Berliner Senat geht in Klausur: SPD und CDU müssen beweisen, dass noch was geht
Für die letzten gemeinsamen Monate trifft sich der Berliner Senat heute zur Klausurtagung. Zu besprechen gibt es viel: das Wachstum der Stadt, der Zuzug von Flüchtlingen – und dann ist da die Sache mit den Bürgerämtern.
Mit einer ganztägigen Klausurtagung des Berliner Senats wollen SPD und CDU beweisen, dass sie noch für ein paar Monate regierungsfähig sind. Aber natürlich dient die Kabinettssitzung am Mittwoch auch dem Zweck, wahlkämpferisches Profil zu gewinnen. Beide Koalitionspartner werden sich darum bemühen, mit eigenen Themen zu punkten. Es wird „open end“ getagt, um 20 Uhr unterbrochen durch ein zwangloses Abendbrot.
Zentrales Bürgeramt
Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte schon am Wochenende mit seiner Idee eines zentralen Muster-Bürgeramts öffentlich auf sich aufmerksam gemacht. Sein Problem ist allerdings, dass er ohne ein Konzept für den Aufbau der Behörde in die Senatsklausur geht. Henkel wird seine Vorstellungen nur mündlich vortragen. Für ein neues Bürgeramt braucht man aber eine passende Immobilie, Büro- und IT-Ausstattung, Personal und Finanzmittel für den laufenden Betrieb. Die Senatsmitglieder der Union stehen trotzdem hinter dem Vorschlag ihres Landeschefs. „Alles, was die Situation schnell verbessert, ist unterstützungswürdig“, sagte auch CDU-Fraktionschef Florian Graf dem Tagesspiegel.
Bevölkerungsprognose
Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) wird auf der Klausur eine neue Bevölkerungsprognose vorstellen, die von vier Millionen Berlinern im Jahr 2030 ausgeht. Bisher rechnete der Senat dann mit einer Einwohnerzahl von 3,75 Millionen. Die Bevölkerung der Hauptstadt wird laut Statistik in den nächsten Jahren um bis zu 80 000 Menschen jährlich wachsen, ein großer Teil der Neu-Berliner kommt aus dem Ausland. Senator Geisel hatte diese Entwicklung schon Ende September angedeutet, jetzt ist die Prognose amtlich.
Flüchtlingspolitik
Um deutlich zu machen, dass es nicht nur um die Unterbringung der Flüchtlinge geht, will Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) bis März einen Masterplan für die Integration der Hilfe suchenden Menschen erarbeiten, die auf absehbare Zeit in Berlin bleiben werden. Das Konzept liegt am Mittwoch allerdings noch nicht vor. Diskutiert werden soll auch über eine verschärfte Residenzpflicht für anerkannte Flüchtlinge, die Beschleunigung der modularen Bauvorhaben und die Beschlagnahmung leer stehender Gewerbeimmobilien und Hotels. Vor allem die CDU drängt darauf, dass die mit Flüchtlingen belegten Sporthallen möglichst schnell freigeräumt werden.
Digitalisierung
Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) wird ein Papier über den „Innovations- und Hightech-Standort Berlin“ vorlegen. Sie beklagt, dass die Digitalisierung der hauptstädtischen Infrastruktur hauptsächlich von der privaten Wirtschaft vorangetrieben wird. Der Senat sei „bei der Realisierung geplanter Projekte noch nicht konsequent genug“, sagte Yzer dem Tagesspiegel.
Noch immer gebe es kein flächendeckendes, freies W-Lan für die Innenstadt und auch die Breitbandverkabelung sei in einigen Bezirken noch deutlich verbesserungswürdig. Auch die elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge, mit der die Unternehmen spürbar entlastet werden könnten, müsse vorankommen. Insgesamt fehle es in der Landesverwaltung, im öffentlich geförderten Wohnungsbau oder bei der Verkehrslenkung an „smarten“ Lösungen. „Wir brauchen wahrnehmbare Umsetzungsschritte“, forderte die Senatorin.
Öffentlicher Dienst
Ein weiteres Thema der Senatsklausur wird die Personalentwicklung in der Haupt- und Bezirksverwaltung sein. Dazu gehört auch eine attraktivere Besoldung der Mitarbeiter. Von zentraler Bedeutung ist aber die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Verwaltung in einer dramatisch wachsenden Stadt. Bis 2018 wird der Personalbestand wohl auf mehr als 110 000 Vollzeitstellen angehoben. Zurzeit sind es 106 000 Stellen. Erschwerend kommt hinzu, dass bis 2022 rund 27 500 Mitarbeiter in den Ruhestand gehen und es jetzt schon schwierig ist, qualifizierten Nachwuchs zu finden.
Sonstiges
Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) wird eine schon veröffentlichte Studie zur „Paralleljustiz“ in kriminellen Groß-Clans diskutieren lassen. Gesprochen wird auf der Senatsklausur auch über die schleppende Realisierung des SIWA-Programms. Denn im „Sondervermögen Infrastruktur der wachsenden Stadt“ sind 689 Millionen Euro gebunkert, von denen erst 40 Millionen Euro ausgegeben wurden. Es fehlen vor allem in den Bezirken Bebauungspläne und somit auch verbindliche Kostenschätzungen. Ein politischer Grundsatzstreit zwischen SPD und CDU könnte bei der Beratung über die geplante Infrastrukturgesellschaft entflammen, eine Bund-Länder-Institution, die in öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP) künftig die Bundesfernstraßen bauen, instandhalten und betreiben soll. Länder, die dabei mitmachen, können offenbar mit einer verstärkten finanziellen Förderung von Verkehrsprojekten rechnen. Die Berliner SPD lehnt ÖPP-Vorhaben aber prinzipiell ab.