Philharmonie: Benefizkonzert brachte 34.000 Euro für Haiti
Tagesspiegel-Leser hatten eine Idee: Wir veranstalten ein Benefizkonzert für Haiti Künstler, Sponsoren, Publikum – alle waren dabei. Die Philharmonie: ausverkauft. Der Erlös: 34.000 Euro.
Es war nicht mehr lange hin bis Mitternacht, die Philharmonie war noch immer proppevoll, da begann das Duell auf der Bühne. Iskandar Widjaja, 23, schleuderte schwarze Haare und Violinenbogen wie ein Teufelsgeiger – und Wieland Bachmann, 20, bearbeitete seinen Kontrabass wie ein Sportgerät und gab wahrhaft Kontra. Das augenzwinkernde musikalische Muskelspiel zur „Passacaglia“ von Händel/Halvorsen mit den zwölf Cellisten des Julius-Stern-Instituts für hochbegabte Musiker war das furiose Finale nach fast vier Stunden Programm. Es gab stehenden Applaus. „Berlin hilft Haiti“ war der Titel des vom Tagesspiegel mitorganisierten Benefizkonzertes am Montagabend in der Philharmonie. Es kamen sage und schreibe 34 000 Euro zusammen.
Schon zwei Stunden vor dem Klassikbenefiz zugunsten des „Bündnisses Entwicklung Hilft“ standen die ersten Leute bei gefühlten Minus 20 Grad vorm Kammermusiksaal an, um eine letzte Karte zu ergattern. Die Philharmonie musste die Musikerlogen öffnen, Zusatzstühle stellen, war mehr als ausverkauft. Mit Intendantin Pamela Rosenberg raunte das Stammpublikum, dass man den Saal „noch nie so voll“ gesehen habe. „Und ich habe noch nie so ein abwechslungsreiches Programm erlebt“, sagte Gisela Asbrand, Klassikkennerin und Tagesspiegel-Leserin, wie so viele im Publikum.
Vielleicht kam der Zauber daher, dass alle ehrenamtlichen Organisatoren, Sponsoren und Musiker, angetrieben vom inneren Bedürfnis, den Menschen in Haiti helfen zu wollen, innerhalb einer knappen Woche das auf die Beine stellten, wozu Veranstaltungsagenturen sonst Wochen und Monate brauchen. Unsere Leser Kaspar Wollheim, RBB-Toningenieur, und die Geigerin Maria Reich aus Gatow komponierten mit Nadin Schmolke von der Veranstaltungsagentur „berlin music & art“ mit dem Tagesspiegel den Event. Und Klaus Wowereit gab den Schirmherren.
Jeder wirbelte, wo er konnte. Und das ging dann ungefähr so: Du hast doch den Draht zu Christine Schäfer? Ja, ich frage die Klassik-Echo-Gewinnerin mal, aber sie singt gerade an der Metropolitan Opera in New York … Schließlich zog der Weltstar beim Benefiz backstage zwischen Brötchen und Einsingtreff in der Philharmonie die Blicke auf sich. Und Moderator Wilhelm Matejka, Programmchef des RBB-Kulturradios und Moderator des Abends, sagte die Sopranistin in charmantem Österreichisch an: „Und nun: Die Unvergleichliche!“ Jazzmusiker David Friedman am Vibrafon und Saxophonist Peter Weniger entschwebten bei ihrer Jazz-Improvisation gefühlsmäßig, und sie nahmen das Publikum gleich mit. Doch auch die Nachwuchskünstler bekamen tosenden Beifall. Wie der 14-jährige Solist des Staats- und Domchors, Dennis Chmelinski, der schon eine eigene CD herausgegeben hat.
Als die Philharmonie längst dunkel war, zählte das Team die Einnahmen. Tickets: 29 764 Euro. Programmhefte à zwei Euro: 966 Euro. Dann die Scheine und Münzen aus den in der Pause aufgestellten Geigenkästen: 3413,31 Euro. Sogar ein 500-Euro-Schein war da hereingeflattert. Dann endlich war Zeit für ein geschmiertes Brötchen. Und Sekt.
Annette Kögel