Fernsehturm: Kugelrunder Geburtstag
Selbst aus Japan kamen am Sonnabend die Besucher im Fernsehturm. Zur Jubiläumsfeier standen sie geduldig an.
Kaoru Harube kommt aus Kyoto, aber sie weiß, dass heute in doppelter Hinsicht ein besonderer Tag ist. „Ja, heute ist Tag der Einheit, und außerdem wird dieser Turm heute 40 Jahre alt“, sagt die Japanerin und kauft neun Eintrittskarten für ihre Reisegruppe. Dass alle wegen des großen Andrangs rund anderthalb Stunden warten müssen, bis das Absperrband in Richtung Aufzug beiseite genommen wird, stört sie nicht. Anna Griebenow, 89, dreht aber um. „Ich war auch schon im Eröffnungsjahr oben, so lange kann ich nicht mehr warten.“
Einige der Gäste müssen erst ein wenig suchen, bis sie den Eingang finden. Von der Freitreppe auf der Rückseite des Turms am Neptunbrunnen führt der Weg rechts vorbei an einem Spanferkel am Spieß bis zur Kasse. Dort blicken die Gäste wie am Flughafen auf das Wanddisplay mit Ticketnummern und Zeiten. Andere lassen sich ihren Einlass per SMS aufs Handy senden und sehen sich derweil die Ausstellung zur Geschichte des Turmes im Foyer an.
Auch für Empfangschefin Sabine Erbert ist der Geburtstag des Wahrzeichens „etwas Besonderes, na klar“. Sie freut sich darüber, „dass der Turm immer noch für so viele Leute aus aller Welt ein Anziehungspunkt ist“. 4000 Gäste im Schnitt täglich, jedes Jahr 1,2 Millionen Besucher fahren hinauf in 203,78 Meter Höhe bis in die Kugel hinein.
Schon aus Sicherheitsgründen dürfen nur begrenzt Gäste im Telecafé Platz nehmen. Am Jubiläumstag werden die Besucher höflich darauf hingewiesen, dass sie wegen des großen Andrangs bitte nicht länger als eine Stunde verweilen, so lange, wie der Restaurantboden braucht, um sich einmal um 360 Grad zu drehen. Ein bisschen diesig ist es, in den Straßen sind die Riesenpuppen, anders als am Vortag, gerade nicht auszumachen. Wie breit die Spree wirkt! Und auf dem Schlossplatz-Rasen ist ein großes Herz eingeritzt! Mehr als 40 Kilometer weit konnte man gestern blicken, die Metropole liegt einem zu Füßen, man kann ihre Grenzen ins grüne Umland von hier oben aus erfassen. Cobie Decker aus dem niederländischen Noordwyk hat sogar den Wasserturm in Prenzlauer Berg ausfindig gemacht. Nur Rollstuhlfahrer drehen enttäuscht ab, sie dürfen wegen eines fehlenden Fluchtweges nicht nach oben, deshalb gibt es auch Proteste.
Am Ehrentag hält die 20-köpfige Restaurantcrew eine Nostalgie-Speisekarte bereit. „Besonders gut geht Toast Hawaii“, sagt Restaurantmanagerin Cornelia Ast. Und das Schweinesteak „au four“. An der Cocktailbar kann man wie zwischen 1969 und 1979 „Gelbe Rose im Glas“ bestellen, Eier- und Kirschlikör.
Dann rauscht der Aufzug wieder hinunter, „mit sechs Meter pro Sekunde“ erklärt Liftwart Isaias Hele, gebürtiger Mosambikaner, freundlich. „Und, die Sicht war so gut, dass man bis nach Afrika gucken konnte, nicht wahr?“, schiebt er einen Witz hinterher, das gefällt seinen Gästen. Da macht es nichts, dass manche im Aufzug an den Oriental Pearl Tower in Shanghai denken müssen, mit 468 Metern vierthöchster Fernsehturm der Welt, der hat gleich zwei Kugeln, und in einer kann man sogar mit einer Achterbahn fahren.
Annette Kögel
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