish for. Best of all, we are staying in a hotel that appreciates photography, with photos and other reminders of this love all around you.

Ulrich Matthes, Schauspieler: Das ist offenbar mal wieder so ein Fall traurigster Geschichtsvergegessenheit.... Irgendwann wird auch die letzte Erinnerung an die Zeiten VOR H&M & Co in Ku'damm-Nähe weg sein. Was gibt's da denn noch für Lösungen/Kompromisse?!

Peter Raue, Kunstförderer: „Das Eigentum wird gewährleistet. Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen", so formuliert es der berühmte Artikel 14 des Grundgesetzes. Man kann nur geradezu händeringend an den Eigentümer des Hauses appellieren, sich dieser grundrechtlichen Erkenntnis zu öffnen und die Räumungsklage zurückzunehmen. Dass der „Ku’damm“ dem alten Westberlin (und jetzt auch dem wiedervereinigten Berlin) den gewinnbringenden Flair gebracht hat, hat auch und entscheidend damit zu tun, dass es einen Ort gab wie das Hotel Bogota. Und dass das Hotel Bogota so große Zeiten hatte, hat mit dem Zauber des Kurfürstendamms zu tun. Dies zu erkennen und anzuerkennen, kann eigentlich nur eine Folge haben: das Hotel Bogota soll leben wo es war, wo es ist, wo es in Zukunft sein soll.

Robert Lebeck, Fotograf: Ich finde den Herrn Rissmann ganz wunderbar, so begeistert – er ist auf du und du mit der Fotografie.

Hanna Schygulla, Schauspielerin: Seit ich weiß, dass es das Bogota gibt, habe ich dort übernachtet, wenn ich aus Paris kam. In dem Hotel ist eine ganz besondere, herzliche Atmosphäre, die Mitarbeiter sind so tolerant gegenüber allen Wünschen, so hilfsbereit .Zum Beispiel einmal, als ich ein Klavier brauchte, für ein paar Stunden nur. Oder als ich einen Kurzfilm im Hotel gedreht habe: Da durfte ich alles benutzen. Und das ist jetzt nicht so, dass ich da so viel Geld gelassen hätte. Seit kurzem habe ich eine eigene Wohnung in Berlin, aber noch keine Möbel, und da haben die Rissmanns angeboten, ich könnte doch welche von ihnen ausleihen, mir was aussuchen im Keller.

Ich kannte den Helmut Newton, fotografiert hat er mich auch, allerdings nicht im Bogota. Ich hab’ ihn sehr gemocht. Im Gegensatz zu seinen Fotos, die sind ja sehr – kühl, moderat ausgedruckt, war er selber so witzig und warmherzig. Besser als umgekehrt, warme Fotos und ein Eisblock dahinter. 

Das ist ein kultureller Ort, man kann sich überall hinstellen und hat was zu gucken, es gibt so schöne Ausstellungen im Frühstücksraum. Oft habe ich mich auch auf eins der roten Sofas gesetzt, da werden immer interessante Dialoge geführt. Wie man sich da um die Fremden kümmert! Das ist wirklich eine Begegnung mit Fremden. Sie haben einen sehr charmanten Ton gegenüber Gästen. Es gibt auch so lustige Veranstaltungen, wie Tango am Sonntag.

Das wäre für mich ein Fall von Verrohung, wenn das Bogata verschwände, das stimmt mich ganz traurig. Das ist es doch, was Berlin ausmacht! Was in anderen Städten nicht mehr da ist, weil das Geld da längst alles diktiert. Da macht Berlin sich selbst kaputt. Das Bogota sollte unter kulturellen Denkmalschutz gestellt werden. 

Eva Mattes, Schauspielerin: Das ist doch ein Kulturgut, dieses Haus, darauf sollte man Acht geben! Das darf man nicht sang- und klanglos abservieren, man muss es erhalten. Es repräsentiert eine Kultur, die es nicht mehr gibt, die mit der Judenverfolgung verschwunden ist. Ein wunderschönes Hotel ist das, ich mag es ja gerne, wenn ein Haus so ein bisschen  ab ist, Patina hat. Dort habe ich auch mal einen Krimi gedreht.

