Humboldtforum: Erst das Schlösschen, dann das Schloss
Das Legoland am Potsdamer Platz ist Erster: Es hat sein Humboldtforum schon fertiggestellt Gegenüber vom Lustgarten geht es gemächlicher voran, da stehen jetzt 15 Meter Fassade.
Die goldene Kuppel thront über einer imposant verzierten Fassade. Sandsteinfarbene Säulen säumen das Eingangsportal. Hier strömen die Touristen bereits scharenweise ins neue Berliner Stadtschloss. Pascal Lenhard steht mit leuchtenden Augen vor dem Bau. „Das ist mein Meisterwerk“, sagt er, „ich bin stolz wie Oskar.“ Was die Stiftung des Humboldtforums erst noch stemmen muss, hat er gerade vollbracht: Er hat das Berliner Schloss wieder aufgebaut. Seit gestern ist es das neue Glanzstück des Legoland Discovery Centres am Potsdamer Platz.
Aus 400 000 Legosteinen hat der 40-jährige Berliner in den letzten eineinhalb Jahren eine Miniatur des Schlosses erbaut. In seiner Werkstatt im Keller des Discovery Centres. Nach den Originalplänen des Stadtschlosses. Seit gestern ist es in der Ausstellung zu sehen – und wirkt dabei noch filigraner nachgestellt als etwa der Reichstag oder der Dom in dieser Schau der kleinen bunten Klötzchen.
„Das sind alles Original-Legosteine, es gibt keine Ausnahme“, sagt Lenhard, „man könnte es genau so zu Hause nachbauen“. Eine Ausnahme gab es aber doch: Die Kuppelteile gab es von Lego nicht in goldener Farbe – also musste man selbst sprühen. 1200 Stunden hat Lenhard an dem Werk gesessen, am Schloss selbst hat er alles alleine gemacht. Der reine Materialwert der Legosteine beträgt 30 000 Euro, auf drei mal zwei Metern Fläche sind 300 Kilo Legosteine verbaut worden. Die Kuppel hat die stattliche Höhe von 1,25 Metern.
Der Modellbauer hat sich mit den Architekten des echten Humboldtforums ausgetauscht: Lenhard hat York Stuhlemmer etliche Besuche abgestattet. Stuhlemmer ist der vom Förderverein Berliner Stadtschloss mit den Fassadenplänen beauftragte Architekt. Er ist beeindruckt von Lenhards Legoschloss. „Hier, weißt du noch, als du damit angekommen bist?“, fragt Stuhlemmer Lenhard und zeigt ein Bild auf seinem Smartphone in die Runde. Es zeigt erste Legoentwürfe in matten Farben und grobem Bau. Kein Vergleich mit dem prächtigen, akribisch verarbeiteten Legoschloss, das jetzt dort steht.
So ähnlich verhält es sich mit dem Stück Fassade, das jetzt am östlichen Rand der künftigen Schlossbaustelle am Schlossplatz gegenüber dem Lustgarten errichtet wurde, bereits die beachtliche Höhe von fünfzehn Metern erreicht hat und vor aller Augen demonstriert, wie der Nach- oder Neubau vom Stadtschloss einmal aussehen könnte. Auch das neue alte Schloss wird ein großes Puzzle, nur eben mit echten, schweren Steinen, mit frisch gebrannten Ziegeln, Stück für Stück. Und mit Fassadenschmuck, der in verschiedenen Ateliers mühsam Gestalt annimmt. Der Verkehr flutet vorüber, mittags um zwölf unterbricht nur das Geläut der Glocken vom Berliner Dom gegenüber die Monotonie des zugigen Januartages. Wer genau hinschaut, sieht über der unteren Reihe von Ziegelsteinen ein von Meisterhand bearbeitetes Gesimsband aus schlesischem Sandstein. „Scharruren“ nennt der Steinmetz die Zierhiebe, die den Stein plastischer erscheinen lassen – unendlich viel Mühe und Geduld werden nötig sein, die Fassade detailgetreu zu erneuern, allein das Mauerwerk ist 64 Zentimeter stark. Die Musterfassade sei ein Versuchslabor, sagt York Stuhlemmer, der mit seinem Vater seit 2001 die Einzelteile vom Schloss plant, auf dem Papier, also auf hunderten von Zeichnungen, sei das Schloss zu 95 Prozent fertig. Und das Wappenschild, das nun am kommenden Dienstag an der Fassade angebracht werden soll, liegt, 600 Kilo schwer, gut verpackt auf einem Teppich – 3000 solcher Schmuckelemente müssen aus tonnenschweren Pirnaer Sandsteinblöcken gehauen werden: Viel Arbeit für die Steinmetzkünstler in der Schlossbauhütte in Spandau. 590 Millionen kostet das Projekt, dessen Grundstein 2013 gelegt werden soll, das ist doch eine Kleinigkeit mehr als beim Legoschloss am Potsdamer Platz. Von dem können sich Schloss-Architekt Franco Stella und sein Fassadenplaner Stuhlemmer zukünftig inspirieren lassen, wenn sie beim Bauen mal der Mut verlässt.