Berliner Hip Hop: Prinz Kreuzberg
Er rappt über Berliner Frauen, die Bundeswehr und kann auch Wagner: Nun steht das neue Album des Kreuzberger Rappers Friedrich Kautz in den Top Ten der deutschen Album-Charts.
Getanzt wird in der Wiener Straße – wo denn auch sonst, wenn nicht hier mitten in Kreuzberg? Am späten Abend wird Friedrich Kautz, 31, in der alten Rockkneipe „Wild at Heart“ gegenüber der Feuerwehrwache sein neues Album vorstellen, der Rapper arbeitet und wohnt schließlich in diesem Stadtteil und sowieso: Seine neue Hymne spielt hier, sie heißt „Königin von Kreuzberg“.
Friedrich Kautz ist eigentlich Zehlendorfer, aber das nur am Rande, und dass er unter seinem Künstlernamen „Prinz Pi“ nicht ganz unbekannt ist in der Hip-Hop-Szene, zeigt wohl die Tatsache, dass sein neues Album „Rebell ohne Grund“ in dieser Woche prompt in den deutschen Top-Ten-Charts gelandet ist, knapp hinter Max Raabe. Wie sich das anfühlt? „Richtig krass super“, sagt Kautz.
Studentenrapper haben sie ihn genannt, weil es in seinen Reimen nicht immer nur um Schusswechsel, Messerstechereien und Gangbang geht, sondern auch um Liebe, die Bankenkrise und trauernde Familien von Bundeswehrsoldaten. Bei den Songs entsteht schnell Kopfkino. Und auch diese überspitzt gezeichnete Kreuzberger Königinnenhymne, die ein prima Partysong werden könnte, hat eine zweite Ebene: die Kritik am Schickimickischick. „Die Mädchen in der Szene essen wenig bis nichts / Haben alle lange Haare und ein edles Gesicht“, rappt er. Und: „Die Mädchen in der Szene sind so individuell / Dass sie wieder alle gleich sind in diesem Duell / bist du der Piti gegen ’n Chihuahua / Du trägst nie Prada / Du bist die Königin von Kreuzberg“.
Ein Liebeslied sei es, erzählt Kautz, aber kein autobiografisches – seine Freundin kommt aus Frankfurt am Main. Die Idee kam ihm vor einiger Zeit auf einer Fete, „da liefen 99 Prozent Mädchen herum, die alle gleich aussahen: Highheels, Gürtel überm Shirt, Leggins, Pony und roter Lippenstift – es war die reinste Heidi-Klum-Klon-Crew.“ Kautz war froh, als er wieder zu Hause war in seiner Heimatstadt, über die er einst in „Berlin, große Liebe“ so schön rappte: „Atme Luft meiner Stadt/ Riech’ ihren Duft / Den Geruch von Asphalt / Und Parfüm aus den Puffs / Von Autos und Schweiß, U-Bahnhöfen und Parks / Das ist nicht der Nabel der Welt, aber auch nicht ihr Arsch“.
9000 Scheiben hat er von seinem Album in ein paar Tagen verkauft, obwohl er nur selten Aufkleber an Laternen klebt („zu teuer“), wie es in der Szene üblich ist, und auch keine Riesenfirma wie Universal mehr hinter ihm steht. Die haben sich nämlich von ihm getrennt, weil das vorige Album nicht so erfolgreich war. Jetzt ist der Zwischenhändler weg, sagt Kautz. „Wir sind jetzt wie ein Bauer, der seine Erdbeeren direkt an den Kunden verkauft, ohne den Supermarkt dazwischen“. Ihr Label besteht jetzt aus zwei Menschen, einer davon ist Kautz selbst, sie wirken in einer 30-Quadratmeter-Wohnung.
Musiker wie Bushido und Sido haben den Rap in der Stadt erst groß gemacht, weil sich so viele an den Gossen-Reimen gerieben haben, doch der Hip-Hop hat sich weiterentwickelt, man muss nur einmal auf Plattformen wie Youtube gucken, wo tausende Lieder aus Berlin zu hören sind. Viel Geld verdienen lässt sich damit selten, auch nicht von einem wie Prinz Pi, der zu den besten der Stadt gehört und deshalb auf Tour geht. Nach Innsbruck, Wien und Städten wie Düsseldorf, tritt Kautz am 17. April im Columbiaclub am Flughafen Tempelhof auf.
Man sollte sich dann nicht wundern über die langen Haare und den Bart, die er nun trägt. Kautz hat die letzten Wochen am Stadttheater Freiburg mitgewirkt, vor fast 1000 Menschen im „Ring des Nibelungen“. Kautz spielte Siegfried, „diesen unbeholfenen Typ aus dem Wald, deshalb habe ich mein Erscheinungsbild angepasst“. Es war ein fast klassisches Drama, „mit allem Pipapo: Orchester, 50 Tänzer, Opernsängern“.
Aber eben nur fast: Kautz hat Wagner gerappt. War aber kein Problem, sagt Kautz. „Wagners Wortschatz besteht ja irgendwie nur aus 100 Begriffen, es geht dauernd um Blutrache und Ehre – das kann ich als echt harter Berliner Rapper natürlich.“