André Schmitz, Staatssekretär für Kultur: Das Hotel Bogota ist ein authentisches und anschauliches Stück Berlin. Ich appelliere an alle Beteiligten eine Lösung zu finden, die dem geschichtsträchtigen Haus eine Zukunftsperspektive eröffnet.

Was Ilja Richter und Hanns Zischler sagen

Ilja Richter, Schauspieler und Autor: Wenn man meine ganz persönliche Geschichte außen vor lässt – meine inzwischen verstorbene jüdische Mutter lebte lange Jahre im Hotel Bogota, war aber auch schon während der Nazizeit einmal im Haus, um einen judenfreundlichen Juristen der Reichskulturkammer dort um Hilfe zu bitten -, bleibt vor allem ein Fakt: Sollte das Bogota seinen Pächter verlieren und dieses historische Gebäude die Art von Modernisierung durchmachen müssen, die wir alle gerade als mitleidende Augenzeugen mit anderen geschichtsträchtigen Gebäuden „durchmachen“ – dann sage ich nur: Goodbye Berlin!

Judith Kuckart, Schriftstellerin und Regisseurin: Am 13. Oktober 2002 hatte unsere Theaterproduktion „Blaubart wartet“ im Hotel Bogota im Rahmen der Berliner Festwochen Premiere,. An dem Tag hat es geschneit. Schnee im Oktober. Ich habe das Stück für ein Hotel konzipiert Nachdem wir mehrere Hotels angeschaut hatten, war sofort klar, dass es das Bogota ist Herr Rissmann war unglaublich kooperativ. Wir haben bei der Aufführung dann mit der ersten Szene unten an der Rezeption angefangen, während der normale Hotelbetrieb lief. Danach haben „Zimmermädchen“ kleine Gruppen von Zuschauern getrennt voneinander zu den einzelnen Spielorten geführt: Bibliothek, Foyer, Küche, verschiedene Zimmer.  Am Ende sind die Gruppen im Frühstückssaal zusammengeführt worden und jeder dachte, er hat etwas anderes gesehen als die aus der anderen Gruppe.  Draußen hat es noch immer geschneit, im Oktober. Das hat zu der unwirklichen Atmosphäre des Hauses gepasst. Sogar das Wetter hat mitgemacht. In einem Ibis Hotel wäre das nicht passiert.

Dietmar Schwarz, Intendant der Deutschen Oper Berlin: Als Theatermensch bin ich darin geschult, mir über den Unterschied zwischen gelebter Geschichte und Bühnengeschehen bewusst zu sein. Umso faszinierter erlebe ich im Hotel Bogotà die sinnliche Fühlbarkeit eines Ortes, der so viel Berliner Geschichte erlebt und mitgeprägt hat, dass ich bestens verstehen kann, warum Reisende und Künstler immer und unbedingt dort wohnen möchten. Es ist unglaublich bereichernd, den Unterschied zwischen noch so geschmack- und stilsicherer Kulisse und traditionsreicher Echtheit zu fühlen. Und weil solche Orte immer rarer werden, muss das Bogotá unbedingt erhalten bleiben. Die Stadt Berlin sollte sich dafür ohne Wenn und Aber einsetzen!

