Mode-Label Antonia Goy: Das Ein-Frau-Jobwunder
Antonia Goy macht Mode in Berlin. Doch Erfolg bringen nur internationale Auftritte.
Antonia Goy denkt gerade über die Anschaffung eines EC-Kartenlesegerätes nach. Die Leute, die in ihren Laden kommen, wollen ihre Kleidung kaufen, jetzt und sofort. Ein bisschen scheint das die Designerin zu erstaunen, denn der Laden ist eigentlich nur einem typischen Berliner Zweitnutzungskonzept geschuldet – wahrscheinlich gibt es nirgendwo auf der Welt so viele Designer, die sich einen Laden wegen des schönen Hinterzimmers mieten. Aber was Antonia Goy macht, kann man inzwischen getrost als ein Berliner Geschäftsmodell bezeichnen: Lokal Kleider verkaufen und trotzdem professionell in der internationalen Modeszene auftreten. Denn der Erfolg von Designern misst sich noch immer an deren Präsenz in aller Welt. „Berlin ist zwar das Mekka für kleine Modemacher, aber noch immer kein Maßstab für internationalen Erfolg“, sagt Antonia Goy. Gerade ist sie aus Paris zurück, wo sie ihre Kleider im Rahmen der Prêt-à-porter- Schauen zeigte.
Hier in Berlin muss sie sich erst einmal wieder an die Dreiteilung gewöhnen: Vorne im Laden hängen die Kleider für diesen Herbst. Weiter hinten steht ein Kleiderständer mit der Kollektion für Frühjahr/Sommer 2008. Und auf dem großen Zuschneidetisch liegen Skizzen – gedanklich ist sie schon ein Jahr weiter, im nächsten Herbst. Gerade nachts bleiben viele Passanten vor dem Schaufenster in der Brunnenstraße in Mitte stehen – Laden und Atelier sind durch einen weißen Vorhang getrennt, der in weiten Bögen durch den Raum verläuft. Der Stoff wird von unten angeleuchtet: „Das macht dann so ein geheimnisvolles Licht, das lockt an“, sagt Goy.
Und weil die Leute dann tagsüber wiederkommen und ihre Sachen anprobieren, braucht sie jetzt halt das Lesegerät. Antonia Goy verkauft gut – auch wenn sie keine Jungdesigner-Schnäppchenpreise hat. Ihre Mäntel, Jacketts und Jerseyoberteile werden in einer Fabrik in Stettin gefertigt. Alles andere macht die Designerin selbst.
Was Antonia Goy seit Dezember 2006 macht, könnte man auch niedrigschwellige Selbstausbeutung nennen. Sie hat fünf Jobs zur gleichen Zeit: Finanzen, Design, Promotion, Kollektion und Produktion. Sie studierte erst in Paris am renommierten Studio Berçot, arbeitete in einer großen Pariser Presseagentur, um dann 1996 ein Modedesignstudium an der Kunsthochschule Weißensee aufzunehmen. Immer wieder hat sie an Wettbewerben teilgenommen und erhielt beim Mittelmoda-Award den Preis für die kreativste Kollektion.
Drei Jahre lebte die jetzt 35-Jährige in Paris – sie hat die Regeln des Geschäfts in der Hauptstadt der Mode gelernt und manchmal vermisst sie die Professionalität, die Vernetzung und die Leichtigkeit, mit der man dort an Produkte, an Produktionsmöglichkeiten gelangt: „In Berlin gibt es das alles noch nicht.“ Deshalb tauscht sie Informationen mit ehemaligen Kommilitonen über Produktion, Messen und Wettbewerbe aus.
Antonia Goys Karriere als Modedesignerin hat gerade erst begonnen – ganz genau gibt sie Auskunft über jedes Detail an ihrer Kleidung, warum das Innenfutter kariert, das Schößchen des Jacketts ausgestellt ist. Und ihr klares Design gefällt nicht nur ihren Nachbarn. Das spezielle Berliner Geschäftsmodell scheint Früchte zu tragen: Erste Kunden hat sie bereits in Italien und Japan.
Weitere Infos: Antonia Goy