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© Kai-Uwe Heinrich

Gastronomie: Berlins Köche bekommen eins auf die Mütze

Heute erscheint der Gourmetführer Gault Millau. Es gibt Kritik – aber auch Gewinner in der Region.

Christian Lohse hat das, was man einen Lauf nennt: Den zweiten Michelin-Stern bestätigt, Berliner Meisterkoch – und nun auch noch der Aufstieg in die 19-Punkte-Spitzengruppe des Gault-Millau. Viel Steigerungsmöglichkeiten bleiben dem Küchenchef des Restaurants Fischers Fritz im Hotel The Regent am Gendarmenmarkt nun nicht mehr. Und er hält damit in Berlin eine Position, die seit Siegfried Rockendorf Mitte der 90er Jahre niemand mehr erreichen konnte, die des klaren Tabellenführers. Denn auch der strenge Guide des Magazins „Der Feinschmecker“ bewertet ihn als einzigen Berliner mit 4 von 5 Punkten.

Ebenso deutlich ist die Position von Tim Raue (Ma im Adlon-Palais) als alleinigem Verfolger. Er stieg im Michelin als Einziger zum Hoffnungsträger für den zweiten Stern auf, und er behielt im Gault-Millau seine Vorjahreswertung von 18 von 20 Punkten – keine ganz leichte Übung angesichts der Tatsache, dass gleich zwei langjährig mit 18 Punkten ausgezeichnete Restaurants – First Floor im Palace, Hugos im Intercontinental – auf 17 abgestiegen sind.

Auch der Gault-Millau hebt die Leistungen von Daniel Achilles hervor, der sich im Reinstoff nur wenige Monate nach der Eröffnung einen Stern erkochen konnte – er errang den Titel „Entdeckung des Jahres“ für ganz Deutschland und auf Anhieb 16 Punkte. Nicht ganz so erfolgreich war der ebenfalls frisch besternte Sauli Kemppainen vom Brandenburger Hof, der mit 15 Punkten neu dabei ist.

So oder so: Dies sind die Restaurants, in denen im letzten Jahr Bewegung war, und die wohl noch für weitere Schritte nach vorn gut sind. In diese Gruppe fallen sicher auch das noch bei 17 Punkten verharrende Facil, das ebenfalls mit 17 bewertete Uma, das vom Michelin bislang ungerecht ignoriert wird, und das neu auf diese Bewertung aufgestiegene Rutz von Marco Müller. Die anderen Konkurrenten - Lorenz Adlon, Vau, Alt Luxemburg, Margaux – scheinen zu stagnieren, und Ana e Bruno fiel sogar auf Platz 16.

Auffällig im neuen Gault-Millau ist ferner, dass eine ganze Reihe von langjährig niedrig bewerteten Restaurants ganz gestrichen wurde, das traf beispielsweise Bacco, Bocca di Bacco, Epoque, Ottenthal und E.T.A.Hoffmann. Wieder dabei ist das von einem neuen Küchenchef in die Höhe gestemmte Paris-Moskau mit 14 Punkten, und auch die bislang als Weinbar ohne Bewertung geführte Enoiteca Il Calice wird dank neuen Küchenehrgeizes erstmalig mit 14 bewertet.

All das zusammen läuft darauf hinaus, dass kulinarischer Stillstand stärker als früher negativ ins Gewicht fällt, das zeigt sich auch in der Linie des Michelin, der es allerdings bedeutend leichter hat, weil er keine seiner Entscheidungen begründen muss. Denn die dort mitgelieferten Kurztexte geben eher Rätsel auf. So ist in der Beschreibung des Restaurants Friedrich Wilhelm im Bayrischen Haus in Potsdam, das seinen Stern in diesem Jahr verloren hat, die Rede von „zeitgemäßer klassischer Küche“ – im Vorjahr hieß es „feine zeitgemäße Küche auf klassischer Basis“. Und die eigentliche Pointe: Der neue Gault-Millau befördert das Restaurant um einen Punkt auf 17 hinauf, weil es noch nie so gut gewesen sei wie gerade in diesem Jahr. Ein Detail, das deutlich macht, wie wichtig der subjektive Faktor bei diesem Bewertungsspiel bleibt.

In Brandenburg bleibt es ansonsten bei den üblichen Verdächtigen. Spitzenreiter Oliver Heilmeyer von der Bleiche in Burg im Spreewald konnte sich sogar um einen Punkt auf formidable 18 verbessern, Torsten Voigt von Schloss Hubertushöhe hat sich mit einem Stern und 16 Punkten erfolgreich an die Verfolgung gemacht. Diese Dreiergruppe ist ganz und gar unumstritten, ihr folgen der Goldene Hahn in Finsterwalde und Carmens in Eichwalde (16/20), Speckers Landhaus und Juliette in Potsdam (15/20) sowie der auf 15 verbesserte Vierseithof in Luckenwalde. Der Michelin lobt außerdem die Alte Schule in Reichenwalde, der Gault-Millau hat zudem Gut Klostermühle in Madlitz mit 14 Punkten bewertet. Bernd Matthies

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