Hanns Zischler, Schauspieler und Schriftsteller: In den schwer gescholtenen Siebzigerjahren kursierte das Wort vom „Konsumterror“. Damit war  u.a. die Befürchtung ausgedrückt, die westdeutschen Innenstädte würden immer gleichförmiger  und ununterscheidbar von Marken und Ketten überzogen. Das Wort ist, seltsamerweise, verschwunden - die Sache nicht. Die Uniformität und konsumistische Sättigung der Innenstädte hat heute ein damals unvorstellbares Ausmaß erreicht. Kürzlich sagte jemand von der Zürcher Bahnhofsstraße, sie sei mittlerweile

wie  "Singapur Airport", so austauschbar ist der Rosenkranz der sog. "Adressen" geworden. Der öffentliche Raum verkommt zum Trockendock für "Flagship Stores" - und wem das unbehaglich ist,  weil die Durchmischung flöten geht, wird als "Neider" gescholten  (ein Schimpfwort, ähnlich konnotiert wie "Opfer"). Das "Bogotà" soll verschwinden.  Eine kleine Tafel wird vielleicht als Feigenblatt an andere Zeiten erinnern, in denen der Konsum nicht die einzige erstrebenswerte 'Leistung'  und das einzige Glück war.

Jörg Haspel, Landeskonservator Berlin: Das stattliche Etagenhaus Schlüterstraße 45 ist ein ansehnliches Denkmal der Charlottenburger Architekturgeschichte. Und das Bauwerk war in den letzten hundert Jahren Ort einer äußerst bewegten und bewegenden Bewohner- und Nutzungsgeschichte. Seit fast einem halben Jahrhundert machen das "Hotel Bogota" und seine Gäste gewissermaßen die Seele des
Hauses aus. Es wäre ein herber Verlust, wenn das Baudenkmal seine zur Tradition gewordene Funktion als Berliner Etagenhotel einbüssen und
einen entleerten historischen Schauplatz zurücklassen müsste.

Klaus Modick, Schriftsteller: Als ich von einer Lesung im Buchhändlerkeller zurück ins Hotel kam und mir den Zimmerschlüssel aushändigen ließ, hielt mir der Nachtportier ein Exemplar des Buchs hin, aus dem ich soeben gelesen hatte, und bat um eine Signatur. Er wäre gern zur Lesung gekommen, habe jedoch arbeiten müssen. Was für ein angenehmes Hotel, dachte ich da.

Auch June Newton protestiert

Friedrich Barner, Direktor der Schaubühne: Im  Krieg ist so viel zerstört worden in Berlin - kulturell und substantiell. Und in der Nachkriegszeit setzte sich die Zerstörung von Gebäuden, Straßenzügen, städtebaulichen Zusammenhängen unter ganz anderen Vorzeichen noch einmalfort. Deshalb ist das Bogota ein wirklich wichtiger Ort für die Stadt, gerade auch für diesen Teil Berlins: weil man hier Geschichte lebendig erfahren kann. Wenn man durch die Räume geht, merkt man dem Gebäude an, daß es etwas erlebt hat. Die Hotels von heute sind dagegen ja so gebaut, dass sie gar nicht altern können. Entweder sie fallen in sich zusammen oder werden komplett renoviert.

Im letzten Jahr konnte die Schaubühne im Bogota ein sehr schönes Projekt realisieren: Für unser Festival Internationale Neue Dramatik wurden junge Autoren beauftragt, jeweils eine Szene unter dem Titel „Hotel Bogota“ zu schreiben, die dort uraufgeführt werden sollte. Die Rissmanns waren begeistert von dem Vorhaben – die Eltern sind selber leidenschaftliche Schaubühnenbesucher und in unserem Freundeskreis -  und haben es sehr großzügig unterstützt. Teil des Charmes von Proben und Vorstellungen war, dass der normale Hotelbetrieb weiter lief. Man wanderte durch das Haus und nahm dessen eigenartige Atmosphäre auf, und gleichzeitig sah man Theater. Bei einer Szene guckte man zum Beispiel vom Balkon in ein herrschaftlich möbliertes Zimmer und beobachtete, als Voyeur und mit Kopfhören ausgestattet, wie ein Paar, das offenbar eine leidenschaftliche Nacht miteinander verbracht hatte, nichts mehr miteinander anzufangen wusste… 

Ich glaube, die spezielle Atmosphäre des Hauses teilt sich auch dem Hotelbesucher mit. Man hat dort ein ganz anderes Wohngefühl als in einem „normalen“ Hotel. Jedes Zimmer ist anders, da stecken so viele Biographien drin. Das darf nicht verloren gehen!  

