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Die "Stäv": Kabänes und Liebe zum Karnevalsbeginn in Berlin

Am 11.11. um 11.11 Uhr hat die Karnevalssaison begonnen. In Berlin ist die "Ständige Vertretung" am Schiffbauerdamm ein Fixstern des Frohsinns.

Wer etwas auf Klischees hält, den wundern die Ressentiments wenig, mit denen die Preußen (vertreten durch die Einwohner Berlins) den Rheinländern (vertreten durch die Kneipiers Friedel Drautzburg und Harald Grunert) begegneten. Hier spaßferne Prinzipienreiterei, dort quasi- südländisches Laissez-faire. Explosive Mischung. Soweit die Vorurteile.

Doch auf der Homepage der „Ständigen Vertretung“, kurz „Stäv“, gibt es dann auch dieses Foto: Ein noch deutlich jüngerer Drautzburg und ein deutlich jüngerer Grunert gucken bedröppelt in die Kamera. Das Graffiti auf der Hauswand hinter ihnen schreit: „Bonner verpisst euch!“. Soweit die Realität.

Organisierter Ausnahmezustand

In keinem Punkte dürfte das kulturelle Missverständnis größer sein als beim Karneval. Jener Saison des organisierten Ausnahmezustandes, die an diesem Dienstag, dem 11.11. um 11.11 Uhr einmal mehr ausgerufen wird. Schunkeln, Schlagermusik, wildfremde Menschen, die sich nach vier, fünf Gläschen Kräuterlikör der Marke „Kabänes“ ewige Liebe schwörend in den Armen liegen: Je nach Geburtsort ist das der Himmel oder die Hölle auf Erden.

Wer sich ein eigenes Bild davon machen will, ist in der „Stäv“, der selbst ernannten Botschaft des Rheinlands in Berlin, sicher nicht verkehrt. 1997 vom einstigen Anti-Regierungsumzugsaktivisten Drautzburg („Ja zu Bonn“) und dem späteren ersten Karnevalsprinzen der neuen Hauptstadt (Harald I.) unweit des Regierungsviertels eröffnet, ist sie ein Fixstern des hauptstädtischen Frohsinns.

Ab dem Vormittag des 11. Novembers trifft sich hier der harte Kern der Berliner Narren zum Kölschumtrunk. Für die große Party am Abend sind die Räumlichkeiten am Schiffbauerdamm dann allerdings seit Jahren zu klein geworden und so werden diese Festivitäten regelmäßig ausgelagert. Dieses Jahr sogar doppelt: in den Soda Club in der Kulturbrauerei und ins Ballhaus Berlin in der Chausseestraße. Im Soda Club sorgt ein DJ für die Musik, im Ballhaus soll eine Blaskapelle aufspielen.

Exilanten, Touristen, Politiker

Auch außerhalb der Saison aber findet die „Ständige Vertretung“ ihr Publikum: Exilanten, Touristen, gelegentlich auch der ein oder andere Politiker sitzen in direkter Nachbarschaft des Berliner Ensembles unter den Augen von Ex-Kanzlern und internationalen Würdenträgern, deren Fotos die Wänden schmücken.

Neben dem Haupthaus gibt es inzwischen auch eine „ Stäv“ auf Sylt, in Bremen, Hannover sowie am Flughafen Köln-Bonn. Auch am BER könnte es eine geben, würde der denn jemals eröffnen.

Die Speisekarte zeigt sich rheinisch offenherzig dem Gastland gegenüber. In der Hauptstadt sind Buletten und auch Leber „Berliner Art“ darauf zu finden. Der Großteil des Angebots aber ist treu der Heimat verbunden. Sauerbraten gibt es, „Kölsche Hämmchen“ sowie „Himmel un Ääd“, also gebratene Blutwurst auf Kartoffelpüree.

Die Currywurst geht im Gedenken an Gerhard Schröder als „Altkanzler-Filet“ durch, die Meinungen der Kundschaft darüber sind allerdings gespalten. Bei Hobbygastrokritikern im Internet reichen die Meinungen von „fad“ bis „1 A“.

Der servierte Flammkuchen hingegen findet allseits großes Lob. Und auch den gibt es selbstredend in einer „Rheinischen Version“: mit Apfelkompott, Zwiebeln und – Blutwurst.

Schiffbauerdamm 8, 10117 Berlin. Montag bis Sonntag 10.30 bis 1 Uhr, Montag bis Freitag Mittagstisch von 11 bis 15 Uhr

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