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Der Cirque du Soleil des Urban Dance - die Flying Steps.
© Thilo Rückeis

Urban Dance: Illusion oder Können

Mit ihrer Show "Flying Illusion" verzaubert die Tanztruppe "Flying Steps" ihr Publikum. Im März gehen sie auf Tour, im Gepäck haben sie Magie á la David Copperfield.

Nahezu mühelos stemmt sich Benny Kimoto auf einem Arm in die Luft und verharrt regungslos. Air Freeze. Leichte Übung für einen, der seit 18 Jahren beinahe nichts anderes macht. Einer der weltbesten Breakdancer, durchtrainiert, Headspin-Weltrekordhalter, mehr als 60 Umdrehungen auf dem Kopf um die eigene Achse. Mit seiner Crew, den mehrfachen Weltmeistern Flying Steps, bereitet er sich auf die neue Show „Flying Illusion“ vor. Mit Zaubereuropameister Florian Zimmer wollen sie den Tanz und magische Illusionen verbinden.

Es geht um den Kampf der Flying Heroes gegen die Dark Illusions, Gut gegen Böse. „Die Zuschauer sollen nicht unterscheiden können, ob das Illusion ist oder Können“, sagt Vartan Bassil, 38. Er gründete 1993 die Flying Steps und dirigiert sie heute als künstlerischer Leiter vom Bühnenrand.

Die Show startet im März im Tempodrom, geht anschließend auf Deutschlandtour. Bassil verspricht Bewegungen, die es so bisher nicht gibt. Kimoto wird mitten im Headspin anfangen zu schweben. Zwei Tänzer sollen gleichzeitig über die Bühne fliegen, der doppelte David Copperfield.

Für die Illusion ist Florian Zimmer zuständig. Der Zauberer aus Ulm wurde 2005 Europameister der Magie und gehört zu den Stars der Szene. Als er zwei Jahre später mit dem „Golden Lion Award“ von den Altmeistern Siegfried und Roy in Las Vegas ausgezeichnet wurde, saß Michael Jackson im Publikum. Begeistert vom Können des Schwaben lud ihn der 2009 verstorbene Jackson zu sich nach Hause ein. Privatvorstellung im Wohnzimmer. „Michael war ein großer Fan von Magie. Er freute sich wie ein kleines Kind“, sagt Zimmer. Bei der Show der Flying Steps bleibt er im Hintergrund.

Die Magie nutzt er auch im Alltag für sich, ob beim Geschäftstreffen oder in der Kneipe. Oder wenn ihn Türsteher wegen der Sperrstunde nicht mehr in einen Nachtclub lassen wollen, wie es ihm in Los Angeles passierte. Nach etwas Zauberei war das Problem erledigt. „Die sind fast durchgedreht und haben uns doch reingelassen, sogar als VIP-Gäste“, sagt er. Nach den Auftritten mit den Flying Steps will er mit lauter neuen Tricks auf eine eigene Tour gehen.

Marke und Tanztruppe

In Berlin schwitzen die elf Tänzer der „Flying Illusions“-Truppe stundenlang in der Flying Steps Academy in den ehemaligen Aqua-Butzke-Werken am Moritzplatz. Helle Wände, riesige Spiegel, laute Hip-Hop-Beats. Draußen warten Jugendliche, bis ihre Tanzkurse in Breakdance, Popping, Locking oder House beginnen. Urban Dance, das moderne Ballett. Auch Bassils zwölfjährige Tochter übt hier. Die Steps sind längst mehr als eine Tanztruppe. Sie sind eine eigene Marke, ein Unternehmen mit 30 freiberuflich angestellten Tänzern und einem Dutzend Bürokräften. Das war nicht immer so.

Als Vartan Bassil die Truppe 1993 im Haus der Jugend am Nauener Paltz im heutigen Gesundbrunnen gegründet hat, war an den Erfolg nicht zu denken. Inspiriert vom Breakdance-Film „Beat Street“ wirbelten die jungen Tänzer auf am Boden liegenden Pappkartons umher, maßen sich mit anderen Breakdancern aus ganz Europa. Kimoto kam 1998 aus der Schweiz nach Berlin, um professioneller Tänzer zu werden. „Ich wusste, dass es hier tanzmäßig abgeht“, sagt er. Er schmiss die Schule und gewann mit den Flying Steps beinahe alles, was es zu gewinnen gab. Die Truppe veröffentliche auch eigene Musik.

Vom Pappkarton aufs Parkett

Der Ruhm in der Szene war nicht gleichbedeutend mit einem dick gefüllten Bankkonto. „Es gab viele Rückschläge, wir hatten oft Zukunftsängste“ sagt Bassil. Kaum Geld in der Tasche, wieder bei Mama essen. 2007 eröffneten sie die Tanzschule, und als sie 2010 mit dem Crossover-Projekt „Flying Bach“ für Furore sorgten, kamen Konstanz und Sicherheit in das Leben. Gemeinsam mit Opernregisseur Christoph Hagel verbanden sie in der mit dem Klassik-Echo ausgzeichneten Show Breakdance und klassische Musik, holten Teenager in Konzertsäle und brachten Liebhaber der Hochkultur mit der Straßenkultur zusammen. Sie tanzten im Wiener Burgtheater und in Dubai, in den Vereinigten Staaten und im alten Plenarsaal in Bonn. „Vom Pappkarton aufs Parkett“, sagt Bassil. Die Show tourt noch immer.

Auch der damalige Partner Hagel hat ein neues Breakdance-Projekt. Im Wintergarten inszeniert er mit den Tänzern der erfolgreichen Schweinfurter Gruppe DDC Company und dem Beatboxer Robeat das Stück „Breaking' Mozart“, eine Mischung aus Tanz, Comedy und den Werken des Genies, klassisch am Klavier und modern als Hip-Hop- und Techno-Version interpretiert. Hagel ist für seine moderne Adaption alter Stoffe bekannt. So hatte er 2008 „Die Zauberflöte“ im U-Bahnhof „Bundestag“ aufgeführt. Vogelfänger Papgeno wurde da zum Hartz-IV-Empfänger und Überlebenskünstler in der Großstadt.

Vartan Bassil von den Flying Steps freut sich darüber, dass seine Leidenschaft weiter in die Mitte der Gesellschaft rückt. „Unser Ziel war immer, dass die Leute Breakdance als Kunstform wahrnehmen“, sagt er. Nun sei das einstige Nischenprodukt gefragt wie nie, ob im Theater oder beim Film.

Der Cirque du Soleil für Urban Dance

Die Flying Steps haben schon Anfragen für ein weiteres Klassik-Projekt im kommenden Jahr. Und selbst jede Menge Ideen für neue Shows. So was wie der Cirque du Soleil für Urban Dance zu sein, gleichzeitig mit mehreren Shows um die Welt zu touren, das würde Bassil gefallen. Und natürlich mal in Las Vegas zu spielen.

Doch auch abseits der großen Bühnen fühlen sie sich wohl. Wenn sich im Club mal eine Möglichkeit ergebe, „springen wir da rein und tanzen“, sagt Bassil. Fast wie früher, nur ohne Pappkarton.

Flying Illusion, 21.–24. März im Tempodrom, Möckernstraße 10, Kreuzberg, ab 39,50 Euro. Infos: www.redbullflyingillusion.com. Breakin’ Mozart, 19. Februar bis 7. Juni im Wintergarten Varieté, Potsdamer Str. 96, Tiergarten, ab 24,50 Euro. Infos: www.wintergarten-berlin.de

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