Frank Jahnke, Vorsitzender des Kulturausschusses im Abgeordnetenhaus und SPD-Abgeordneter für Charlottenburg-Wilmersdorf: Das Hotel Bogota, im Herzen des Berliner Westens gelegen, ist authentischer Spiegel eines ganzen Jahrhunderts Berliner Geschichte. All die Höhen und Tiefen insbesondere des kulturellen Geschehens in Berlin – von der verfolgten und ermordeten Künstlerin Yva und ihrem berühmten Schüler Helmut Newton, zur Reichskulturkammer bis hin zur Kunst im Nachkriegsberlin – sind noch heute im ganzen Haus ablesbar. Zugleich ist das Haus ein typisch berlinischer Beherbergungsbetrieb, der sich wohltuend von den Allerweltsbauten der Hotellerie abhebt und gerade deshalb von Gästen aus aller Welt geschätzt wird. Dieses traditionsreiche Hotel darf nicht verschwinden, um einem geschliffenen, aber charakterlosen Einheitslook der modernen Geschäftswelt Platz zu machen!

Lilli von Mendelssohn, Designerin: Dem Bogota verdanke ich mein Abitur. Ich war ziemlich schlecht in der Schule, zu Hause hatte ich zum Arbeiten keine Ruhe, musste mir mein Zimmer mit Geschwistern und Tieren teilen. Aber ich wollte es schaffen! Da haben mir die Rissmanns ein Zimmerchen gegeben, mit Frühstück und allem. Sechs Wochen lang bin ich da in Klausur gegangen, hab’ nichts getan außer zu lernen. Und ich hab’s geschafft! Sogar richtig gut.

June Newton, Fotografin: Hotel Bogota: The place where Yva had her studio and Helmut Newton did his apprenticeship must stay!

René Burri, Fotograf (Magnum): Ich bin ja ein alter Berliner: Schon in den 50er Jahren hat Magnum mich hier her geschickt, um die IBA im Hansaviertel zu fotografieren. Damals wollte ich auch unbedingt zu Brecht, aber den habe ich um ein paar Monate verpasst, der lag schon auf dem Friedhof. Da bin ich zu Helene Weigel gegangen, für sie habe ich auch meine erste Postkarte gemacht. Mit meinem Schweizer Pass bin ich immer zwischen Ost und West hin- und hergependelt.

Ins Bogota bin ich durch c/o Berlin gekommen. Das ist eine Insel der Kultur, wenn man der um des Profits willen den Garaus machen will, das fände ich unerhört. Es herrscht so eine besondere Menschlichkeit dort, durch die Familie Rissmann, die dort ja auch lebt. Ich habe 160 Länder besucht, gerade bin ich aus Peking und Hongkong zurückgekommen, da werde ich in Hotel-Palästen untergebracht, und wenn ich aufwache, weiß ich gar nicht, wo ich bin. Wenn ich im Bogota aufwache, weiß ich: Ich bin in Berlin. West-Berlin könnte sich glücklich schätzen, mitten in der Stadt, die sich täglich verändert, mit dieser Bannmeilen von ausländischen Luxuspalästen, so eine Insel zu haben. Das ist doch eine unglaubliche Chance! Ich möchte an die Leute in der Kultur appellieren, dass sie ihre schützende Hand darüber halten.

Was die Pfister-Brüder und Basketballer Henning Harnisch sagen

Christoph Marti (Ursli Pfister), Schauspieler und Sänger: Das Bogota soll schließen? Unser alter Freund John aus New York - er ist über 80, Multimillionär und ernährt sich hauptsächlich von Gin - hat stets darauf bestanden, im Bogota zu wohnen, wenn er in Berlin war. Nicht, dass er sich das Waldorf Astoria oder das Ritz Carlton nicht leisten könnte. Das Herausgeputzte langweilt ihn, sagt er. Das Bogota hat Charakter. Leider ist das nicht mehr so gefragt. Irgendwann ist alles gleich. Das ist schade.
  
