Größte Silvesterparty Deutschlands: Silvester am Tor: Senatsplaner fordert frische Ideen
Die Silvesterparty am Brandenburger Tor spaltet die Gemüter: Braucht das Fest mehr als "laute Musik und Würstchen“, wie Kulturpolitiker meinen? Diskutieren Sie mit!
Für die einen ist es nur noch Ballermann, für die anderen war die größte Silvesterparty Deutschlands auch dieses Mal wieder ein großer Spaß. Die Freiluftfeier zum Jahreswechsel, zu der am Brandenburger Tor diesmal zwar weniger Besucher als sonst, aber immer noch Hunderttausende kamen, spaltet die Gemüter.
Nachdem, wie berichtet, Kulturpolitiker von CDU bis Linke das aus ihrer Sicht fehlende Niveau der Veranstaltung kritisieren und über eine Verlagerung der Feier weg vom Brandenburger Tor nachdenken, macht jetzt der Kulturveranstalter des Senats einen Vorschlag zur Güte.
„Man muss aufpassen, dass sich diese Art von Feier nicht totläuft“, sagt Wolf Kühnelt, Leiter für Veranstaltungen bei der landeseigenen Firma Kulturprojekte Berlin. Kühnelt und seine Kollegen haben unter anderem die viel gelobten Feiern zum 20. Jahrestag des Mauerfalls organisiert. Er bietet an, dass seine nichtkommerzielle Firma sich mit dem kommerziellen Veranstalter der Feier am Brandenburger Tor, Willy Kausch, zusammensetzt, um ein Konzept zu entwickeln, das aus dem Fest an diesem symbolträchtigen Ort wieder mehr macht als „laute Musik und Würstchen“, wie Kühnelt das derzeitige Erscheinungsbild der prominenten Party zusammenfasst.
Aus Kühnelts Sicht hat die Party am Brandenburger Tor lange genug darauf gesetzt, dass Berlins Wahrzeichen als Kulisse ein Selbstläufer ist und kein hochwertiges Programm geboten werden muss, um Hunderttausende aus aller Welt anzulocken. „Berlin hatte den Luxus, sich als neue Metropole selbst feiern zu können“, sagt Kulturmanager Kühnelt. „Aber in ein paar Jahren wird es nicht mehr reichen, einfach das Licht anzuknipsen, und alle feiern mit.“ Das zeigten auch die in diesem Jahr zurückgegangenen Besucherzahlen. Aus Kühnelts Sicht ist es an der Zeit, dass Berlin ein „eigenes Selbstverständnis“ findet, das über bekannte Themen wie Wiedervereinigung hinausgeht – und das dann auch bei Feiern wie der am Brandenburger Tor in Szene gesetzt wird. Was das konkret heißt? Die Antwort darauf könnte nach Kühnelts Meinung ein Runder Tisch erarbeiten, an dem er und seine Kollegen sich beteiligen würden. Partyveranstalter Kausch hatte bereits am Tag nach der Silvesterparty gesagt, dass er zwar auch gerne einiges ändern und mit prominenteren Stars als Jürgen Drews aufwarten würde – aber die Rolling Stones könne man sich eben nicht leisten.
Eine positive Bilanz ziehen die Berlin-Werber von der Tourismus-Marketinggesellschaft BTM. „Berlin genießt als Silvesterziel immer noch einen guten Ruf“, sagt BTM-Sprecher Christian Tänzler. Das liege auch mit an der Feier am Brandenburger Tor, die sich als „visueller Anker“ weltweit etabliert habe. Deswegen lobt Tänzler die Veranstalter dafür, dass sie in diesem Jahr das Brandenburger Tor deutlicher sichtbar gemacht haben, indem die davorstehende Bühne den Blick auf das Bauwerk nicht wie in früheren Jahren verstellte. „Manche Leute mögen eben da sein, wo am meisten los ist“, verteidigt Tänzler das Konzept der Massenveranstaltung. „Wer hochklassige Kulturveranstaltungen will, für den gibt es ja viele andere Angebote.“
Ähnlich sieht man das in der Landesregierung. „Die Silvesterparty am Brandenburger Tor ist zur Marke des wiedervereinigten Berlin geworden“, sagt Senatssprecher Günter Kolodziej. Dabei hätten der symbolträchtige Ort ebenso geholfen wie die hunderttausenden in- und ausländischen Besucher, „die sich auch selbst feiern wollen“. Das Programm „spielt da eher eine untergeordnete Rolle“. Zwar lasse sich das Angebot trotzdem verbessern. „Da sind aber die Veranstalter gefragt.“ Die SPD-Kulturpolitikerin Brigitte Lange bezweifelt, dass es diesen Bedarf überhaupt gibt. Von Freunden, die zum Teil für das Fest aus anderen Bundesländern in die Stadt gereist waren, hätte sie auch dieses Jahr wieder gehört, dass sie begeistert waren. Gerade in der Silvesternacht stehe vielen Leuten der Sinn weniger nach ernsthaften Kulturangeboten, sondern danach, Glühwein zu trinken und sich zu vergnügen, sagt Lange. „Das Bedürfnis erfüllt die Party.“