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Tatort U-Bahnhof. Warum der ruhige Torben P., der gerne angelt und Kanu fährt, plötzlich so brutal losprügelte, kann bisher keiner erklären.
© dapd

Nach Attacke auf dem U-Bahnhof: Staatsanwalt will schnelle Anklage

Der mutmaßliche U-Bahn-Schläger muss mit mehrjähriger Jugendstrafe rechnen. Schule und Eltern wollen über die Tat diskutieren.

Falls der mutmaßliche U-Bahn-Schläger Torben P. ab Montag wieder zur Schule geht, wird dies allenfalls eine kurze Rückkehr in die Normalität sein. Denn die Staatsanwaltschaft ist schnell. „Es ist damit zu rechnen, dass innerhalb von zwei Wochen die Anklage gegen ihn erhoben wird“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Holger Freund. „Er hat mit einer mehrjährigen Jugendstrafe zu rechnen.“ Das hohe Tempo sei dem Umstand zuzuschreiben, dass die Beweislage klar sei und ein Geständnis vorliege.

Wenn nicht P.s Anwalt das Verfahren durch Anträge in die Länge zieht, ist mit einem kurzen Prozess zu rechnen. Verhandelt wird die Sache des 18-Jährigen dann vor der Jugendkammer des Landgerichts. Diese ist immer zuständig, wenn die Sache eigentlich vor eine Schwurgerichtskammer gehört, der Angeklagte aber das 21. Lebensjahr nicht vollendet hat. Schwurgerichtskammern sind für besonders schwere Verbrechen zuständig, darunter Mord, Totschlag und deren Versuche.

Dass bislang nur wegen versuchten Totschlags ermittelt wird, liegt daran, dass die nötigen Merkmale für einen versuchten Mord nicht erfüllt sind. Beim Mord muss es über das reine Töten hinaus noch begleitende Tatbestände geben – etwa besonders verwerfliche Motive des Täters oder eine besonders grausame Ausführung der Tat. Keiner dieser Punkte trifft laut Justiz im Fall von Torben P. zu.

Der Täter ist geständig, das könnte den Prozess verkürzen

Warum der sonst als ruhig geltende Mann, der gerne angelt und in seiner Freizeit ein ehrgeiziger Kanusportler ist, so hemmungslos auf sein bewusstloses Opfer eintreten konnte, stellt die Ermittler vor ein Rätsel. Das Haus der Eltern mit eigenem Bootssteg steht im noblen Teil von Heiligensee. Die Gesamtschule, die Torben P. besucht, hat einen guten Ruf. Niemand versteht, was in dem jungen Mann in dieser Nacht vorging.

Wie jetzt bekannt wurde, will der geständige Tatverdächtige sich beim Opfer entschuldigen. Dies bestätigte sein Vater, Axel P., dem Tagesspiegel. Sein Sohn habe dies bei den Behörden bereits angegeben. „Er will sich entschuldigen, weil es ihm leid tut, was er getan hat. In welcher Form das geschieht, dazu möchte ich mich nicht äußern“, sagte der Vater am Telefon. Mehr möchte er zum Geschehen nicht sagen.

Inzwischen ist auch die Rolle der Putzkraft geklärt, die im Überwachungsvideo kurz am Rand des Tatgeschehens zu sehen ist. „Der Kollege ist identifiziert und befragt worden“, sagte BVG-Sprecher Klaus Wazlak. Es handele sich um einen Mitarbeiter einer privaten Reinigungsfirma. Der Mann habe richtig gehandelt, betont der BVG-Sprecher. Er habe während des Angriffs sofort die Notrufsäule betätigt und sei anschließend am Bahnsteig geblieben, bis der Notarzt eintraf.

Die Gewalttat soll zum Schulbeginn offen thematisiert werden

An der Bettina-von-Arnim-Oberschule im Märkischen Viertel, an der der 18-Jährige sein Abitur machen will, wusste die Lehrerschaft am Mittwoch noch nichts von seiner Tatbeteiligung. „Ich bin völlig geschockt, dass es sich um einen unserer Schüler handelt“, sagte Oberstufenkoordinator Henry Mazatis. Noch am Nachmittag führte die Schulleitung Gespräche mit der Außenstelle der Bildungsverwaltung. Ob und wie mit den Mitschülern über die Tat gesprochen wird, soll jetzt mit den Eltern des Täters, dem Kollegium, dem Schulpsychologischen Dienst und Experten der Bildungsverwaltung besprochen werden. Gemeinsam wollen sie ein Konzept erstellen, wie an der Schule mit dem Vorfall umgegangen wird. „Das können wir als Lehrer nicht allein leisten“, sagte Mazatis.

Die für den Bezirk zuständige Bildungsstadträtin, Katrin Schultze-Berndt (CDU), setzt sich dafür ein, dass die Gewalttat zum Schulbeginn am Montag von den Lehrern offen thematisiert wird. „Ich gehe davon aus, dass die Schule im pädagogisch erforderlichen Rahmen über den Vorfall mit den Schülern sprechen wird“, sagte sie am Mittwoch. Eine solche Auseinandersetzung sei hilfreich, da vermutlich jeder Schüler von der Tat des Mitschülers gehört habe. Bereits jetzt gebe es im Bezirk in Zusammenarbeit mit Polizei und Senat mehrere Präventionsprojekte. „An unseren Schulen wird sehr intensiv an dem Thema Gewalt gearbeitet“, betonte Schultze-Berndt. Die Bettina-von-Arnim-Gesamtschule gilt mit ihrer gymnasialen Oberstufe bei den Eltern im Bezirk als sehr beliebt.

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