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Tom Hanks und Ehefrau Rita Wilson bei der Premiere von "Bridge of Spies" in Berlin.
© Axel Schmidt/REUTERS
Update

"Bridge of Spies" in Berlin: Steven Spielberg und Tom Hanks feiern heute Premiere

Als sie an der Glienicker Brücke drehten, kam sogar die Kanzlerin vorbei. Heute Abend feiert der Film "Bridge of Spies" im Zoo-Palast Premiere. Vorher plauderten die beiden nochmal über den Film - und Berlin.

Gerade noch hat sich Pilot Francis Gary Powers über sein Zielgerät gebeugt, hofft auf spektakuläre Fotos aus dem Reich des Bösen, da umzischt schon die erste Russenrakete sein Spionageflugzeug U-2, gefolgt von einer zweiten - und rumms! Plötzlich ein Taumeln, Trudeln, Stürzen, eine Höllentour in die Tiefe aus über 20 Kilometern Flughöhe.

Sekunden voller Panik, bis er scheinbar sicher im Fallschirm hängt, wären da nicht hoch über ihm noch die... Aber das soll jetzt nicht verraten werden, der Ort, an dem der Absturz gedreht wurde, dagegen schon: Flughafen Tempelhof. In einem Hangar wurde eine Blue Screen für digitale Effekte aufgestellt und davor das Cockpit auf einem beweglichen Untergestell nachgebaut, um in aller Ruhe die später hochdramatisch wirkenden Großaufnahmen der abschmierenden Maschine zu drehen.

Die Zeiten der Heimlichtuerei um Drehorte und anderes, gerade bei einem Spionagethriller wie Steven Spielbergs „Bridge of Spies – Der Unterhändler naturgegeben, sind also vorbei. Rechtzeitig zur internationalen Premiere am Freitagabend im Zoo-Palast hat Studio Babelsberg, Coproduzent des Films über den ersten Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke 1962, eine Liste der zehn Berliner und zwei Brandenburger Drehorte vorgelegt, vorneweg die Brücke, deren einwöchige Sperrung mit 23 Behörden und Institutionen abgestimmt werden musste und die bei den Dreharbeiten sogar die Kanzlerin anlockte.

Tom Hanks spielt einen New Yorker Anwalt

In Tempelhof wurde auch die Rückkehr von Powers in die USA gedreht, der passende „Troop Carrier“, eine C-54 Skymaster, steht ja dort zum Glück noch rum. Weiter erscheinen im Film, oft nicht leicht zu identifizieren, das Palais am Festungsgraben, die Humboldt-Universität, das Kino International, das Gleisdreieck, das zum Grenzübergang Friedrichstraße mutierte, die Gedenkstätte Hohenschönhausen, die ein Moskauer KGB-Verlies darstellte, oder auch das S-Bahn-Depot in Erkner. Tom Hanks als New Yorker Anwalt Donavan, der den Sowjetspion Abel verteidigt und seinen Austausch mit Powers arrangiert, sollte schließlich auf authentisch hölzernen S-Bahn-Bänken in Ost-Berlin einreisen.

Solch ein geschichtsgetränkter Film und dann Premiere am Potsdamer Platz? Das wäre etwas schräg gewesen. Zwar war dies ein Hot Spot des Kalten Krieges, aber das sieht man ihm nun wirklich nicht mehr an. Der Zoo-Palast, der trotz aller Umbauten und Sanierungen noch immer den Geist der Fünfziger atmet, war also für den gestrigen Abend klar die erste Wahl, um den roten Teppich auszurollen. Über den schritten am Abend Regisseur Steven Spielberg und sein Hauptdarsteller Tom Hanks, weiter die echte Ehefrau Rita Wilson sowie Filmgattin Amy Ryan, Sebastian Koch, der als DDR-Anwalt Vogel einen wunderschönen Volvo P1800 fährt, und schließlich Burghart Klaußner, im Film der DDR-Generalstaatsanwalt.

Spielberg: "Ich war schon immer Liebhaber historischer Geschichten"

Am Nachmittag hatte sich der Brücken-Trupp bis auf Klaußner zur Pressekonferenz im Ballsaal des Adlon versammelt, moderiert von Sandra Maischberger, alle fünfe von der Glienicker Brücke im Riesenposter-Format dekorativ überwölbt. Vom dortigen Agentenaustausch hatte Spielberg, wie er gestand, erst durch den Drehbuchentwurf des Autors Matt Charman erfahren, der über eine spätere Vermittlerrolle Donovans – er hatte auf Kuba inhaftierte Teilnehmer des Schweinebucht-Desasters freibekommen – auf den Abel-Powers-Deal gestoßen war.

Zu dem auch die Freilassung des US-Studenten Frederic Pryor durch die DDR gehörte – nicht etwa eine Hollywood-Zutat, und auch der DDR-Anwalt Vogel war schon damals aktiv, wie Spielberg auf Fragen aus dem Kreise der internationalen, mit deutscher Geschichte offensichtlich nicht immer sehr vertrauten Journalistenschar versicherte.

Selbstverständlich kam auch die Frage nach der Abkühlung der Beziehung zwischen dem Westen und Russland zur Sprache, doch für Spielberg sind die aktuellen Spannungen mit dem Kalten Krieg nicht vergleichbar. Es sei allerdings frostiger geworden. Der Stoff schließt sich für den Regisseur an andere Filme mit Geschichtsbezug an, die einen großen Teil seines Werks ausmachten: „Ich war schon immer ein Liebhaber historischer Geschichten.“ Doch müssten sich die Liebhaber seiner Fantasy-Familienfilme nicht sorgen, versprach er. Schließlich handelt sein nächsten Projekt „The BFG“ von einem Mädchen und einem freundlichen Riesen.

Der munterste in der Runde war erwartungsgemäß Tom Hanks, überraschend grauhaarig und schnurrbärtig, der auf Nachfrage gerne ein Loblied auf Berlin sang, wo er sich schon so gut auskenne, sogar die Hinterausgänge der wichtigen Hotels seien ihm vertraut, also alles prima, nur auf eines könne er in Deutschland verzichten: "Wetten, dass...?"

Bei den Dreharbeiten war es schrecklich kalt

Aber dafür kann Berlin nichts, das Hanks auch nur mit einem in schlechter Erinnerung hat: die Dreharbeiten auf der Brücke. „Es war schrecklich kalt.“ Nun ja, das kann man so sehen. Für den Abend des Merkel-Besuchs notierte der Tagesspiegel „wiederholt auffrischenden, schneidend kalten Ostwind“ mit Temperaturen bis zu minus drei Grad. Hanks schien noch immer zu bibbern, beschrieb die warmen Mützen und Handschuhe der Crew, während er in dünnen Sechziger-Jahre-Klamotten spielen musste. Was er immerhin zugestand: „Es war passend für einen Film über den Kalten Krieg.“

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