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Am BER sind Tower, Hangars, Güterbahn, Autobahnzubringer, Frachtzentrum, Landebahn fertig … warum landen dann Postmaschinen nachts in Tegel?
© dpa

Frachtverkehr zum BER: SPD und CDU: Postflüge sollen nicht mehr in Tegel landen

Sie rauben Anwohnern in Nordberlin den Schlaf: die nächtlichen Flüge für Briefe und Fracht. SPD und CDU fordern den Senat auf, den Güterverkehr zum BER zu verlagern.

„Die Leute sind sauer. Richtig sauer!“ Das sagt der Reinickendorfer SPD-Abgeordnete Jörg Stroedter und meint die Anwohner des Flughafens Tegel, die den Fluglärm nicht nur tagsüber, sondern auch zu nachtschlafender Zeit ertragen müssen. Obwohl am Flughafen Tegel eigentlich ein Nachtflugverbot gilt. Ausgenommen sind Notfälle, Regierungs- und Postflüge. Und da steckt das Problem, das die Regierungsfraktionen SPD und CDU jetzt endlich gelöst haben wollen.

In einem gemeinsamen Antrag fordert die rot-schwarze Koalition den Senat auf, sich für eine „vollständige Verlagerung der am Flughafen Tegel in den Nachtstunden abgewickelten Fracht- und Postflüge zum Flughafen Schönefeld einzusetzen“. Der Antrag wird am Donnerstag im Abgeordnetenhaus eingebracht. Mit Brandenburg und dem Bund soll eine gemeinsame Verhandlungsposition entwickelt werden, um die „zuständigen Flugverkehrsunternehmen“ zu einer Verlagerung des Post- und Frachtverkehrs nach Schönefeld zu bewegen.

Schließlich gibt es am Flughafen BER, obwohl er noch nicht eröffnet ist, seit Juli 2013 ein voll funktionsfähiges Frachtzentrum. Ausgelegt für eine Kapazität von 100 000 Tonnen Luftfracht jährlich. „Nur ein Viertel der Kapazität wird derzeit ausgenutzt“, beklagt der CDU-Verkehrsexperte Oliver Friederici. Ein wichtiges Ziel des neuen Cargo Centers, nämlich Tegel zu entlasten, werde bisher nicht erfüllt. „Wir reden und reden seit Jahren darüber“, sagt Friederici. „Aber nichts passiert.“ Deshalb wollten die Fraktionen von SPD und CDU jetzt politisch Druck machen. Wenigstens der Postverkehr mit großen, lauten Maschinen soll schon mal aus Tegel verschwinden.

Es gibt keine rechtlichen Möglichkeiten, den Umzug zwangsweise anzuordnen

Von Montag bis Freitag starten und landen dort Flugzeuge, vollgepackt mit Briefen, Päckchen und Paketen. „Um 2 und 4 Uhr, wenn alle schlafen wollen, müssen die Anrainer den Lärm verkraften“, kritisiert der Reinickendorfer SPD-Mann Strödter. Er geht davon aus, dass Brandenburg und die Bundesregierung gegen die Verlagerung des Postverkehrs nichts einzuwenden haben. Auch der Flughafenchef Hartmut Mehdorn hat vor ein paar Tagen im vertraulich tagenden Beteiligungsausschuss des Parlaments versichert, dass die Postflüge auch aus seiner Sicht in Schönefeld gut aufgehoben wären. Berlins Verkehrssenator Michael Müller (SPD) vertritt dieselbe Meinung.

Allerdings gibt es keine rechtlichen Möglichkeiten, den Umzug von Tegel ins Frachtzentrum Schönefeld zwangsweise anzuordnen. Innerhalb der geltenden Betriebszeiten und Kapazitätsgrenzen haben die Fluggesellschaften das Recht, Flüge an dem von ihnen gewählten Standort durchzuführen. Das ist in diesem Fall Air Berlin. Im März 2008 stieg das Unternehmen in das Geschäft mit Brieftransporten ein. Und zwar von seinem Heimatflughafen Tegel aus.

Vorher war die Lufthansa-Tochter Germanwings für die Postfracht zuständig – damals noch in Schönefeld. Als Air Berlin 2008 den Zuschlag von der Post AG erhielt, ging man davon aus, dass die Postflüge ab Tegel für die vom nächtlichen Fluglärm betroffenen Berliner nur ein Übergangsproblem seien. Denn im Herbst 2011 sollte ja der neue Airport in Schönefeld eröffnet – und Tegel geschlossen werden. Die Übergangsfrist hat sich bekanntlich auf unbestimmte Zeit verlängert. Und damit auch das Problem mit der Brieffracht über den Wolken.

Es gab die Idee, Airlines mit niedrigeren Gebühren nach Schönefeld zu locken

Im laufenden Jahr wurden, von Januar bis August, in Tegel über 3500 Tonnen Luftpost befördert. Mit 271 Flügen. Diese Nachtflüge sind juristisch nicht anfechtbar. Nach Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts sind Postflüge „auf den Nachtsprung angewiesen“ und seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil des Luftverkehrsgeschehens. Zeitweise sah es so aus, als wenn die Deutsche Post aus Gründen des Umweltschutzes auf die Luftpost ganz verzichten und die Brieffracht auf Straße und Schiene verlagern wollte.

Im Juli 2009 wurden deshalb auch die Flüge zwischen Berlin und Frankfurt/Main sowie Berlin und Stuttgart eingestellt. Aber nach fünfmonatiger Pause bundesweit wieder aufgenommen, weil die Zustellung am Boden langsamer und unzuverlässiger war.

Bisherige Gespräche der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg mit den wirtschaftlich angeschlagenen Postkutschern von Air Berlin führten zu keinem greifbaren Ergebnis. Es gab sogar die Idee, die Airline mit niedrigeren Start- und Landegebühren nach Schönefeld zu locken. Aber das ist, sagen Experten, bei Frachtgut kompliziert und bürokratisch. Jetzt erwarten die Koalitionsfraktionen SPD und CDU zügige und erfolgversprechende Verhandlungen.

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