Tobias Bonn (Toni Pfister), Schauspieler und Sänger: Das Hotel Bogota habe ich Anfang der 90er Jahre kennen gelernt, als ich dort den Verleger der Operette CLIVIA traf um mit ihm eine CD zum 100sten Geburtstag des Komponisten Nico Dostal zu besprechen. Nächsten März - fast zwanzig Jahre später - werden wir Geschwister Pfister nun diese wunderbare Operette an der Komischen Oper in Berlin spielen. Und zur Premiere wollte ich dann passender Weise meine Eltern im schönen, alten Hotel Bogota unterbringen. Es wäre zu schade, wenn sie statt dessen in einem der vielen Ketten-Hotels absteigen müssten, deren Namen man sich nie merken kann, weil sie alle gleich aussehen ...
 

Christof Loy, Opernregisseur: Ich bin erst vor einigen Monaten auf das Hotel Bogota aufmerksam gemacht worden, als ich auf der Suche nach Räumen für einen Kurzfilm war. Selten habe ich erlebt, dass ein Ort deutsche Geschichte so greifbar macht, und dass man, als Hotelgast oder auch nur als Besucher, anders als in einem Museum, nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum Leben mit Vergangenheit geradezu physisch gezwungen ist. Ich kenne keine vergleichbare Erfahrung, und Berlin sollte alles dafür tun, diesen Ort nicht nur als Gedenkstätte,  sondern auch als Ort der Gegenwart, die es zu gestalten gilt, zu erhalten. Eine schönere  und sinnlichere Ermahnung, von der Vergangenheit zu lernen, als das Hotel Bogota, gibt es nicht.

Henning Harnisch, Vize-Präsident der Basketballer von Alba Berlin: Wir haben die Hochzeitsnacht im Bogota verbracht! Muss ich mehr sagen? Henning Harnisch, Vize-Präsident der Basketballer von Alba Berlin.

Stephan Erfurt, Vorstand der C/O Berlin Foundation: Das Hotel Bogota hat von Anfang eine große Bedeutung für uns gehabt. Die Grundidee von C/O Berlin war ja, nicht nur Ausstellungen zu machen, sondern die Menschen, die da hinter stehen, in die Stadt zu holen. Und die sollten nicht bei Freunden wohnen, da hat man gleich tausend soziale Verpflichtungen, sondern an einem Ort, der inspirierend ist, und wo sie frei sind. Wir haben uns gewünscht, dass unsere Gäste sich ganz der Stadt widmen können. Joachim Rissmann hat sofort Feuer gefangen und uns von Anfang an unterstützt, als wir als Institution noch ganz jung und unbekannt waren, und dadurch dazu beigetragen, dass C/O Berlin so eine Strahlkraft bekommen hat. 

Wir arbeiten viel mit Individualisten zusammen, Künstlern, Kuratoren, die lieben alle, neben der zentralen Lage, die persönliche Atmosphäre, das Flair des alten Etagenhotels. Große, erfolgreiche Fotografen wie Paolo Roversi, ziehen aus dem Adlon wieder aus, um im Bogota zu schlafen. Das spricht doch Bände! Es geht eben nicht nur um Fünf-Sterne-Luxus.

Das Haus ist seit der Zeit von Yva und Helmut Newton eine Institution für die Fotografie, das Atelier ist noch immer spürbar. Das sind doch die Orte, die Berlin so lebenswert machen. In welcher Gesellschaft wollen wir denn leben? Wo öffentliche, historische Orte wie das Postfuhramt in unmittelbarer Nähe zur Museumsinsel einfach in eine Firmenrepräsentanz verwandelt und damit der Öffentlichkeit entzogen werden? Das Bogota ist doch ein Kleinod! Die Stadt darf sich das nicht leisten, dass ein solcher Ort nach dem anderen verschwindet.

