zum Hauptinhalt
Der Tresor feiert Geburtstag.
© promo

Tresor-Club: Die Party dauert jetzt schon 20 Jahre

Technomusik hat ihn berühmt gemacht: Der Tresor-Club feiert Geburtstag. Vom ersten Tag an ist der Tresor ein Ort, an dem Vergangenheit und Zukunft unwichtig sind. Was zählt, ist das Hier und Jetzt.

Dieser Geruch. Eine Mischung aus Moder und Schimmel. Wolfram Neugebauer hat ihn heute noch in der Nase, wenn er an seinen ersten Besuch im Tresor denkt. Es war der Abend der Eröffnung, damals war er nur Gast. Der spärlich eingerichtete Kellerraum beeindruckte ihn nicht gerade. Zwei Bierkästen mit einem Brett drüber bildeten die Bar. Mitten im Raum lag eine Getränkepalette aus Sperrholz, das war die Bühne für die DJs. Auf eben dieser Bühne stand Neugebauer alias Wolle XDP wenige Zeit später selbst und befeuerte die tanzende Menge mit hartem Techno.

An diesem Wochenende feiert der Tresor seinen 20. Geburtstag, Gratulanten wie Ian Pooley und Mark Flash haben sich angesagt. Es ist der Auftakt zu einer Reihe weiterer Veranstaltungen, die sich dem Jubiläum in den kommenden Tagen widmen werden. Dass sich Betreiber Dimitri Hegemann mit Berlins erstem Techno- Club zwei Jahrzehnte behaupten würde, hätte zu Beginn wohl niemand vorauszusagen gewagt. Mittlerweile ist der Tresor eine etablierte Marke, ein gut laufendes Unternehmen mit eigenem Plattenlabel und künstlerischen Ambitionen.

„Das Herausragende am Tresor war, dass die Macher mit ihrem musikalischen Konzept nicht auf Gefälligkeit ausgerichtet waren“, sagt Neugebauer, 43. Er gehörte Mitte der 90er Jahre zu den Resident-DJs des Clubs. Die konsequente Radikalität, mit der das Team um Dimitri Hegemann den Laden an der Leipziger Straße in Mitte betrieb, faszinierte ihn. Hier sollte keine seichte Musik gespielt werden. „Wem die Bretter vor dem Kopf nicht bekamen, der sollte halt nach Hause gehen“, sagt Neugebauer.

Sven Väth, Tanith, Jonzon, Paul van Dyk, Mitja Prinz, Wolle XDP, Clé, Marusha und Ellen Alien – das sind die DJs, die den Tresor bekannt gemacht haben. Auch Stars wie Jeffs Mills, Juan Atkins und Blake Baxter kamen regelmäßig und trugen zum Ruhm des Clubs bei. Ellen Alien, die mittlerweile das Label BPitch Control betreibt, erinnert sich gern an die gemeinsamen Abende mit Tanith. „Er war der erste männliche Kollege, mit dem ich länger zusammen als DJ-Team gerockt habe.“ In dieser Zeit habe sie viel über das Auflegen gelernt.

Welche Bedeutung der Tresor für die Berliner Clubszene hat, wird erst im Rückblick klar. Wir schreiben einen kalten Januartag im Jahr 1991. Der Verkehr schiebt sich nur langsam über die Leipziger Straße Richtung Westen. In einem der Autos sitzen drei Männer: Jonny Stieler, Achim Kohlberger und Dimitri Hegemann. Sie fahren ohne Ziel, wollen sich einfach nur umgucken. Hier im Osten stehen seit dem Fall der Mauer viele Gebäude leer, vielleicht findet sich ja eines, in dem man Partys veranstalten kann – das Ufo, das sie kurz zuvor noch gemeinsam betrieben haben, musste schließen. Ihr Wagen kommt vor der Nummer 126 zum Stehen, unmittelbar vor einem maroden Gebäude, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer „Wertheim“-Filiale gehörte. Die Männer steigen aus und sehen sich das Ganze näher an. Sie sind fasziniert. Ein paar Tage später überlässt ihnen ein Hausmeister die Schlüssel. Kurz darauf feiert der Tresor Eröffnung. Es ist die Geburtsstunde einer Clublegende.

Vom ersten Tag an ist der Tresor ein Ort, an dem Vergangenheit und Zukunft unwichtig sind. Was zählt, ist das Hier und Jetzt. Unter der Erde, zwischen leeren rostigen Schließfächern und kargen Betonmauern, interessiert sich niemand für die Herkunft und die Geschichte der anderen, für die Frage nach Ost oder West. Es geht um etwas Größeres: um die Entstehung einer neuen Jugendkultur. Es geht um gnadenlos harte Bässe, um gleißende Stroboskoplichter, um den Exzess bis zur körperlichen Erschöpfung. Ohne den Tresor hätte es Clubs wie das E-Werk oder das Berghain vielleicht nie gegeben.

14 Jahre residiert der Club im einstigen Tresorraum des Wertheim-Kaufhauses. Im Frühjahr 2005 kommt das vorläufige Aus. Dimitri Hegemann und sein Team müssen das Gebäude verlassen. Wenig später wird es abgerissen, weil Platz für einen Bürokomplex geschaffen werden soll. Den Tresorraum lässt Hegemann ausbauen und einlagern. Zwei Jahre später, bei der Wiedereröffnung im stillgelegten Heizkraftwerk an der Köpenicker Straße, wird er wieder aufgebaut.

Auch Wolfram Neugebauer legt immer noch regelmäßig im Tresor auf, wenn auch nicht mehr so häufig wie früher. Modrig riecht es heute in dem Club nicht mehr. Ein Umstand, den der DJ sehr angenehm findet.Nana Heymann

Köpenicker Straße 70 in Mitte, 0 Uhr

Zur Startseite