Konzert in der Waldbühne: Charme mit Schikane
Orchester in Topform, eine gefeierte Solistin: Das Konzert der Berliner Philharmoniker in der Waldbühne war ein Erfolg. Nur die Rahmenbedingungen und unfreundliche Sicherheitsleute stimmten manchen Besucher verdrießlich.
Es hätte eine makellose Nacht der Liebe werden können. Der blaugold verdämmernde Abendhimmel schien am Sonntagabend wie entworfen fürs Waldbühnenkonzert der Philharmoniker. Das Orchester spielte unter der Leitung von Ion Marin in Topform. Das Programm war eingängig und trotzdem intelligent. Dazu kam mit Renée Fleming eine großartige, international gefeierte Solistin. „Glück, das mir verblieb“ lautete der Titel von Mariettas Lied aus Erich Wolfgang Korngolds Oper „Die tote Stadt“. Da verstummten sogar die anwesenden Babys.
Es hätte eine gloriose Ausnahmenacht werden können, wären da nicht die Heerscharen schwarzer Sicherheitsleute gewesen, Figuren wie die Glückskiller aus einem Science-Fiction-Film, die teils schrille Dissonanzen säten und wütende Beschwerden ernteten.
Das fing schon an beim Einlass. Warum es trotz aller Erfahrung immer noch zu halbstündigen Staus kommt, ist nicht nachvollziehbar. Immerhin reichlich Zeit, sich die Leuchtschrift anzuschauen, die da sagt, dass Waffen verboten seien. Damit sollte wohl suggeriert werden, dass die folgenden Schikanen der Sicherheit geschuldet waren und nicht etwa der Profitmaximierung auf Kosten der Zuschauer. Dass bei 25 Grad Wärme in Würden ergraute Klassikfreunde am Eingang ihre Plastikwasserflaschen in große Mülltonnen werfen müssen, nur weil sie 0,75 Liter umfassen statt der erlaubten 0,5 Liter, hat tatsächlich mehr mit Unverschämtheit zu tun als mit Sicherheit. Der schnöselige Hinweis, das habe im Internet gestanden, ist auch nicht aufheiternd. Muss man dort Verbote recherchieren, wenn man sich für 49 Euro eine Konzertkarte gegönnt hat? Okay, man kann innen am Bierstand ein Glas Wasser erstehen, vier Euro für 0,3 Liter, samt Pfand. Kennt man ja von Flughäfen: Erst wegschütten, dann neu kaufen.
Es kann freilich auch kein Spaß sein, hier als schwarzer Sicherheitsmann zu fungieren. Man muss dann nämlich die Leute so eng zusammenschieben, bis sie im Nudelsalat des Nachbarn gelandet sind und sich in ihrer Erinnerung die Raumfreiheit in der Holzklasse eines Billigfliegers zum Loungesesselformat verklärt. Dabei kommt es zu unschönen Wortwechseln: „Hier gibt’s nur einen, der was zu sagen hat, und das bin ich“, hörte man einen der Security-Raben. Bei Widerspruch, drohend: „Kommen Sie mal raus, und vergessen Sie Ihre Karte nicht.“ Oder: „Wenn Ihre Freunde in drei Minuten nicht hier sind, fülle ich die Plätze.“ Dazu die unnötig erschwerte Rückkehr auf den Platz nach Pausenende. Immer wieder mischt sich Zorn in die Klänge der Liebe.
Schon klar, dass es Regeln geben muss. Wir haben auch nichts gegen Profitmaximierung. Aber auch für die gibt es Grenzen. Über viele Jahre war das Konzert bereits im Winter ausverkauft. Diesmal gab es sogar Karten an der Abendkasse – „genügend“, wie dort zu erfahren war.
Soll man künftig lieber die Freunde zum Private Viewing des Konzerts einladen, das ja live im Fernsehen übertragen wird? „Ich zerstöre mich, und ich quäle mich“, sang Renée Fleming vieldeutig anrührend in der Zugabe. Ach, man hätte gern unbeschwert geschwärmt vom „Lied an den Mond“, das ihr Bravo-Rufe einbrachte, von Tschaikowskys furios aufgeführter Fantasie-Ouvertüre „Romeo und Julia“, von der „Berliner Luft“, der ausgelassenen musikalischen Entlassung in den Sommer. Normalerweise setzt am Tag danach die Vorfreude auf nächstes Jahr ein. Dieses Glück wird allzu leichtfertig verspielt. Elisabeth Binder
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