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© www.redbull-photofiles.com

Tanzmusik: Breakdance in der Neuen Nationalgalerie

Bach gibt den Beat vor: Die Flying Steps gehören zu den besten Breakdancern der Welt. Jetzt tanzen sie zu Klassik. Ab Dienstagabend treten die sechs Berliner in der Neuen Nationalgalerie auf.

Als Komponist für Tanzmusik ist Johann Sebastian Bach nicht unbedingt bekannt. Was hätte der Barockkomponist wohl dazu gesagt, einen wichtigen Teil seines Werkes in eine Breakdance-Performance übersetzt zu sehen? Regisseur Christoph Hagel wagt in der Kombination von Bachs minutiös durchgerechnetem „Wohltemperiertem Klavier“ und einer Tanzform, die stark von spontaner Improvisation geprägt ist, einmal mehr eine ungewöhnliche Fusion: Klassik trifft Breakdance. Das Ergebnis seiner Zusammenarbeit mit den vierfachen Breakdance-Weltmeistern Flying Steps ist nun bis zum 1. Mai in der Neuen Nationalgalerie zu sehen. „Flying Bach“ nennt sich das Projekt, am heutigen Dienstagabend ist Premiere.

Wirbelnde Breakdancer, die sich minutenlang auf dem Kopf drehen, spektakuläre Sprünge und präzise Gruppenformationen – direkt unter dem großen Kronleuchter der Neuen Nationalgalerie. Der Glasbau ist ein ungewöhnlicher Ort für die sechs Breakdancer, die normalerweise in Fabrikhallen oder bei großen Musikfestivals auftreten. Die Flying Steps, die sich 1993 in Berlin gründeten und lange in einer WG in der Charlottenburger Kantstraße wohnten, machten sich damit weltweit einen Namen.

Wie aber passt das mit der Musik Johann Sebastian Bachs zusammen? Wunderbar, fand Regisseur Christoph Hagel, der bereits andere ungewöhnliche Crossover-Projekte wie „Don Giovanni“ im E-Werk oder „Die Zauberflöte“ im U-Bahnhof Bundestag umgesetzt hat. Nun lässt er die Flying Steps 70 Minuten über die schwarz-weißen Ornamente des riesigen Teppichs wirbeln, der Teil von „Rudolf Stingel. Live“, der aktuellen Ausstellung der Neuen Nationalgalerie, ist. Begleitet werden sie von Hagel selbst am Flügel und von Sabina Chukurova am Cembalo.

So wie die Tänzer teilweise lässig auf dem Teppich herumlümmeln und auf den nächsten Einsatz warten, können auch die Zuschauer wählen, ob sie auf einem Stuhl oder einem Kissen Platz nehmen möchten, um sich diese Fusion zweier Kunstformen anzuschauen. Doch die Performance ist mehr als nur Breakdance zu Klavier. Die DJs Ketan und Vivan Bhatti steuern elektronische Bach-Elemente bei. Stilvolle Videoinstallationen von Marco Moo unterbrechen die Show ebenso wie Pantomimeeinlagen der Tänzer und Balettstücke der in Berlin lebenden Japanerin Yui Kawaguchi, die die harten Breakdancer wie Marionetten hin und her bewegt.

Die Fugen und Präludien Bachs, durch die sich schon unzählige Klavierschüler dieser Welt quälten, geraten dabei fast ein wenig in den Hintergrund. Schließlich geht es bei diesem Crossover-Projekt vor allem darum, die Tanzform Breakdance in ein neues Licht zu rücken. „Wir möchten den Zuschauern verdeutlichen, dass Breakdance mehr ist als ein Sport oder eine Straßenkultur“, sagt Choreograph Vartan Bassil, der selbst mittanzt.

Bevor es losging, gab Hagel den sechs Jungs der Flying Steps erst einmal theoretischen Unterricht zur Musik von Johann Sebastian Bach, die der Regisseur nicht zufällig ausgewählt hat. Hagel versucht, nicht allein den Puls der Musik tänzerisch umzusetzen, sondern auch die Inhalte: die nebeneinander herlaufenden Stimmen, die so typisch für Bachs Musik sind. Choreograph Bassil erklärt das so: „Einem Tänzer wird etwa die hohe Stimme, einem zweiten die mittlere Lage und einem dritten die Bass-Stimme zugeteilt.“ Ein ambitioniertes Unternehmen. Und ein sehenswertes.

Flying Bach, Neue Nationalgalerie. Premiere heute, 20.30 Uhr. Die Eintrittskarten (www.ticketonline.de) kosten 26 Euro (Kissenplatz) bzw. 36 Euro (Sitzplatz); ermäßigt 16 Euro.

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