Das Statement von Stuart Pigott

Thomas Oberender, Intendant der Berliner Festspiele: Es gibt so wenig wirklich lässige Orte im neuen alten Westen. Im Bogota hat die Aura eines West-Berlins der 70er Jahre überlebt, die zugleich mit dem Berlin der goldenen 20er spielt. Die Atmosphäre des Hauses wirkt bis heute privat. Es ist eines der selten gewordenen Wohnungshotels, die noblen Platz in teuren Häusern demokratisieren. Es wirft Glanz ab, aber keinen, der einschüchtert. Im Interieur jedes Raumes steht irgendwo dahinter das Leben eines Besitzers, sein Geschmack, etwas, das zuhause so nicht geht, aber glücklicher Weise hier. Gerade das macht das Bogota weltläufig, die Persönlichkeit eines Menschen, der in einen Stil, das Interieur, die Farben der Wände überhing. Und man kann die schöne, steile Treppe mit Fenster auch mal schwankend hinaufgehen - im Bogota, so die Vermutung, machen erst Schwächen die Stärken komplett. Ach Bogota, du Fremdraum meiner Heimatstadt, Ort alter Zeit, splendid und nett an dir ist doch, dass dein großer Ruf gar nicht zu spüren ist und rätselhaft wird, sobald man in deinen Hallen steht. Es ist alles ganz normal. Wie selten wurde das. Wie gar nicht mehr herstellbar. Das muss erst so geworden sein.

Hans Helmut Prinzler, Kurator des Hauptstadtkulturfonds: Das Hotel Bogota ist nicht einfach eine Unterkunft für Gäste der Stadt, es ist seit Jahrzehnten ein Ort der Kultur, der mit seinem markanten Baldachin in der Schlüterstraße ein Willkommenssignal sendet. Es fanden dort in diesem Frühjahr auch Veranstaltungen der Reihe "Zerstörte Vielfalt" statt, mit der an die Verbrechen des Nationalsozialismus erinnert wurde. Was für eine zynische Pointe, wenn demnächst mit der Schließung des Hotels die kulturelle Vielfalt des heutigen Berlins beschädigt würde.

Stuart Pigott, Deutschlands englischer Weinpapst: Zwei mal im Leben war das Hotel Bogota meine Rettung. Und damit meine ich nicht nur, dass ein Zimmer dort monatelang mein Zuhause war, dass ich dort zwei meiner Bücher weitgehend geschrieben habe. Auch das Team hat mich gerettet. In dieser Zeit habe ich Tag für Tag erleben können, was für eine einmalige Berliner Institution das Hotel ist, nicht nur wegen seiner Architektur und Geschichte, sondern auch als Betrieb. Sein Verschwinden wäre ein herber Verlust für die Stadt.

Jan Schütte, Regisseur und Direktor der Deutschen Film- und Fernsehakademie (dffb): Das Bogota war immer eine kleine Insel, ein Rettungsboot für versprengte Reisende. Die kleine Reisegesellschaft aus Brooklyn auf dem Weg nach Polen in meinem Film "Auf Wiedersehen Amerika" klopft erfolglos an, Heiligabend 1992. Aber für mich war wichtig, dass das Hotel und seine wunderbarere Markise in dem Film vorkommen: als Anspielung auf  Emigration und Rückkehr. "Bogota" stand für ein Stück wieder gefundene Heimat.

Oliver Mark, Fotograf: Ich bin dem Haus seit zehn Jahren eng verbunden, habe dort viel fotografiert, lange, bevor das en vogue wurde. Das Engagement für die Fotografie im Bogota ist großartig. Wenn das Hotel verschwindet - das ist für mich wie der Verlust einer großen Liebe.

