Street Art: Künstlerhaus Bethanien legt Banksy-Bild frei
Unter 20 Lagen Farbe: Im Künstlerhaus Bethanien ist ein Bild von Banksy aufgetaucht. Der berühmte britische Streetart-Künstler hat es hier vor acht Jahren an eine Wand gesprüht.
Das Bild befand sich unter mehreren Schichten Farbe, um es freizulegen, kamen zwei Restauratoren aus Prag angereist. Zehn Tage trugen sie mit Skalpellen und speziellen Hämmern die zwanzig Farblagen ab. Zum Vorschein kamen fünf lebensgroße Soldaten mit Maschinengewehren und Flügeln auf dem Rücken; unter den offenen Visieren ihrer Helme leuchten gelbe Smiley-Gesichter. Dazu ein roter Schriftzug: „Every picture tells a lie!“, jedes Bild erzählt eine Lüge. Das Werk stammt von Banksy, dem berühmtesten Street-Art-Künstler der Welt. Im Rahmen eines Sprayer-Festivals im Künstlerhaus Bethanien hatte er es vor acht Jahren an die Wand gesprüht, später wurde das Bild einfach übermalt – kurz bevor Banksy internationalen Ruhm erlangte.
Dass es nun wieder zutage befördert wurde, ist Adrian Nabi zu verdanken. Der Graffiti-Aktivist ist Co-Kurator der Ausstellung „Do not think!“, die am Freitag im Bethanien eröffnet wurde und für die er fünf bekannte Street-Art-Künstler gewinnen konnte. Einer von ihnen ist Brad Downey. Der 31-Jährige war neben Banksy einer der Künstler, die Nabi im Sommer 2003 zu seinem „Backjumps“-Festival eingeladen hatte. Als er nun aufgefordert war, den Raum nach seiner Vorstellung zu gestalten, ließ er die Arbeit seines mittlerweile berühmt gewordenen Kollegen freilegen. Die restlichen Wände des Raumes ließ er rot streichen und an manchen Stellen viereckige Stücke aus dem Putz herausfräsen. Darunter liegt feiner Staub auf dem Boden. „What lies beneath“ lautet der Titel der Arbeit.
Die Gestaltung des Raumes sei für ihn eine Art Zeitreise gewesen, sagt Brad Downey. Diese führte den in Berlin lebenden Amerikaner zu den Anfängen seiner künstlerischen Karriere: Die Bethanien-Ausstellung vor acht Jahren war seine erste in Europa. Damals habe noch die reine Kunst im Mittelpunkt gestanden, sagt Downey. Heute hingegen würden die Werke vor allem nach ihrem ökonomischen Wert beurteilt. Ein Umstand, den Downey mit „What lies beneath“ thematisiert. Es gehe ihm nicht vorrangig um Banksys Arbeit, sondern darum, den Kunstmarkt zu kritisieren.
Banksys Werdegang ist dafür ein gutes Beispiel. Noch zur Jahrtausendwende war der ein weitestgehend unbekannter Street-Art-Künstler, der seine Schablonenbilder in Großbritannien, Israel, Mexiko und den USA auf Wände sprühte. Auch nach Berlin kam Banksy mehrfach, vor allem in Kreuzberg und Mitte konnte man seine Bilder sehen, über 30 Arbeiten dokumentierten Fans im Internet. Die meisten von ihnen sind mittlerweile verschwunden. Übersprüht von anderen Sprayern. Oder von ahnungslosen Hausbesitzern einfach entfernt.
Doch dann wurde Banksy für seine politisch-subversiven Bilder berühmt. Und so wurde eines der letzten verbliebenen Werke, eine knapp zwanzig Zentimeter große Ratte, vor drei Jahren von einem professionellen Restauratorenteam von einer Wand des Alten Garnisonsfriedhofs in Mitte entfernt und im Internet versteigert. 10 000 Pfund war das Mauerstück einem Sammler Wert. Der Hype erreichte im vergangenen Jahr seinen Höhepunkt, als der Künstler auf der Berlinale den Film „Exit Through The Gift Shop“ vorstellte. Wie immer gab er sich dabei nicht zu erkennen. Und natürlich brachte auch der Film kein Licht ins Dunkel um den Mann, der seine Identität streng geheim hält. Weder sein richtiger Name noch sein Geburtsdatum oder sein Gesicht sind bekannt – auch die Leute aus der Szene halten dicht. Was man weiß: dass Banksy Brite ist und derzeit in London wohnt.
Was mit dem Bild im Künstlerhaus Bethanien nach Ende der Ausstellung passiert? Brad Downey, der Ende des Monats im Gestalten-Verlag den Bildband „Spontaneous Sculptures“ veröffentlicht, zuckt gleichgültig mit den Schultern. Vielleicht wird er es einfach wieder übermalen lassen, sagt er.
Künstlerhaus Bethanien, Mariannenplatz 2, Kreuzberg, bis 29. Oktober, täglich 12-19 Uhr, Eintritt frei