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Adria
© Mike Wolff

Ferran Adrià: Der Kochtopf-Flüsterer

Da können sich unsere Lafers und Schuhbecks ja nun drehen und wenden, wie sie wollen: Der bekannteste und einflussreichste Koch der Gegenwart ist Ferran Adrià. In Berlin stellt er sein neues Buch vor.

Wenn der Katalane Ferran Adrià so dasitzt auf dem Sofa im Konferenzraum in der Friedrichstraße, untersetzt und mit kleinem Kugelbäuchlein, dann geht ihm die Aura des Kochtopfmagiers völlig ab. Er erzählt, assoziiert, spottet routiniert über die Vorurteile, die ihm und seiner Küche entgegenschlagen – und vergisst nicht, auch das Buch im Blick zu behalten, das ihn nach Berlin geführt hat. „Bester Koch der Welt“ schreit die Bauchbinde, „bestes Restaurant der Welt“, das wäre vielleicht nicht unbedingt notwendig gewesen, denn der mächtige Wälzer „Ein Tag im elBulli“ (Phaidon) hat ein eher bescheidenes Ziel: detailliert vorzuführen, wie das Restaurant funktioniert.

Unglaublich viele Fotos sind drin, dazu auch einige komplexe Rezepte, aber der Meister selbst warnt: „Das ist kein Kochbuch“. Wer beispielsweise nicht in der Lage ist, je 20 Gramm von acht verschiedenen Algensorten aufzutreiben, wird sich schon deshalb aufs Lesen beschränken müssen. Doch die Rezepte sind ohnehin eher als Muster zu verstehen, sagt er, das Buch reflektiert den Stand von 2006 – und er hat im Moment noch kaum eine Vorstellung von dem Menü, das es geben wird, wenn das Restaurant am 16. Juni für dieses Jahr öffnet. Avantgarde, technische Details, das langweilt ihn ohnehin, „wir sollten viel mehr von Genuss reden, denn das ist mein Thema. Wenn sich die Leute einen Hollywood-Film ansehen, dann wollen sie unterhalten werden und nicht darüber reden, wie dieser Film technisch gemacht ist.“

Wozu dann das Buch? „Wir befinden uns jetzt in einer Phase der Erklärung“, sagt Adrià, „bei uns wird jedes Jahr alles verändert, und nur sehr wenige Menschen haben die Möglichkeit, das Restaurant zu besuchen, deshalb brauchen wir ein Buch.“ Eine Art audiovisueller Katalog ist in Vorbereitung; Adrià hat nie ein Geheimnis aus seinen Rezepturen gemacht und gerade damit seinen enormen Einfluss begründet. Was ist grad aktuell? Er erzählt von einem Papier, das nach Austern schmeckt, obendrauf kommen Schalottenwürfel und Rotweinessig, die klassische französische Begleitung zu Austern – und fertig ist das Spiel mit der Dekonstruktion bekannter Kombinationen, das ihn berühmt gemacht hat.

Die Küche Adriàs wird in den Medien meist auf ein paar Effekte reduziert, Schäume, Schockfrieren mit Stickstoff, „viele glauben, dass ich da ein Labor mit Wissenschaftlern betreibe, dabei ist es ein Handwerksraum, und ich habe 40 Köche.“ Kürzlich hat ihn die Deutsche Presse-Agentur mit dem Satz zitiert, „auch ich habe mit einem Übermaß an Schaumgerichten gesündigt“. Dies weist er weit von sich, „Solche Sachen begleiten mich seit 25 Jahren“ seufzt er, „und ich höre seitdem, meine Küche sei eine Mode. Dabei weiß niemand, auch ich selbst nicht, was El Bulli 2009 sein wird.“ Möglicherweise bringt der Film Aufschluss, der gegenwärtig von einem deutschen Regisseur gedreht wird. „Wenn man das sieht, dann merkt man, was das für ein Wahnsinn ist, und wozu, fragt man sich?“ Um jedes Jahr nicht nur neue Gerichte zu finden, sondern eine neue Küchensprache – dafür brauche er diese Mittel. Ohne Alleinvertretungsanspruch: „Natürlich kann jeder so essen und kochen, wie er will.“

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