Beatrice von Bismarck, Professorin für Kunstgeschichte und Bildwissenschaft, Leipzig: Das "Hotel Bogota" zählt für mich zu den außergewöhnlichen Orten in Berlin, die sich über die Jahre eine schnörkellose und gleichzeitig fast exzentrische Direktheit bewahrt haben und diese sowohl mit Charakter als auch mit vielseitigen kulturellem Engagement zu verbinden wussten. Alle Freunde, die ich in über 20 Jahren dorthin empfohlen habe, kommen seither immer wieder, mit derselben Anhänglichkeit und Begeisterung, wie ich sie selbst auch teile. Es sind aussergewöhnliche, unvergleichliche Orte wie diese, denen Berlin seinen Ruf verdankt und auf die die Stadt auch in Zukunft nicht gezwungen sein sollte zu verzichten.

Beat Presser, Fotograf (Basel): Ich sehe es vor mir, das Hotel-Entrée - altes für ewig gehaltenes Bild "meines" Berlin - grrr. ich gestehe, mehrfach im Vorbeifahren geschaut und gedacht zu haben: es ist noch da! Die Wegmacher sind oft genau einen Atemzug vor der handlungsfähigen Verlusterkenntnis soweit organisiert, dass sie wegnehmen was dann unwiderbringlich wird - just bevor eine schäbig-verkennende Kopie

nostalgisiert.

Wieland Speck, Leiter des Panoramas bei den Berliner Filmfestspielen: Dies ist doch mein zweites Heim! Wenn das verloren geht, bin ich heimatlos. Früher bin ich in Berlin immer bei Freunden und Verwandten untergekommen. Aber seit dem Moment vor fünf Jahren, wo sich diese Tür geöffnet hat, bin ich nur noch hierher gekommen. Ich kriege auch immer das selbe Zimmer. Das wäre eine Katastrophe, im Bogota treffen sich doch so viele Leute, Joachim Rissmann macht doch so viel für die Fotografie. Und er ist ein wunderbarer Gastgeber, man fühlt sich wahnsinnig wohl. Das wäre total traurig, wenn es verschwände. Es geht dann wieder ein Stück guter Erde hin.

Ein Gedicht von Rosa von Praunheim

Thomas Böhm, Programmleiter des Internationalen Literaturfestivals Berlin: Ich habe während des letzten internationalen literaturfestivals berlin (ilb) wie viele Autoren des Festivals im Bogota gewohnt.  Mir gefiel nicht nur die Atmosphäre des Hotels, in der sich Weltläufigkeit mit Berliner Geschichte verbinden, sondern die Allgegenwart von Kunst und Literatur. Es war ganz deutlich: dies war nicht einfach ein Hotel, sondern ein Ort der Kultur, ohne den die Kulturstadt Berlin eine Heimstatt für Künstler aus der ganzen Welt verlöre.

Franziska Schmidt, Leiterin der Abteilung Photographie, Villa Grisebach Auktionen: Ich fände es mehr als bedauerlich, wenn es das Hotel nicht mehr geben sollte. Für mich ist ein Besuch im Bogota wie eine faszinierende Zeitreise. Das Gebäude verzaubert einfach. Und es lebt mit Joachim Rissmann, der sich mit großem Engagement und mitreißender Leidenschaft für die Wahrung der Geschichte des Hauses eingesetzt hat. Das Hotel Bogota konnte sich außerdem mit zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen zu einer festen Größe innerhalb der Photographie-Landschaft Berlins und darüber hinaus etablieren.  Wo einst die bekannte Mode-Photographin Yva gewohnt und gearbeitet hat, sind heute international namhafte Photographen und Kulturschaffender zu Gast. 

Jörg Aufenanger, Schriftsteller, Regisseur und Mitbegründer der Künstlergruppe ImWestenWasNeues, die regelmäißg Lesungen im Bogota veranstaltet - am 14. Juni wieder: Das "Hotel Bogota" ist im Laufe der Zeit zu meinem zweiten Wohnzimmer

geworden, meine auswärtigen Freunde bringe ich dort alle unter. Es ist ein Ort, an dem sich exemplarisch die Gegensätzlichkeit deutscher

Geschichte spiegelt, gleichzeitig nimmt mich die Atmosphäre von Vergangenheit und lebendiger Gegenwart bei Vernissagen, Lesungen und

Swing/Tangoabenden gefangen. Eine Oase mitten in der Stadt.

Christian Dunker, Fürst und Iven/Autorenbuchhandlung Berlin: Das Hotel muss unbedingt mit seinem kulturellen Flair in gleicher Besetzung erhalten bleiben. Seit 1964 übernachten im Hotel Bogota ums Eck vom Kurfürstendamm in der Schlüterstraße immer wieder gern Schauspieler, Sänger und vor allem Autoren. Etwa genauso lang erstellt der Naturschutz sog. Rote Listen für gefährdete Tier- und Pflanzenarten. In Berlin verdrängt Kommerz Kultur. Fastfood-Ketten und immergleiche Shoppping-Center zermalmen kreative Ideen. Artenschutzprogramme zum Schutz kultureller Einrichtungen sind längst überfällig. Als autorenbuchhändler treten wir für das Essentielle ein, glauben an blühende Kultur- und  Verlagslandschaften. Für den Erhalt des Bogota sammeln wir in unserer Buchhandlung am Savignyplatz Unterschriften und hoffen auf viele Unterstützer.

Birgit Jochens, Direktorin des Museums Charlottenburg-Wilmersdorf: Es gibt nicht viele Mietshäuser in Berlin, an denen sich die

Wechselfälle deutscher Geschichte so eindrucksvoll ablesen lassen wie an der Schlüterstraße 45 mit dem Hotel Bogota: in der Zwischenkriegszeit

Stätte jüdischen Kunstlebens und Society-Treff, Werkstatt der Avantgarde-Fotografen Yva und Helmut Newton, 1942 Sitz der Reichskulturkammer, in der Stars wie Gustav Gründgens und Heinz Rühmann ihre Gagen aushandelten, Schauplatz des künstlerischen und literarischen Neuanfangs nach der Nazi-Barbarei. Dies der Grund für eine Ausstellung, die das Museum Charlottenburg-Wilmersdorf 2010 gezeigt hat und die ihrer Resonanz beim Berliner Publikum und bei Touristen wegen verlängert werden musste.

Isabelle Azoulay, Schriftstellerin und Mitbegründerin von ImWestenWasNeues: Das Hotel Bogota ist ein Ort für ausgefallene Literatur. Mit der der Initiative „ImWestenWasNeues“ haben wir zahlreiche unorthodoxe Leseabende dort gestalten können. Mal wurden jeden Samtagabend  Goethes „Wahlverwandschaften“ gelesen, im Winter darauf Flauberts „Madame Bovary“. Einen Sommer lang wurden exquisite literarische Erzählungen zum Thema „Hotel“ vorgestellt. „Fräulein Else“ von Artur Schnitzler wurde mit wunderbarem Einfühlungsvermögen von der Schauspielerin Nina Herting vorgetragen. Und wir näherten uns den Nebelmaschinen von Patrick Modiano die im Gefühl von nirgendwo seine Hotelfiguren tanzen läßt. Mit „Hotel Majestic“ wurde ein Abend die burlesque Welt von Georges Simenon lebendig. Und wenn die warmen Sommernächte es ermöglichten, fanden die Lesungen im lauschigem Hotelgarten statt. Auf derart sympathische Weise ist das Hotel Bogota ein Flaggschiff für Kultur in Charlottenburg geworden. Das es nicht mehr sein soll, macht uns untröstlich.

Rosa von Praunheim, Filmregisseur:

Ein Gedicht für das Bogota

wenn alte Steine singen

dann erzählen sie vom Duft der Damen

und den Möpsen

von Stars und ihren Sonderwünschen

und auch von mir

der gerne dichtgedrängt die Körper

alter schöner Damen spürte

und die Kraft der Lenden heimatloser Künstler

all das ist festgeschrieben

und darf nicht sterben

wenn doch

dann wird ein Fluch

die Käufer treffen

und sie für immer impotent

und hässlich machen

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